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Finanzkrise
Bezirksregierung kippt Leverkusens Haushaltsplanung

4 min
Ratssitzung in Leverkusen am 27. Oktober 2025

In seiner letzten Sitzung verabschiedete der alte Stadtrat mit dem heutigen Oberbürgermeister Stefan Hebbel als Chef der CDU-Faktion am 27. Oktober den Haushaltsplan für das laufende Jahr. Offenbar vergebens.

Die Aufsichtsbehörde vermisst konsequenten Sparwillen. Oberbürgermeister Stefan Hebbel will sich der Aufgabe stellen.

Die Kölner Bezirksregierung hat den Leverkusener Plan, die Stadt bis 2040 finanziell wieder handlungsfähig zu machen, durchkreuzt. Der Ende Oktober für das laufende Jahr vom Stadtrat verabschiedete Haushaltsplan ist damit genauso wenig genehmigt wie das Haushaltssicherungskonzept, das auf 15 Jahre angelegt war.

Nach Angaben der Stadtverwaltung von Mittwoch sieht sich die Bezirksregierung außer Stande, den Haushalt jetzt noch bis Jahresende zu prüfen und möglicherweise eine Genehmigung auszusprechen. Das gelte erst recht für das Haushaltssicherungskonzept: Normalerweise hat eine Kommune maximal zehn Jahre Zeit, Einnahmen und Ausgaben wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die 15 Jahre sind eine Ausnahme – und die Bedingungen, unter denen sie gelten kann, nach Angaben aus dem Rathaus nicht exakt definiert.

15 Jahre Sanierungsfrist sind zu lang

Unter anderem darin scheint das Problem zu liegen. In großer Runde seien die Probleme erörtert worden, hieß es weiter. Auch Regierungspräsident Thomas Wilk und Oberbürgermeister Stephan Hebbel seien an den Gesprächen beteiligt gewesen. Die Bezirksregierung dränge nun darauf, die Etat-Sanierung zu verkürzen. Mehr als ein zehnjähriges Haushaltssicherungskonzept sei derzeit nicht zu genehmigen: Aus Sicht der Aufsichtsbehörde seien „die Umstände für einen verlängerten Konsolidierungszeitraum nicht gegeben“.

Eine grundsätzliche Kritik an der Verlängerung der Sanierungsfrist will Oberbürgermeister Stefan Hebbel allerdings nicht erkennen. Er verteidigte die 15-Jahres-Regel: „Da hat sich der Gesetzgeber schon einmal etwas dabei gedacht.“  

Die Begründung für das Veto aus Köln ist ernüchternd: Die Bezirksregierung sieht keinen ausreichenden Sparwillen bei der Stadt Leverkusen. Die Zügel würden nicht früh und nicht fest genug angezogen. Es seien, so drückte es die Stadtverwaltung am Mittwoch aus, „nicht alle vertretbaren Maßnahmen zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Haushaltssicherungskonzept erkennbar“.

Etat für 2025 ist nur noch Makulatur

Für die Stadt hat diese Einschätzung der Aufsichtsbehörde dramatische Folgen: Der am 27. Oktober unter Schmerzen und mit hauchdünner Mehrheit verabschiedete Haushaltsplan für das laufende Jahr ist nur noch Makulatur. Er wird keine Wirkung mehr entfalten, stattdessen gilt weiterhin die vorläufige Haushaltsführung. Das habe auch intern Folgen, die er nicht schätzt, sagte Stefan Hebbel am Nachmittag dem „Leverkusener Anzeiger“: „Wir können niemanden befördern.“ Was für den normalen Bürger vielleicht unwesentlich ist, stört den neuen OB durchaus: Die Stadtverwaltung sei gerade in dieser schwierigen Situation darauf angewiesen, mit den besten Leuten weiterzukommen.

Und daran werde sich auch bis mindestens Mitte des Jahres nichts ändern, hieß es am Mittwoch aus dem Rathaus. Derzeit erwartet die Kämmerei, dass ein Haushaltsplan für 2026 im nächsten Sommer vom Stadtrat verabschiedet wird. Bis dahin können auch größere Projekte in Leverkusen nicht auf die Schiene gesetzt werden.

Damit verlängert sich die Zeit der finanziellen Lähmung der Stadt auf knapp zwei Jahre: Im August 2024 sahen sich der damalige Kämmerer und der damalige Oberbürgermeister Uwe Richrath gezwungen, eine Haushaltssperre zu erlassen. Hintergrund war, dass noch nicht einmal die Hälfte der kalkulierten Gewerbesteuer eingenommen wurde. Die Wirtschaftskrise und insbesondere die Probleme bei Bayer, Covestro und Lanxess hatten sich fatal in der Stadtkasse bemerkbar gemacht.

Die Kämmerei steht unter Druck

Wegen des gigantischen Defizits wird aber auch ein Etat für 2026 nur in Verbindung mit einem Haushaltssicherungskonzept verabschiedet werden können. Das heißt nichts anderes, als dass Leverkusens nach wie vor führungslose Kämmerei nun einen Plan entwickeln muss, wie binnen zehn Jahren Ein- und Ausgaben wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden können. „Die Aufgabe ist da, wir müssen sie annehmen“, so OB Hebbel. Es gelte nun, „alle großen Kostenblöcke noch einmal zu durchforsten“. 

Beim Personal lässt sich aus Sicht des Oberbürgermeisters allerdings nicht viel mehr machen. 766 Stellen sollen in der Stadtverwaltung abgebaut werden – diese Zahl gilt allerdings bis 2040. Vorziehen könne man da kaum etwas, so Hebbel. 

An der Aufgabe, den Etat binnen eines Jahrzehnts zu sanieren, war die Kämmerei unter Michael Molitor noch gescheitert: Im Sommer hatte sie dem Stadtrat ein Konzept vorgelegt, mit dem das Ziel eines positiven Abschlusses im Jahr 2035 nicht erreicht wurde. Und zwar bei weitem nicht. Was folgte, war eine Ablehnung des Haushaltsplans für das laufende Jahr – und erst recht des Haushaltssicherungskonzepts bis 2035. Nach dem Veto der Bezirksregierung ist die Stadt allerdings auch jetzt keinen Schritt weiter.

Die Kommunalaufsicht kann sich aber aus Sicht des Oberbürgermeisters nicht auf Nein-Sagen beschränken: „Die müssen uns schon auf diesem Weg begleiten“, so Hebbel.

Grüne fordern Informationen

Über diesen Weg müsse die Stadtspitze allerdings auch dringend mit den Leverkusenerinnen und Leverkusenern reden, forderte am Mittwoch Claudia Wiese, Fraktionsvorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Stadtrat. Es müsse eine öffentliche Informationsveranstaltung zur angespannten Haushaltslage geben. „Wenn jetzt sogar ein neues Haushaltssicherungskonzept über zehn statt wie bisher 15 Jahre im Raum steht, brauchen die Bürgerinnen und Bürger Klartext: Was bedeutet das langfristig für Schulen, Straßen, Kultur, Sport und soziale Angebote?“

Wieses Vize Christoph Kühl stieß am Mittwoch ins selbe Horn. „Leverkusen steht finanziell unter Druck – umso mehr müssen wir als Stadtgesellschaft zusammenhalten.“ Eine gut vorbereitete Informationsveranstaltung mit verständlichen Fakten, Raum für Fragen und ehrlichen Antworten könne das Signal senden, dass Verwaltung und Politik Verantwortung übernehmen und die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen.