Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

ProzessSextreffen in Leverkusen endet in Gewaltorgie

Lesezeit 3 Minuten
Das Kölner Landgericht

Vor der 13. großen Strafkammer des Kölner Landgerichts muss sich seit Freitag ein Mann wegen Vergewaltigung verantworten.

Er trank, er nahm Kokain: Das Treffen mit einer Prostituierten in Manfort hatte für die Frau verhängnisvolle Folgen.

Irgendwann lief die Sache in verheerender Weise aus dem Ruder in dieser Montagnacht. Aus einvernehmlichen Sex wurde, so die Staatsanwaltschaft, eine Vergewaltigung. Am Ende nahm die Polizei in einem Manforter Treppenhaus einen nackten Mann fest, der ziemlich weggetreten war.

Seit Freitag arbeitet die 13. Große Strafkammer am Kölner Landgericht das Geschehen auf. Orhan L. (Name geändert) hatte sich mit einer Frau verabredet, die er seit einem halben Jahrzehnt kannte. Aber nur ganz selten mal sah, so die Behauptung: Die Leverkusenerin bietet Sex gegen Geld an. Aber an jenem 6. Februar 2023 habe der Mann keinen Schlaf finden können, so sein Verteidiger Günter Teworte: Morgens habe er von dem schweren Erdbeben in der Türkei erfahren, Angst gehabt, dass seine Lieblingstante die Katastrophe nicht überlebt hat. Erst spät habe er erfahren: Die Tante lebt.

Die Freundin geht schlafen, der Mann zu einer Anderen

Als dann seine Freundin zu Bett ging, machte er sich noch mal auf den Weg. Per Whatsapp verabredete er sich mit der Bekannten, hielt auf dem Weg in die Stixchesstraße an einer Tankstelle, versorgte sich mit zwei kleinen Flaschen Gin. Die kippte er, während er darauf wartete, dass die Bekannte Zeit für ihn hatte. Der Gin war aber nicht der einzige Alkohol, der in dieser Nacht eine Rolle spielte. Bei weitem nicht. Eine große Flasche Wodka hatte der Angeklagte noch mit. Und nicht weniger als fünf Gramm Kokain. Viel mehr als normal, sagte er.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Als die Bekannte dann nicht lange vor Mitternacht im Netzkleidchen die Wohnungstür öffnete, sei zunächst alles normal verlaufen. Allerdings trank Orhan L. immer weiter. Und immer wieder kehrte er auch zu dem Couchtisch im Wohnzimmer zurück, auf dem das Kokain lag. Die Kombi – das wusste der heute 32 Jahre alte Vater eines Kindes – kann bei ihm Erektionsstörungen, vor allem aber Aggressivität auslösen.

Ich hab’ nicht den einen Moment im Kopf, der das alles hier erklärt.
Der Angeklagte

So muss es nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wohl auch in der Nacht zum 7. Februar gewesen sein. Mit schlimmen Folgen für die Bekannte: Gegen ihren Willen drang der Mann in sie ein. Der „normale“ Sex war wohl noch einvernehmlich, der orale möglicherweise auch, der anale offenbar nicht. Außerdem setzte es Bisse, Schläge, Tritte, gewürgt wurde die Frau außerdem. Erst nach Stunden gelang es ihr, den Angreifer ins Treppenhaus zu drängen und die Wohnungstür zuzuknallen. Dann war es vorbei: um kurz vor 4 Uhr.

Was in dieser Nacht im Detail passierte, weiß der Angeklagte nicht mehr. Sagte er zumindest. Vor sich sehe er keinen Film, nur einzelne Bilder. Und er wisse auch nicht, was er sich aus den Fotos des Opfers und vom Tatort zusammenreime und was echte Erinnerung an die Nacht in Manfort ist. Das kann der Vorsitzende Richter Benjamin Roellenbleck noch nachvollziehen: Der Täter hatte rund zweieinhalb Promille Alkohol im Blut. Dazu eine Menge Kokain. Deshalb könne er auch nicht sagen, wann die Situation umgeschlagen ist, so der Angeklagte: „Ich hab’ nicht den einen Moment im Kopf, der das alles hier erklärt.“ Gut möglich, dass die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen den Mann aggressiv gemacht hat.

Das Opfer – diese Aussage zitiert der Richter aus dem Vernehmungsprotokoll – habe es so erlebt: „Ich hatte den Eindruck, dass der total von der Rolle ist.“ Er habe von Verwandten in der Türkei geredet, sie sogar „Schatz“ genannt – völlig unüblich bei Treffen dieser Art. Klar ist, dass der Angeklagte der Frau schlimme Verletzungen zufügte. Auch der Geschlechtsverkehr ist unzweifelhaft.

Die Frage ist nur, ob der noch freiwillig war oder nicht. Anders gesagt: War es Vergewaltigung? Oder gefährliche Körperverletzung? Der Angeklagte sagte, er wolle nichts beschönigen. Aber auch nichts einräumen, dessen er sich nicht sicher ist.