Standort zu teuerLanxess will in Leverkusen kein neues Werk mehr bauen

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Blick auf die frühere Zentrale von Lanxess im Chempark Leverkusen an der Kaiser-Wilhelm-Allee. Davor ist ein Durchgang-verboten-Schild zu sehen.

Die frühere Lanxess-Zentrale im Chempark Leverkusen

Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert geht mit den Bedingungen in Deutschland hart ins Gericht. Der Standort sei gegenwärtig „nicht wettbewerbsfähig“. 

Die hohen Energiepreise, aber auch die „überbürokratische Regulierung“ durch die Behörden in Europa und in Deutschland veranlassen den Vorstand von Lanxess zu einer Wende: An den deutschen Standorten werden keine neuen Werke mehr gebaut, solange sich an der unbefriedigenden Situation nichts ändert. Erweiterungsinvestitionen wären „blauäugig“, sagte Matthias Zachert, Vorstandschef des in Köln ansässigen Konzerns, am Mittwoch, als er die Ergebnisse für das dritte Quartal vorstellte.

Wer jetzt in Leverkusen und Uerdingen, den beiden derzeit größten Lanxess-Standorten, in neue Produktionskapazitäten investiere, „vergeht sich am Konzern“. Wenn sich an den Verhältnissen nichts ändere, „versenken wir Geld“, lautet das harte Urteil des Konzernchefs.   

Zachert ließ durchklingen, dass er diese strategische Wende bedauert. Denn „das Herz von Lanxess schlägt in Leverkusen“. Es gehe zwar nicht darum, Produktion abzubauen und stillzulegen. In den Erhalt der bestehenden Werke werde selbstverständlich weiter investiert. „Wir werden unsere Basis hier verteidigen – aber nicht erweitern.“    

Lanxess: Investitionen gehen deutlich zurück

Bisher gibt der Spezialchemie-Konzern im Jahr zwischen 150 und 200 Millionen Euro für die Erweiterung von Kapazitäten aus; ein erklecklicher Teil davon floss bisher regelmäßig in die deutschen Standorte. Weil sie dafür vorerst nicht mehr in Frage kommen, werde Lanxess im kommenden Jahr eher nur 100 Millionen in neue Anlagen stecken, ergänzte der Vorstandschef.  Der Befund des Chemie-Managers mit Blick auf Deutschland: „Viele andere Volkswirtschaften versuchen, die Industrie zu halten – und nicht zu vertreiben.“   

Wir werden unsere Basis hier verteidigen – aber nicht erweitern
Matthias Zachert, Vorstandschef von Lanxess

Aber nicht nur Deutschland schneidet beim Lanxess-Vorstand derzeit schlecht ab. Auch China ist für Zachert keine Adresse mehr für Kapazitätserweiterungen und Investitionen. Der politische Rahmen behagt dem Manager nicht. Weil der Konzern sein Kunststoff-Geschäft, das in China recht bedeutend ist, in ein Joint-Venture mit dem Finanzinvestor Advent International überführt, werde das Segment automatisch kleiner, so der Lanxess-Lenker.   

Auf die schwierige Lage der Weltwirtschaft und eine Rezession sei der Konzern gut vorbereitet. Lanxess habe „ein krisenerfahrenes Team“, etwaige Produktionsrückgänge könne man finanziell auffangen: 1,8 Milliarden Euro Reserve-Liquidität „haben wir als Sicherheit in der Schublade“, sagte Zachert.

Bisher läuft es freilich noch: Im dritten Quartal stieg der Umsatz, verglichen mit 2021, sehr deutlich um 38 Prozent von 1,6 auf fast 2,2 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Sondereinflüssen erreichte 240 Millionen Euro und wuchs damit um knapp fünf Prozent. Allerdings geht der Lanxess-Vorstand von leichten Bremsspuren in der Bilanz aus. Für das gesamte Jahr wird nun ein Ergebnis zwischen 900 und 950 Millionen Euro erwartet. Bisher erschien auch eine Milliarde erreichbar. Dennoch wird der Spezialchemie-Konzern 2022 wesentlich besser abschneiden als 2021, an dessen Ende ein Ergebnis vor Sondereinflüssen von 815 Millionen Euro in den Büchern stand. 


Den Abschied von der Kohle wird Lanxess – wie auch die anderen Unternehmen im Chempark – noch etwas länger hinauszögern. Bisher sollten Energie und Dampf ab Ende 2024 nicht mehr aus Steinkohle erzeugt werden. Wegen der allgemeinen Energiekrise „wird es eher 2026 werden“, sagte Lanxess-Chef Matthias Zachert. Man sei sich mit den anderen Produzenten unter dem Bayer-Kreuz aber einig: „Wir wollen das durchziehen.“  


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