Joshua Kraski sieht unter dem Spardiktat auch eine Chance, das Soziale mehr in den Fokus der Politik zu bringen.
ForderungSozialpolitik in Leverkusen soll auch in der Finanznot wichtig bleiben

Joshua Kraski ist Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises und des Sozialausschusses. Er fordert, dass der Stadtrat Sozialpolitik ganzheitlich denken muss.
Copyright: Thomas Käding
Der Treffpunkt ist bewusst gewählt. Joshua Kraski will am Mittwoch auf dem Wiesdorfer Marktplatz über Sozialpolitik sprechen. Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU und des Sozialausschusses im Stadtrat weiß natürlich, dass dieser in der Regel brachliegende und insofern funktionslose Platz beliebter Treffpunkt für Menschen ohne Wohnsitz ist. Weil man sich dort einfach weitgehend ungestört aufhalten kann.
An der Ecke Breidenbach-/Dönhoffstraße trete zutage, „was für viele nicht so im Bewusstsein ist“, sagt Kraski: dass es Not und Armut auch im vorgeblich wohl situierten Leverkusen durchaus gibt. Dass die wirtschaftlich dominierende chemische und pharmazeutische Industrie mit ihren hohen Gehältern dafür sorgt, dass es allen gut geht, ist schon lange überholt. Das Klischee hält sich allerdings. Auf dem Marktplatz kann man aber sehen, dass es nicht stimmt.
Im neuen Stadtrat hat der junge Christdemokrat aus Hitdorf den Vorsitz des Sozialausschusses übernommen. Dort sehe er viel Fachkompetenz, sagt er. Eine Sache müsse allerdings besser laufen, so, Kraski: Die Sozialpolitiker müssten mehr Wirkung entfalten. Das sei in den nächsten Jahren unabdingbar. Denn der scharfe Sparkurs, der nach den zusammengebrochenen Einnahmen aus der Gewerbesteuer für mindestens die nächste Dekade erforderlich ist, werde sonst vor allem zu Lasten des Sozialen gehen. Und das hätte schlimme Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Leverkusen.
Alles zum Thema Römisch-katholische Kirche
- Fall „Hardy“ Missbrauchsvorwürfe: Millionen-Klage gegen Erzbistum Köln
- Kölsch statt Kämpfen Kriegstaugliche Funken, leere Stadtkasse, Klöckner – So war die Stunker-Premiere
- Sexueller Missbrauch Erzbistum Köln zahlt Betroffener freiwillig 360.000 Euro
- Erzbistum Köln Missbrauchsopfer Melanie F. und ihr Kampf um Gerechtigkeit
- Overath Diese Maßnahmen sind für den Aggerdeich geplant
- Krankenhaus-Seelsorge Pfarrerin zieht es von Euskirchen zurück in die Heimat
- Forderung Sozialpolitik in Leverkusen soll auch in der Finanznot wichtig bleiben
Das Soziale muss bei der finanziellen Konsolidierung immer mitgedacht werden
Kraski räumt ein, dass es im sozialen Bereich hier und da Sparpotenzial gibt. Spricht von vereinzelten Doppelstrukturen und will den Sozialetat keinesfalls aus jeder Sparrunde herausnehmen. Er warnt aber auch vor übertriebenen Erwartungen, was die Konsolidierung des Leverkusener Haushalts angeht. Die sieht er – und die Notwendigkeit, dagegen vorzugehen. „Das Soziale muss bei der finanziellen Konsolidierung immer mitgedacht werden“, ist seine Forderung. Nur so könne es gelingen, beim Sparen falsch zu gewichten.
Die Verantwortung, die richtigen Leitlinien im Sparkurs zu setzen, habe eindeutig der Stadtrat, nicht die Stadtverwaltung, so der Christdemokrat: „Das ist unsere Aufgabe als Politiker.“
Der Blick der CDU geht nach links
Kraski gehört zwar der mit Abstand größten Ratsfraktion an – aber das reicht bei weitem nicht, um politische Vorstellungen umsetzen zu können. „Wir brauchen die Zusammenarbeit mit allen demokratischen Kräften. Da ist unsere Hand ausgestreckt“ – ganz ausdrücklich auch in Richtung der Sozialdemokraten.
In der zweitgrößten Fraktion wird man allerdings absehbar an einer Sache zu beißen haben: der Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete. Die CDU will sie. „Auch ich habe mich dafür ausgesprochen. Dazu stehe ich“, so Kraski. Weil die AfD die Karte seit langem fordert und auch die FDP mitziehen dürfte, zeichnet sich in dieser Sache eine Mehrheit rechts von der Mitte ab. Keine gute Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit den Fraktionen links der Mitte. Das weiß auch Joshua Kraski.
Lineare Einsparungen sind keine Politik
Der Blick auf einzelne politische Projekte führe aber nicht zum Ziel, sagt er. Das habe sich schon in der Taskforce gezeigt, die nach der Haushaltssperre im Spätsommer 2024 eingeführt worden war. Sie wurde auch deshalb wieder aufgelöst, weil sie kaum zählbare Ergebnisse liefern konnte. Das habe auch für den Sozialbereich gegolten, erinnert sich Kraski. Das danach eingeführte Rasenmäher-Prinzip, einfach überall 15 Prozent einzusparen, sei aber kein Rezept, so der Christdemokrat: Lineare Einsparungen „sind keine Politik“.
Sie muss viel mehr Schwerpunkte setzen und Ziele formulieren. Das gelte ganz besonders für den Sozialbereich, sonst gefährdete man den Zusammenhalt in der Stadt. Der Idee, mittelfristige Ziele zu formulieren und den Weg dorthin in jährlichen Abständen zu kontrollieren, kann Kraski einiges abgewinnen. Dazu hätte sicher auch der Umbau des St.-Josef-Hospitals in Wiesdorf zu einem sozialen Zentrum gehört. Dazu wird es nun aller Voraussicht nach nicht mehr kommen: Die katholische Kirchengemeinde St. Antonius will das aufgegebene Krankenhaus an einen Investor abgeben. „Eine vertane Chance“, bedauert Kraski.
Ob es anders gekommen wäre, wenn man das Projekt mit mehr politischem Engagement verfolgt hätte, steht aus seiner Sicht dahin. Er sieht aber im neu zusammengesetzten Stadtrat die Chance, soziale Projekte mehr mitzudenken. Auch in der Stadtverwaltung sei jetzt eine gute Gelegenheit, über Strukturen nachzudenken: Die Wahl seines Parteifreundes Stefan Hebbel zum Oberbürgermeister eröffne andere Möglichkeiten. Dass Hebbel eine soziale Ader hat, hält Kraski für längst erwiesen.

