Das sozialpädagogische Fanprojekt Leverkusen hat ein intensives Jahr 2022 hinter sich und in 2023 wichtige Projekte vor Augen. Für Leiterin Daniela Frühling und ihr Team geht es dabei nicht nur um den Fußball an sich.
Viel Jugendarbeit und ein UmzugDiese Aktionen nimmt sich das Fanprojekt Leverkusen für 2023 vor

Sie und ihr Team haben mehr im Blick als nur Fußball in der BayArena: Daniela Frühling, Leiterin des sozialpädagogischen Fanprojekts Leverkusen.
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Wenn Daniela Frühling zurückblickt, dann sieht sie ein seltsames Fußball- und Arbeitsjahr 2022 – bei ihr trifft ja beides zu, schließlich ist sie die Leiterin des sozialpädagogischen Fanprojektes Leverkusen. Fußballfan und Sozialarbeiterin in einem. „Wir haben angefangen in einer Zeit, in der aufgrund der Pandemie noch keine Fans ins Stadion durften“, sagt sie. „Und am Ende waren die Fans wieder da und es stand gleich gefühlt alle zwei Tage ein Spiel an.“ Die höchst umstrittene Fußballweltmeisterschaft in Katar im Winter – sie quetschte den Spielplan von Bundesliga und Europapokal ganz gehörig zusammen.
Ein Trio für die Bayer-Fans
Der Arbeitsplan des Fanprojekt-Teams – nach dem Abgang des langjährigen Mitgliedes Stefan Thomé im vergangenen Jahr nun mit dem Trio Frühling, Riccardo Bitonti (seit 2018) und dem jüngst hinzugekommenen Michael Trojahn am Start – war indes auch ohne die Auftritte der Werkself vollgepfropft: Die Aufgaben in Netzwerken, Gremien und Arbeitskreisen nahmen weiter zu, denn das Fanprojekt Leverkusen ist nach Aussage seiner Chefin oftmals in erster Reihe dabei, wenn es um Fanarbeit geht. So gibt es Kooperationen mit anderen Fanprojekten bei der Betreuung von Jugendlichen „U 18“.
Und auch auf Daniela Frühlings Initiative hin wird derzeit am Konzept für einen so genannten Leitungsarbeitskreis gefeilt, der sich über alle großen Clubs in NRW erstrecken soll. „Das gab es bisher noch nicht“, sagt sie. Sprich: Das war überfällig.
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Jugendliche haben Nachholbedarf
Zumal in einer Zeit nach vielen Lockdowns und wegfallenden sozialen Beziehungen ob der Pandemie, „durch die wir auch viele Jugendliche verloren haben. Wir mussten sie wieder mehr mitnehmen und präsenter sein. Viele hatten Nachholbedarf.“ Was nicht zu unterschätzen sein, denn: „Zu uns kommen die Fans ja nicht nur, um über Fußball zu sprechen. Zu uns kommen sie auch mit privaten Fragen, Sorgen und Nöten.“ Wenn die Eltern uninteressant werden, hören Daniela Frühling und ihre Kollegen umso genauer zu. Erst recht nach der Pandemie.
Weitere Projekte, die in 2022 vorangebracht wurden und sich über die bekannten wie beliebten Feriencamps hinaus als erfolgreich erwiesen, waren beispielsweise die Aktion „Luisa“ gegen sexualisierte Gewalt an Frauen im Stadion und außerhalb davon – hier arbeitet das Team des Fanprojektes mit der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt sowie dem Frauennotruf zusammen und organisierte unter anderem eine Ausstellung zum Thema. „Wir haben nicht umsonst seit Jahren eine konstante Mädchenarbeit in Leverkusen.“ Ferner die Arbeit in der Stadionverbotskommission, in deren Rahmen Daniela Frühling und Kollegen entsprechend bestraften oder straffällig gewordenen Fans beratend zur Seite stehen.
Ein guter Draht zu den Ultras
Oder die Zusammenarbeit mit den – zwar ab und an umstrittenen, aber sozial stark engagierten – Ultras in Sachen Ukraine: „Da haben wir ihnen unsere Räume für eine Spenden- und Hilfsaktion zur Verfügung gestellt.“ Überhaupt: „Da pflegen wir ein gutes Verhältnis.“
Sie müsse zwar nicht alles toll finden, was die aktive Fanszene, und allen voran eben die Ultras, machten, sagt Daniela Frühling. „Aber es ist wichtig, miteinander zu sprechen – auch wenn man mal geteilter Meinung ist und so auseinandergeht.“ Ultra sei nun einmal eine Jugend- und Subkultur. Und Jugend- wie Subkulturen testeten seit jeher Grenzen aus.
Mehr Erinnerungsarbeit in 2023
Im neuen Jahr nun soll es mit den erwähnten Dingen weitergehen. Und es soll noch mehr geschehen. Etwa bezüglich der Erinnerungsarbeit mit dem Besuch von Gedenkstätten, an denen Gräueltaten der Nazis dokumeniert oder thematisiert werden. „Das ist zuletzt aufgrund der Pandemie zu kurz gekommen und mir ein sehr wichtiges Anliegen.“
Die bereits bestehende Zusammenarbeit mit der Justizvollzugsanstalt in Wuppertal-Ronsdorf soll stärker vorangebracht werden: Bayer-04-Fans besuchten die Institution zuletzt, spielten gegen Insassen Fußall „und waren hinterher schwer beeindruckt“. Es hätten sich sehr, sehr gute Gespräche zwischen beiden Seiten und auch innerhalb der mit dem Fanprojekt verbandelten Jugendlichen ergeben. „Das ist ja auch Präventionsarbeit für und mit unseren Leuten.“
Umzug nach Manfort
Und nicht zuletzt steht 2023 der Umzug des Fanprojektes in die neuen Räumlichkeiten an. Weg von der Lichstraße in Wiesdorf. Ab nach Manfort an die Weiherstraße. In ein größeres Gebäude. Und näher ans Stadion. „Das wird spannend“, sagt Daniela Frühling. Und hat da noch nichtmal über die noch ausstehenden Spiele der Werkself gesprochen. Seit 2011 ist sie dabei. Länger als alle anderen. Und sie weiß: Ihre Arbeit ist so viel mehr als nur Fußball.