Gerd Kortschlag, seit 18 Jahren Gesicht und Antreiber beim Tierschutz, widersteht einem jungen Kritiker und wird im Amt bestätigt.
MitgliederversammlungGroßer Streit im Tierschutz Leverkusen

So viele Mitglieder wie nie nahmen an der Versammlung des Tierschutzvereins teil. Es ging hoch her.
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Es war voll wie nie – mindestens in der Ära Kortschlag. Und der Mann, der seit 18 Jahren den Tierschutz Leverkusen leitet, erkennbar nervös. Würde es zu einer „feindlichen Übernahme“ kommen? Davon war vor der Mitgliederversammlung die Rede gewesen. Denn bisher kamen bestenfalls 50 Leute zu dem Jahrestreffen. Da braucht es nicht viel für einen Umsturz, wenn er denn gut vorbereitet ist.
Also hatte sich vor dem Tierschutzzentrum nahe der A 3 in Opladen am Mittwochabend eine Schlange gebildet. Und es passten auch nicht alle in den Versammlungssaal. 144 Mitglieder waren gekommen. Knapp zehn Prozent des stetig wachsenden Vereins. Die Reibereien im Vorfeld und die hässlichen Schlagabtausche, unter anderem auf Facebook, zeigten Wirkung.
Ausschluss und Rücknahme
Adrian Stahl, der Kritiker im Verein um sich geschart hatte, war ausgeschlossen worden. Wogegen sich der 29-Jährige vor Gericht wehrte. Er findet, der Vorstand um Gerd Kortschlag hat das Recht nicht auf seiner Seite. Formaler Ansatzpunkt für Stahls Kritik war das Amt der zweiten Vorsitzenden. Es war offiziell seit geraumer Zeit nicht besetzt. In Wahrheit hatte Christa Westerheider dieses Amt wahrgenommen – kommissarisch, und das habe man nicht ins Vereinsregister eintragen lassen, erklärte Kortschlag. Um Kosten zu sparen, weil Westerheider nicht vorhatte, auf dieser Mitgliederversammlung für den zweiten Vorsitz zu kandidieren. „Vielleicht war das ein Fehler“, räumte der Vorsitzende ein.
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Ursprünglich – so hatte Stahl dem „Leverkusener Anzeiger“ auf Anfrage erklärt – habe er sich für das augenscheinlich vakante Amt des Vize-Vorsitzenden interessiert. Darauf habe der Vorstand aber nicht reagiert. Stattdessen sei er unter einem fadenscheinigen Grund ausgeschlossen worden. Das habe auch das Amtsgericht so gesehen. Ergebnis: Vorigen Montag war Stahls Ausschluss vom Vorstand zurückgenommen worden.
Es wird emotional und laut
So konnte es am Mittwoch zur direkten Konfrontation kommen. Die heftig geführt wurde. Stahl kandidierte plötzlich gegen Kortschlag; seine Vorstellung geriet zu einer Art Generalabrechnung mit der Arbeit des Vorstands, mehrfach unterbrochen vom Wahlleiter und von anderen Mitgliedern des Vereins, die auf Kortschlags Seite sind. Deren Vorhalt: Der 29 Jahre alte, voll berufstätige Stahl habe gar nicht die Zeit, den Verein mit dem angeschlossenen Tierschutzzentrum, Arztpraxis und Pflegern zu führen.
Stahl wiederum findet, die Organisation des Tierschutzzentrums sei komplett auf Kortschlag zugeschnitten. Kein Wunder, dass ohne den Vorsitzenden nichts laufe und er täglich bis zu acht Stunden im Tierschutzzentrum verbringen müsse. Der Verein sei auch nicht ausreichend in den Sozialen Medien vertreten, der Vorstand igle sich ein. Und es gebe große Mängel, so Stahl: zu viele Überstunden der sieben Beschäftigten und zwei Auszubildenden, die nicht korrekt abgerechnet würden. Dem widersprach eine Angestellte des Vereins vehement.
Kortschlag nimmt Kritik auf
Andere Themen, die von Kortschlags Kritikern angeführt wurden, sprach der Vorsitzende in seinem Bericht an. So trat er der Behauptung entgegen, der Verein horte aus finanziellen Gründen Tiere. Von 476 Tieren wurden im Lauf des vorigen Jahres 243 vermittelt. Problemfälle, so Kortschlag, gebe es bei den Hunden. Einige wenige könne man wegen ihres aggressiven Verhaltens nicht aus der Hand geben. Aber: „Mit denen arbeiten wir.“

Gerd Kortschlag bleibt Vorsitzender des Tierschutzes Leverkusen.
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Dass an der Reuschenberger Straße ein großes Rad gedreht wird, machte der Vorsitzende ebenfalls klar. Für den Betrieb des Tierschutzzentrums wurden zuletzt 740.000 Euro im Jahr benötigt. Um die 100.000 tragen die Mitglieder bei, deren Zahl sich in großen Schritten erhöht: 2024 waren es 1487, im Jahr davor 1347. Einen großen Teil des Rests trägt die Stadt Leverkusen. Der Beitrag aus dem Haushalt lag zuletzt bei 280.000 Euro, aber der Vertrag sieht deutliche jährliche Steigerungen vor, die 2027 bei einem Betrag von 420.000 Euro vorläufig enden. Rund 200.000 Euro für den laufenden Betrieb „müssen wir kötten“, so Kortschlag. Da sei Einfallsreichtum gefragt.

Es war spannend – der Vorsitzende musste in geheimer Wahl bestimmt werden. Am Ende behielt Gerd Kortschlag sehr deutlich die Oberhand.
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Der Vorsitzende legte auch einen Streitpunkt mit seinem Herausforderer dar. Stahl habe ihn um ein E-Mail-Verzeichnis aller Mitglieder gegeben, was er ihm „natürlich“ verweigert habe, aus Datenschutzgründen. Stahl, das räumt er ein, wollte alle Mitglieder anschreiben und für sich werben. Das bisher geübte Verfahren, zur jährlichen Mitgliederversammlung mit einem Aushang im Tierschutzzentrum und auf der Internetseite des Vereins hinzuweisen und nur einigen eine Mail zu schicken, hält der Kritiker für mangelhaft. Tatsächlich gab es beim Mailversand technische Probleme, stellte sich am Mittwochabend heraus. Ein Grund mehr für Kritik. Die war auf beiden Seiten nicht immer sachlich, und das heizte die Atmosphäre im überfüllten Versammlungssaal weiter auf.
Die ausnahmsweise geheime Wahl überstand Gerd Kortschlag aber: 93 Stimmen gab es für ihn, Stahl bekam 39. Der Vorsitzende hatte den Angriff überstanden und entledigte sich spürbar erleichtert seines Hemdes. Zum Vorschein kam ein T-Shirt, das ihm die Belegschaft hatte bedrucken lassen: „Superchef eines fantastischen Teams“. Mindestens zwischen den Angestellten und dem Vorsitzenden stimmt es also. Die Ära Kortschlag beim Tierschutz Leverkusen geht weiter.