Maria Hildegard und Klaus-Jürgen Hoffheinz feiern am 28. Mai ihre Gnadenhochzeit.
70 Jahre EheDas bewegte Leben von Hildegard und Klaus-Jürgen Hoffheinz aus Leverkusen

Hildegard und Klaus-Jürgen Hoffheinz aus Schlebusch Süd feiern am 28. Mai 70. Hochzeitsjubiläum.
Copyright: Charlotte Breidohr
Heute, am 28. Mai, feiern Maria Hildegard und Klaus-Jürgen Hoffheinz ein seltenes Jubiläum: 70 Jahre Ehe. Das Ehepaar aus Schlebusch-Süd, sie 91, er 93 Jahre alt, hat gemeinsam nicht nur Jahrzehnte geteilt, sondern auch schwere Zeiten durchgestanden. Ihre Geschichte ist geprägt von Arbeit, Verzicht, aber auch Verlässlichkeit und kulturellen Erlebnissen.
Klaus-Jürgen Hoffheinz wurde 1931 in Königsberg (Hauptstadt der preußischen Provinz Ostpreußen, heute Russland, geboren). Als der Krieg zu Ende ging, war er 13 Jahre alt. Der Vater kommt als Soldat in Kriegsgefangenschaft, die Familie wird dem Roten Kreuz unterstellt. Die Mutter kommt mit dem jüngsten Sohn Uwe (4) bei einer Bauernfamilie in Mecklenburg unter, stirbt kurze Zeit später an den Folgen von Hunger und Typhus. Klaus-Jürgen wird zu einer Familie ins Erzgebirge geschickt, erfährt erst Jahre später, dass sein jüngerer Bruder überlebt hatte, und von der Bauernfamilie in Mecklenburg adoptiert wurde.
„Mein Vater aber, hat sich nie vom Krieg erholt“, so der 93-Jährige. Er ist fortan auf sich allein gestellt, schlägt sich als Knecht und Tagelöhner in Westdeutschland durch. „Ich habe Äpfel gepflückt oder bin hinter dem Ochsenpflug hergegangen. Die Bauern waren selbst arm“, berichtet Hoffheinz ergriffen von seiner Kindheit.
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Dieses Foto entstand 1954, ein Jahr vor der standesamtlichen Hochzeit.
Copyright: Hoffheinz/Repro Breidohr
„Er hat gearbeitet und ist von Ort zu Ort gegangen, bis er in meinem angekommen ist“, erzählt Hildegard Hoffheinz, geborene Damm, damals 16 Jahre jung. Sie ist eins von elf Kindern und lebt mit ihren Eltern in Waltrop im Ruhrgebiet. Bis 14 darf sie die Schule besuchen, dann arbeitet Hildegard für 20 Mark im Monat als Hauswirtschafterin. „Lieber wäre ich Friseuse geworden, aber man hat das gemacht, was einem die Eltern gesagt haben.“
Ihr Vater arbeitet mit zwei ihrer Brüder in der Zeche Waltrop, in der Klaus-Jürgen mit 18 Jahren als ungelernte Kraft als Hauer anheuert. „Ich musste sogar noch ein Jahr zur Schule gehen, weil ich keine Schulzeugnisse nachweisen konnte. Aber auf der Flucht hatte ich andere Probleme als nachweisen zu können, dass ich lesen und schreiben kann“, so Hoffheinz.
Hildegard hat mir gleich gefallen, sie hatte kastanienbraunes Haar und eine Brille.
Kennengelernt haben sich die beiden beim ersten Schützenfest der Stadt nach dem Krieg. „Hildegard hat mir gleich gefallen, sie hatte kastanienbraunes Haar und eine Brille“, so Klaus-Jürgen Hoffheinz über die erste Begegnung mit seiner Frau. „Und er war klein und rotzfrech“, ergänzt Hildegard heute lachend. Beide verabreden sich fürs Kino, „und dann ging es immer weiter“, sagen beide rückblickend. Das Geld war knapp, die Arbeit körperlich anstrengend, aber beide belohnen sich mit Ausflügen ins Kabarett oder die Oper – ihre große Leidenschaft, die sie zeit ihres Lebens verbinden wird.
Vier Jahre später kommt der Antrag. „Wir haben meine Eltern gar nicht gefragt“, erzählt Hildegard. „Es hat nie eine Rolle gespielt, dass ich Flüchtling war, oder dass ich evangelisch war und nicht katholisch, so wie Hildegard“, erinnert sich Klaus-Jürgen Hoffheinz.
Am 28. Mai 1955 heirateten sie standesamtlich. Es gibt kaum Gäste, nur ein Rollbraten mit Erbsen und Möhren, und ein Kuchen. „Unsere Hochzeit war mehr als armselig“, sagt Klaus-Jürgen. Es ist kein Geld da für ein Hochzeitskleid und ein Foto von dem Tag gibt es auch nicht. Beide ziehen zusammen in eine Zechenwohnung. Aber: „Wir wollten heiraten, wir mussten nicht, wie damals 50 Prozent aller Ehen, wenn ein Kind unterwegs war“, so Hildegard.
Ihr Weg nach Leverkusen
Wenige Jahre später ziehen beide nach Leverkusen, damit Klaus-Jürgen bei Bayer als Wechselschicht-Arbeiter anfangen kann. „Bergbau war schon auf dem absteigenden Ast. Bei Bayer hätte man eine Zeche aufmachen können – so viele ehemalige Bergleute waren dort“, sagt er. Er holt seinen Schulabschluss nach, absolviert eine Chemiefacharbeiter- und später Meisterprüfung und arbeitete bis zuletzt als Packmittel-Berater. Seine letzte Visitenkarte trägt der 93-Jährige bis heute stolz im Geldbeutel. Seine Frau Hildegard bleibt nach der Geburt des Sohnes Kai-Uwe im Jahr 1961 zu Hause, weil sie keinen Kindergartenplatz bekommen.
Trotzdem: Sie sind zufrieden. „Alles, was wir uns vorgenommen haben, haben wir geschafft“, sagt Hildegard. Für große Feiern und Reisen wurde immer gespart: Silberhochzeit an der Côte d’Azur, Goldene Hochzeit im Schwarzwald, Diamantene in Wien. Nach dem anstehenden Jubiläum geht es im Juli nach Bad Füssing.
Ihr Rezept für eine lange Ehe? „Wir haben alles gemeinsam entschieden. Es war nie so, dass der eine hierhin, der andere dorthin wollte“, so die 91-Jährige. Auch Streit ums Geld gab es nie, obwohl es knapp war. „Wir haben eine Liste gemacht, ausgerechnet, was übrig bleibt – und das gemeinsam ausgegeben.“ Auch heute noch. Und er ergänzt: „Wir haben uns auseinandergesetzt, wenn es nötig war. Und ich habe nie betrunken im Rasen gelegen, wie manch anderer“, sagt der 93-Jährige und lacht.