Branche in NotWie die Leverkusener Traditionsbäckerei Nöres der Krise trotzt

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Nöres-Verkäuferin Magdalena Pistone ist im Gespräch mit einem Kunden.

Leverkusen-Opladen – Qualität und die Liebe zum Handwerk seien schon immer das gewesen, was die Traditionsbäckerei Nöres aus Opladen ausgemacht habe, sagt Jörg Nöres. Schon 1934 habe sein Opa mit Pferden und Anhängern die Bürgerinnen und Bürger in Solingen-Aufderhöhe beliefert. Dann zog die Familie hinter die Wupperbrücke, Jörg Nöres Vater kaufte die Bäckerei Müller am heutigen Standort an der Düsseldorfer Straße – und da ist sie seit 1954. Doch jetzt stehen schwere Zeiten bevor.

Auch die Bäckerei muss auf die überall steigenden Preise reagieren. „Wir sind im Moment alle in einer Phase des Umbruchs und der Verunsicherung. Ich habe aktuell noch keine Angst um meinen Laden. Für mich ist entscheidend, ob eine Kaufzurückhaltung bei meinen Kunden entsteht und die ist dann entscheidend für unsere Zukunft“, sagt Nöres. Noch könne er aber noch keinen Rückgang seiner Kunden beobachten.

Preise für Weizenmehl haben sich verdoppelt

Die Preise für Weizenmehl haben sich in den letzten anderthalb Jahren verdoppelt, sodass 100 Kilogramm jetzt nicht mehr 34, sondern teilweise schon 70 Euro kosten. Ähnliche Teuerungsraten gibt es bei Butter und Eiern. Nicht zu vergessen sind auch die explodierenden Gaspreise, die das Backgewerbe noch deutlich härter treffen als andere. Bei dieser Entwicklung ist es dann auch kein Wunder, dass die Bäckerei die Preise ihrer Brötchen erhöhen muss. Er versuche, die Teuerung so gering wie möglich zu halten, sagt Nöres. Aktuell kostet ein normales Brötchen 40 Cent, die Preise für die Körnerbrötchen dagegen wurden noch nicht angehoben.

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Bäckereichef Jörg Nöres mit Mitarbeiterin Dorothee Gerhard

Darüber hinaus macht dem Laden auch ein Mangel an Personal zu schaffen. Aus diesem Grund hat die Bäckerei seit einem Jahr sonntags durchgängig geschlossen. „Der Bäckerberuf ist in den Augen der jungen Leute nicht wirklich attraktiv. Wir fangen in der Woche um 2.30 Uhr an, zu backen, und samstags um Mitternacht. Natürlich muss man auch am Wochenende arbeiten, was die meisten direkt abschreckt. Wir backen, während andere feiern“, sagt Nöres.

Bäckerei Nöres Leverkusen-Opladen

Seit 1954 befindet sich die Bäckerei Nöres in der Opladener Innenstadt.

Bald beginne die Weihnachtszeit, die besonders hart sei, denn dann wollen mehr Leute als normalerweise Gebäck, Kuchen und andere Naschereien kaufen. Diese Zeit zieht sich über sechs Monate bis Ostern hin, und dann seien die Arbeitstage wieder etwas entspannter. In solchen Zeiten verbringt der Inhaber manchmal zwölf bis 14 Stunden am Tag mit seinen Kollegen in der Backstube.

Keine Arbeitszeiten für ein entspanntes Familienleben

Offensichtlich ist dabei, dass dies keine Arbeitszeiten für ein entspanntes Familienleben sind. „Ich liebe das, was ich tue. Aber ich kann dieses Opfer auch nur bringen, weil ich so begeistert von meinem Beruf bin. Wir sind ein klasse Team und arbeiten Hand in Hand miteinander“, sagt der 55-Jährige. Aktuell arbeiten in Bäckerei und Café 16 Mitarbeiter, darunter eine Auszubildende und auch Nöres' Zwillingsbruder.

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Mitarbeiterin Nadine Gies in der Backstube

Das, was Nöres am meisten zu schaffen machte, sei, dass sein Handwerk immer mehr verloren geht. Der gelernte Bäcker- und Konditormeister sowie Koch findet, dass dies auch ein Verlust für die Kultur sei. Das Backen in einem Industriebackwerk habe eigentlich nichts mehr mit der eigentlichen Herstellung von Brötchen zu tun und werde dieser auch nicht gerecht. Daher freue er sich immer besonders, wenn Kindergärten oder andere Gruppen aus der Umgebung bei ihm für einen Besuch anfragen. So wisse er, dass sein Beruf nicht ganz in Vergessenheit gerät. Dann habe er die Möglichkeit, junge Leute auf sei Handwerk aufmerksam zu machen und sie dafür zu begeistern.

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Helga Kudlaczyk und Gustav Graumann sind seit vielen Jahren Stammgäste bei Nöres.

In den 1970er Jahren gab es noch um die 23 Bäcker in Opladen, und dem Handwerk sei ein ganz anderer, höherer Wert zugeschrieben, erzählt Nöres. Früher hätte im Grunde jede Straße ihren eigenen Bäcker gehabt. Heute stellten vor allem die Discounter eine große Konkurrenz dar und machten den Bäckereien das Leben nicht leicht.

Nöres: Einrichtung des Cafés stammt von 1954

Seit 2017 ist Jörg Nöres nun Eigentümer des Familienbetriebs und ist darauf mehr als stolz. Die Café-Einrichtung aus dem Jahr 1954 gibt es bis heute. Und auch das Brötchen-Rezept seines Großvaters sei unverändert das Maß der Dinge. „Unsere Brötchen haben einen besonderen Wert. Wir werden nicht beliefert, sondern backen noch hinten in der Backstube selbst und wir kommen auch sehr gut ohne die modernsten Maschinen aus“, erklärt Nöres.

„Bevor ein Brötchen bei uns hinter der Theke landet, geht es durch ungefähr siebe Hände, bis es perfekt ist“, sagt der Bäckermeister. Billiger einkaufen, um Kosten zu sparen, nein, das könne er seinen Kunden nicht bieten.

Jörg Nöres hat zwei Töchter, die bislang nicht den Anschein machen, den Laden irgendwann mal übernehmen zu wollen. Doch bis diese Entscheidung ansteht, bleibt Nöres auch noch Zeit, die er natürlich am liebsten in der Backstube verbringe.

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