Instagram-StarDiese Leverkusenerin ist Motorrad-Influencerin mit 100.000 Followern

Lesezeit 5 Minuten
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Nina Londschien hat sich ihre Traummaschine, eine Honda CBR650R, gekauft.

Leverkusen – Eigentlich wollte sie gar keinen Motorrad-Führerschein machen. Ihre Eltern mussten sie erst „belabern“, sagt Nina Londschien. Jetzt sei das Motorradfahren ihre Freiheit. Ihr Weg, sich mit ihren toten Eltern, die das Motorrad-Fahren liebten, verbunden zu fühlen. Und das teilt sie mit über 100.000 Menschen auf Instagram. Die 20-jährige Leverkusenerin ist Influencerin und lädt regelmäßig Bilder von sich und ihrer Maschine auf der Plattform hoch.

Vor einem Jahr postete Nina Londschien das erste Foto auf ihrem Instagram-Account @nanaxyda. Mit aufgesetztem Helm steht die Leverkusenerin an ihrem Motorrad, einer Honda CBR650R. Nachdem sie Accounts gesehen hatte, die sich komplett dem Motorrad-Fahren widmeten, wollte die damals 19-Jährige das auch ausprobieren. Ihr Bild kam gut an. Likes und Follower sammelten sich. 

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Die Leverkusenerin Nina Londschien ist Motorrad-Influencerin

Motorrad-Fahren bringt viele Risiken mit sich

Unterstützung bekam sie von einem Fotografen, der auf sie aufmerksam geworden war. Meistens mit Maschine als Statist. Immer mit aufgesetztem Helm als Nebenfigur. So könne sie ihre Identität bewahren und müsse nicht auf den perfekten Gesichtsausdruck achten. Jetzt lüftet sie zum ersten Mal „den Schleier“. Nina Londschien wolle sich aber nicht in erster Linie selbst vermarkten, sondern das Motorradfahren, betont sie im Gespräch in der Redaktion des „Leverkusener Anzeiger“. Dass das mitunter lebensgefährlich ist, hat sich auch in den letzten Wochen gezeigt: Der tödliche Unfall eines 16-jährigen Leichlingers in Leverkusen habe sie sehr mitgenommen. Motorradfahrer seien dank der geteilten Leidenschaft eine Familie, meint sie. Wenn in dieser Nähe jemand beim Fahren stirbt, belaste das sehr.

Zusätzlich rücke solch eine Nachricht Faktoren in den Vordergrund, die Londschien zwar immer beim Fahren begleiten, aber häufig aus dem Fokus rücken. Laut ADAC haben Motorradfahrer ein 16-fach höheres Risiko bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen als Autofahrer. Das liege, so Londschien, einerseits daran, dass Motorräder keine Knautschzone haben und schnell übersehen werden. Andererseits passiere es schneller, dass man mit der kleinen Maschine denkt: „schnell noch überholen“ oder „die Ampel bekomme ich noch.“ Londschien ist sich sicher, dass durch kostenlose oder günstigere Fahrsicherheitstrainings einige Unfälle vermieden werden könnten. Auch für einen Unterfahrschutz an Leitplanken plädiert sie.

Als Frau Motorrad zu fahren sei nicht immer selbstverständlich

Allgemein versuche sie aber, „niemals schneller zu fahren als ihr Schutzengel fliegen kann“ und mache lieber einen Schulterblick mehr als einen zu wenig. Auch so bekomme sie das Gefühl von Freiheit, das sie so liebt und auf Instagram teilt und vermarktet. Besonders das Motorradfahren von Frauen.

Bevor sie selbst anfing damit, habe sie es für ein Männer-Hobby gehalten, sagt die ehemalige Lise-Meitner-Schülerin. Ihren Followern wolle sie zeigen, dass das nicht stimmt. Ihnen zeigen, dass das Freiheitsgefühl, das sie selbst spürt, jede haben kann, nicht nur jeder. Der Sexualisierung von Frauen in Verbindung mit Motorrädern wolle sie deshalb entgegenwirken, betont die Influencerin.

