Die Leverkusener Theatergruppe war 1985 aus einem VHS-Kursus entstanden.
Heimat im Opladener KünstlerbunkerStudiobühne Leverkusen feiert 40-jähriges Bestehen

Die Studiobühne Leverkusen um Barbara Heidloff (stellvertretende Vorsitzende, v.l.), Magdalene Gamerschlag (ehemalige Vorsitzende), Simon Kappes (künstlerischer Leiter) und Inga Engels-Kunz (Vereinsvorsitzende und Regisseurin) feiert ihr 40-jähriges Bestehen.
Copyright: Niklas Pinner
Wem der Tisch gehörte oder wo genau er stand, kann Magdalene Gamerschlag nicht mehr komplett rekonstruieren. Fest steht aber wohl, dass es ein großer Esstisch war, an dem im Grunde alles angefangen hat. Gamerschlag gehört zu den Gründungsmitgliedern der Studiobühne Leverkusen. Die Theatergruppe feiert in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen.
Geht man an den Anfang der Studiobühne zurück, fällt unweigerlich der Name von Karin Staffe. Die ausgebildete Schauspielerin hatte eine Theatergruppe bei der Volkshochschule. Zwölf Leuten brachte sie damals die Grundkenntnisse des Schauspielens bei. Aber das reichte ihnen offenbar nicht. „Irgendwann kam die Idee, eine eigene Gruppe zu gründen“, erinnert sich Gamerschlag. Denn dann, so der Gedanke, sei man nicht zwangsläufig an die VHS-Zeiten gebunden. Und man sei auch flexibler, was Produktionen und Aufführungen angehe. Also setzte man sich an besagten Esstisch und die „Studiobühne Leverkusen“ war geboren.
Allerdings hatte es die Gruppe nicht so leicht. Denn eigene Räume oder Ähnliches fehlten. Man habe sich halt da getroffen, wo größere Räume zur Verfügung standen, so Gamerschlag. Im Altenheim, im Kindergarten, in der Schule oder sogar im Opladener Ratssaal. Improvisieren war angesagt. Ende Oktober 1985 gründeten 22 Mitglieder dann den zugehörigen Verein, dem heute 37 Menschen angehören.
Am Anfang hingen hier drei Leuchtstoffröhren.
1988 kam dann der Umzug in den Künstlerbunker in Opladen. Dort in der ersten Etage an der Karlstraße ist die Studiobühne auch heute noch zu Hause. An die Anfänge erinnert sich auf Simon Kappes noch gut. Er hat 2017 nach dem Tod von Karin Staffe im Jahr zuvor die künstlerische Leitung der Gruppe übernommen. Und er war auch schon von Anfang an dabei. Allerdings nicht als Schauspieler oder schon gar nicht als künstlerischer Leiter. Sondern als Kind, das beim Licht helfen durfte. Seine Mutter war Gründungsmitglied der Studiobühne.
„Am Anfang hingen hier drei Leuchtstoffröhren“, sagt er. Jetzt ist von der anfänglichen Baustelle selbstverständlich nicht mehr viel zu sehen. Die Wände sind schwarz gestrichen, es gibt Lichttechnik, die von einem Pult schräg vor der Bühne gesteuert wird, etwas mehr als 40 Stühle stehen im Zuschauerraum. Es gibt ein Zimmer hinter der Bühne und einen Fundus mit Möbeln und unzähligen Requisiten aus vier Jahrzehnten. Und hinten an der Wand des Zuschauerraums hängt ein Porträtfoto von Karin Staffe.
Die allererste Produktion der Studiobühne war „Geschlossene Gesellschaft“ von Jean-Paul Sartre. Und zwar dort, wo heute das Kommunale Kino im Forum seine Heimat hat, erinnert sich Magdalene Gamerschlag. Das erste Stück im neuen Zuhause an der Karlstraße war „Herbst“ von James Saunders.

Anne (gespielt von Martina Dolle) und Georg (gespielt von Stephan Schindler) spielten ein von sich genervtes Ehepaar auf dem „Pärchenabend“.
