ProzessTausende Telefonate von Leverkusener Clan abgehört – Polizisten sagen aus

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Der angeklagte Helfer im Betrugsprozess gegen die Großfamilie.

  • Am Mittwoch ging der Prozess um die Leverkusener Großfamilie in die nächste Verhandlungsrunde
  • Bei der Vernehmung sagten die ermittelnden Polizeibeamten aus
  • Hunderte bis tausende Anrufe sollen die Ermittler abgehört haben

Leverkusen – Hunderte bis tausende Anrufe unter Mitgliedern und Bekannten der stadtbekannten Großfamilie hörte die Sonderkommission „EG Bischof“ der Polizei in den vergangenen Jahren ab. Es hört sich an wie ein Krimi: Abhören, Stimmen Menschen mit etwa dem Spitznamen „Don“ zuordnen und Synonyme wie „Baustelle“ oder „Darlehen“ oder „Stadt am Fluss“ entschlüsseln. Doch ebenso steckt eine langwierige und aufwendige Ermittlung hinter einer sogenannten „TÜ“, einer Telefonüberwachung.

Kriminalbeamte als Zeugen

Etliche Polizeibeamte aus verschiedenen Städten sammelten Beweise, von denen nur ein Bruchteil im ersten der Prozesse wegen erwerbsmäßigen Betrugs gegen Clan-Oberhaupt Enis H. (alle Namen geändert) zu tragen kommt. Mit dem Teppich-Trick und Ködern wie Datteln und Safran soll er mit zwei Helfern das Ehepaar Q. um 80 000 Euro betrogen haben.

Der vierte Prozesstag vor der 19. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht am Mittwoch war ein langer. Vier Kriminalbeamte und ein Sachverständiger sagten im Zeugenstand aus.

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Ein Mitglied der Ermittlungsgruppe zu Bandenkriminalität zum Nachteil älterer Menschen rief Vorsitzende Richterin Marion Slota-Haaf als Ersten auf. Er war es, der die Telefonüberwachungsmaßnahme maßgeblich auswertete. Soweit, dass mit Hilfe seiner Erkenntnisse das geschädigte Ehepaar Q. ausfindig gemacht und Enis H. sowie seine Kumpanen Günter L. und Schado U. angeklagt werden konnten.

Dolmetscherin bereits befragt

In der Sprache Romanes sei der Großteil der Gespräche geführt worden. Eine von den Kriminalbeamten beauftragte Dolmetscherin wurde bereits vergangene Woche befragt. Wie auch zu ihrer Befragung setzte die Verteidigung ihre Strategie diesen Mittwoch fort und zweifelte erneut die Beweismittel an. Die Fragen der Anwälte drehen sich vor allem um die Richtigkeit der Übersetzung ins Deutsche sowie der Zusammenführung von Rufnummer, ihrem Inhaber und dem Nutzer des Geräts.

An ihrer Zuordnung der Angeklagten und den überwachten Anschlüssen haben die Ermittler keinen Zweifel gehabt. Aus einer Kombination aus Wiedererkennung von Stimmen, im Gespräch genannten Spitznamen und Art des Umgangs mit anderen Personen, beispielsweise während Telefonaten mit zur jeweiligen Ehefrau zugeordneten Nummern, zogen sie ihre Gewissheit. Per Gerichtsbeschluss eingeholte Anrufprotokolle der Rufnummern-Anbieter bewiesen zudem die wiederholte Kontaktaufnahme der dem Trio zugeordneten Rufnummern mit dem Ehepaar Q.

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Dass immer wieder Erkenntnisse aus anderen Ermittlungen in die Arbeit der Beamten einflossen, erschwert nun die Trennung des Prozesses von noch folgenden. Und ermöglicht es den Verteidigern , aber und abermals das Beweismaterial zu hinterfragen.

Das Ausmaß der Ermittlungsarbeit und somit auch den Umfang der kommenden Prozesslawine ließen die Aussagen der drei weiteren Beamten erahnen, konnten sie doch jeweils nur zu einzelnen Ermittlungsschritten aussagen. Einer erinnerte sich an die Befragung der Geschädigten. Als Herr Q. das Geld bei seiner Bank abholte, wiesen ihn die Mitarbeiter auf einen möglichen Enkel-Trick oder falsche Polizisten hin. Dass er in Gefahr war, Opfer eines ähnlichen Betrugs, dem Teppich-Trick, zu werden, habe er allerdings nicht erkannt. Aus Scham habe das Ehepaar Q. von sich aus nicht die Polizei eingeschaltet.

Zwei Täter sind geständig

Ein weiterer Zeuge hingegen war lediglich bei der Durchsuchung des Wohnsitzes von Schado U. in Dortmund beteiligt. Damals wurde Schado U. auch festgenommen, Unterlagen zu Teppich- und Immobilienkäufen gingen direkt an das Hauptermittlungsverfahren in Köln. Er und der weitere Helfer und Cousin des Hauptangeklagten, Günter L., gestanden die Tat bereits.

Derweil schweigt Hauptangeklagter Enis H., „Don“ genannt, weiterhin. Den Zeugenaussagen schien er im Landgericht nicht zu folgen, zwinkerte lieber seiner Familie hinter einer Glasscheibe im Gerichtssaal zu.

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