So poste sie keine Bilder in freizügiger Kleidung. Dass manche Bilder trotzdem sexy sind, sei für sie kein Widerspruch. „Ich will ja trotzdem, dass die Bilder cool sind. Aber es steht etwas anderes im Vordergrund“, erklärt sie. Das kommt laut der 20-Jährigen auch bei den Followern an. Oft würden ihr Frauen schreiben, die in ihrem Land keinen Führerschein machen können. Londschien gebe ihnen einen Einblick in die Freiheit, die das Motorradfahren mit sich bringen kann.

Für den Instagram-Erfolg muss der Algorithmus bespielt werden

Mittlerweile hat die Leverkusenerin mehr als 300 Bilder gepostet und 100.000 Follower gesammelt. Sie ist Influencerin geworden. Londschien weiß genau, wer ihre Zielgruppe ist: überwiegend Männer aus Deutschland, USA und Indien. Sie weiß, welche Bilder am besten ankommen, wie sie dafür posieren muss: Vor klarem Hintergrund, mit der Maschine von der Seite fotografiert. Diese Fakten im Hinterkopf zu behalten, sei wichtig, um passende Bilder für die Follower zu posten. Und um vom Instagram-Algorithmus wahrgenommen zu werden.

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Mit dem Foto fing Nina Londschiens Followerzahl an, ordentlich zu steigen.

Das bringt auch Stress mit sich. Das Gefühl, allen Followern gerecht werden zu wollen, begleite Londschien ständig, gibt sie preis. Tägliches Posten sorgt für mehr Sichtbarkeit. Ein nächstes Foto muss also immer schon bereit sein. Und dann muss Londschien beachten, wann sie es postet. Zwischen sechs und sieben Uhr seien die meisten Menschen online, dann können auch viele erreicht werden. „Eigentlich müsste ich jetzt in den nächsten 30 Minuten noch was posten“, sagt sie mit verstohlenem Blick zur Wanduhr.

Sie will kein Geld als Influencerin verdienen, sagt sie

Außerdem spüre die 20-Jährige auch eine gewisse Verantwortung für die Follower. Dass sie als Influencerin, wie der Name sagt, Menschen beeinflusst, ist ihr bewusst. Welchen Produkten sie eine Plattform bietet, entscheide sie deshalb bewusst. Sie sollen zum Thema ihres Kanals passen und keinen schlechten Einfluss haben: „Zigaretten mit Nikotin würde ich zum Beispiel nie bewerben“, sagt sie entschlossen.

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Auf ihrem Instagram-Account ist Ninas Helm immer auf.

Zudem wolle sie kein Geld mit der Werbung verdienen, sagt sie. Mittlerweile können laut einer Statista-Studie Influencer mit Londschiens Reichweite bis zu 2.500 Euro pro Werbebeitrag verdienen. Die Leverkusenerin will allerdings ihr Hobby als Hobby behalten. Sie habe Angst, dass sie die Freude daran verlieren könnte, wenn sie es zu ihrem Beruf machen würde. Um Geld zu verdienen, bleibt sie also erstmal im Öffentlichen Dienst. Und ihr Hobby bleibt Hobby.

Dem Umweltschutz zum Trotz

Am liebsten fährt Londschien dann nachts alleine durch die Stadt ohne Ziel. Dann kann sie sich ganz auf das Fahren konzentrieren. Was solche Fahrten für die Umwelt bedeuten, weiß sie auch. Zwar stoßen Motorräder laut einer Studie von Oxford Economics generell weniger CO₂ aus als Autos, dafür aber mehr Kohlenwasserstoffe und Stickoxide.

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Diese Umweltverschmutzung rein aus Spaß kann Londschien nicht rechtfertigen. Sie achte an anderen Stellen mehr auf ihren ökologischen Fußabdruck, meint sie. Aber das Unterwegssein liebe sie zu sehr, um für die Umwelt darauf zu verzichten. Grund dafür ist auch, dass ihre verstorbenen Eltern das gleiche Hobby hatten. Mit der Maschine auf der Straße fühle sie sich besonders verbunden mit ihnen.

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