Copyright: Lena Schmitz
Heute wird eine Produktion gern bis zu 30-mal gespielt. Es gibt zwei Regieteams. Das von Kappes und das von Inga Engels-Kunz, die seit Kurzem auch die neue Vorsitzende des Vereins ist. „Wir stimmen uns da ab“, sagt sie über die Zusammenarbeit. Grundsätzlich, so Kappes, versuche man, ernste und komödiantische Stücke im Wechsel zu haben. Er selbst habe immer mehrere Ideen, was man so spielen könne, müsse dann aber natürlich schauen, was mit der Besetzung machbar ist.
Denn – und das Problem hat die Studiobühne nicht allein – es fehlen vor allem jüngere Menschen. Die hätten anfangs häufig Spaß, würden dann aber abgeschreckt, wenn es darum gehe, dass eine Produktion eben 15- bis 30-mal gespielt werde, sagt Barbara Heidloff, die zweite Vorsitzende. Dabei betont sie, dass man bei der Studiobühne einen ziemlich flexiblen Probenbetrieb habe. Das heißt, es gibt nicht den einen festen Termin in der Woche, sondern passe das an die Produktion an, an der man mitspiele.
Wie lange so eine Probenphase dauert, sei komplett unterschiedlich. Der „Pärchenabend“, den die Truppe im September zum letzten Mal auf die Bühne gebracht hat, sei nach zwei Monaten aufführungsreif gewesen, sagt Simon Kappes. Der Regisseur geht bei seinen Produktionen so vor, dass er den Premierentermin erst etwa nach der Hälfte der Proben festlegt. Dann, wenn er sagen kann, dass es funktioniert. So nehme man etwas Druck raus.
Wir brauchen nicht nur Schauspieler. Jeder kann hier etwas finden, was ihm Freude macht.
Noch immer seien viele mit dabei, die die Studiobühne Leverkusen gegründet hätten, sagt Magdalene Gamerschlag. Über den VHS-Kursus, den Simon Kappes nach ihrem Tod von Karin Staffe ebenfalls übernommen hat, gewinne man immer wieder neue Mitglieder. Die Studiobühne Leverkusen hat durchaus einen Anspruch an eine gewisse Professionalität. Die neue Vorsitzende Engels-Kunz sagt aber auch, dass man nicht nur Schauspieler brauche.
Licht, Ton, Bühne, Kostüme, Maske, Literaturrecherche: „Jeder kann hier etwas finden, was ihm Freude macht.“ Heidloff pflichtet ihr bei: „Es gibt so viel im Hintergrund, was auch passieren muss.“ Bestes Beispiel ist Gründungsmitglied Magdalene Gamerschlag. Die hat nach eigenen Angaben nie auf der Theaterbühne gestanden, sondern sich vor allem um die Lesungen gekümmert, die das Team im Jahresverlauf ebenfalls anbietet.
Demnächst soll es ein offenes Casting geben, um neue Mitglieder zu finden. Was die neben dem Theaterspielen an der Studiobühne Leverkusen finden werden, beschreibt Barbara Heidloff: „Das ist wirklich eine total offene und nette Truppe.“
Ihr 40-jähriges Bestehen feiert die Studiobühne mit geladenen Gästen im eigenen Kreis. Wegen der Feierlichkeiten gibt es in diesem Jahr ausnahmsweise auch keine Weihnachtsvorstellung mit Lesungen, Musik und Szenen. Nächstes Jahr steht das aber wieder auf dem Programm.
Für die erste Jahreshälfte 2026 hat Simon Kappes ein komödiantisches Programm mit Szenen aus „Mr. Pilks Irrenhaus“ und „Matchbox Theatre“ von Michael Frayn zusammengebastelt. In der zweiten Jahreshälfte bringt Inga Engels-Kunz mit „72 Stunden – eine Anklage“ ein Stück über Femizide auf die Studiobühne.

