Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Nach Brand im MaiTagestreff für Wohnungslose in Leverkusen wieder geöffnet

4 min
Stadtdechant Heinz-Peter Teller segnete die renovierten Räume des Tagestreffs in Wiesdorf.

Stadtdechant Heinz-Peter Teller segnete die renovierten Räume des Tagestreffs in Wiesdorf.

Vier Monate nach dem Brand ist der Zufluchtsort für Wohnungslose nun wieder nutzbar. Von Juni bis Oktober konnte er in die Räume der freien evangelischen Gemeinde verlegt werden.

„Das war gut. Für diese Zeit bin ich Gott von Herzen dankbar“, fasst Ingo Scharwächter, Pastor der freien evangelischen Gemeinde in Wiesdorf, die vergangenen vier Monate zusammen. Vier Monate, in denen die Wohnungslosenhilfe der Caritas, nachdem Unbekannte dort Feuer gelegt hatten, mit ihrem Tagestreff in den Räumen der Gemeinde unterkam. 

Die unvorhersehbare Notlage erforderte viele helfende Hände. „Gebrannt hat es an einem Freitag, am Wochenende danach waren wir mit dem Treff in unserer Notschlafstelle – alle waren daran interessiert, schnell Lösungen zu finden“, lobt Stefanie Strieder, Leiterin des Fachdienstes für soziale und berufliche Integration der Caritas Leverkusen, das Engagement ihrer Mitarbeitenden. Anfang der Woche kam dann allerdings schon der rettende Anruf von der Gemeinde.

„Wir hatten von dem Brand durch die Zeitung erfahren und hatten vorher schon Berührungspunkte mit Wohnungslosenarbeit. Dann haben wir ganz kurzfristig als Gemeindeleitung entschieden, dass wir unsere Räume zur Verfügung stellen“, berichtet Scharwächter. Immerhin organisiert die Gemeinde schon seit rund 30 Jahren einen Sonntagstreff für wohnungslose Menschen. 

Die Caritas bedankte sich bei Pastor Scharwächter mit einem symbolischen Geschenk: einem Haus mit den Gesichtern der Wohnungslosen.

Die Caritas bedankte sich bei Pastor Scharwächter mit einem symbolischen Geschenk: einem Haus mit den Gesichtern der Wohnungslosen.

Der Tagestreff der Caritas ist eine existentielle, niederschwellige Stütze für wohnungslose Menschen: Hier können sie sich waschen, eine Toilette nutzen, sind vor Witterung und Übergriffen geschützt. Außerdem wichtig: „Hier beraten wir auch, wie es perspektivisch weitergehen kann. Wir versuchen zum Beispiel, Wohnungen zu akquirieren“, erklärt Strieder – keine einfache Aufgabe bei nur circa ein Prozent Leerstand auf dem Wohnungsmarkt in Leverkusen.

Über allen diesen Bemühungen – seien sie von der Caritas oder der freien evangelischen Gemeinde – steht eines: Caritas, und zwar nicht als Organisation, sondern vielmehr als christliches Prinzip der Nächstenliebe (aus dem Lateinischen) und Wohltätigkeit. In seiner Predigt zitiert Pastor Scharwächter dazu Jesu Worte aus dem Matthäus-Evangelium: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan“. Es gehe um Achtsamkeit für andere im Alltag. Wo könne man selbst dazu beitragen, dass es anderen ein bisschen besser geht? 

Wiesdorf: Sonntagstreff für Wohnungslose sucht Unterstützung

Dabei scheinen die vergangenen Monate vor allem eine Zeit des Miteinanders gewesen zu sein. „Die Wohnungslosen haben unsere Räume immer gereinigt“, sagt Ingo Scharwächter. Den ökumenischen Gottesdienst gestalten die katholische und freie evangelische Gemeinde sowie die Wohnungslosen gemeinschaftlich: Einige der Gäste des Tagestreffs tragen Fürbitten vor. Diese Verbundenheit wird auch in den Worten deutlich, die drei Ehrenamtliche vom Sonntagstreff finden: „Wir haben dadurch Freunde gefunden“, sagen sie. 

Neben dieser bereichernden, menschennahen Tätigkeit, steckt allerdings auch eine Menge physische Arbeit hinter dem ehrenamtlich gestemmten Sonntagstreff. „Wir freuen uns über jeden, der helfen kommen möchte“, betonen die Frauen. Dafür müsse man auch nicht Gemeindemitglied sein. Durch den langjährigen Sonntagstreff würden einige wohnungslose Menschen mittlerweile zur Gemeinde gehören und sonntags regelmäßig den Gottesdienst mitfeiern, erzählt der evangelische Pastor. 

Ende Mai hatte es im Tagestreff (hier im Juli) gebrannt.

Ende Mai hatte es im Tagestreff (hier im Juli) gebrannt.

Nach dem ökumenischen Gottesdienst im Gemeindezentrum segnet Stadtdechant Heinz-Peter Teller die frisch sanierten Räume des Tagestreffs. Auch er findet vorab anerkennende Worte für die reibungslose Zusammenarbeit: „An dieser Stelle merke ich, dass es gut ist, dass es unterschiedliche Kirchen gibt und dass wir alle zusammengehören“, so der katholische Priester.

Konfessionsübergreifend zusammenarbeiten – das nehmen sich Teller und Scharwächter wohl auch für die Zukunft vor. Der evangelische Pastor verrät schon einmal: Im nächsten Mai soll es ein Konzert für wohnungslose Menschen auf dem Wiesdorfer Marktplatz geben.

Neben der Segnung der neu sanierten Räume gibt es an diesem Donnerstagabend allerdings noch einen Anlass zum Feiern: Die Suppenküche blickt auf ihr 20-jähriges Bestehen zurück. Das Angebot, das als Beschäftigungsförderung für Langzeitarbeitslose gedacht ist, versorgt wohnungslose Menschen unter der Woche mit ein bis zwei Mahlzeiten täglich. Vielen Wohnungslosen fällt es laut Stefanie Strieder schwer, sich regelmäßig und ausgewogen zu ernähren, zum Beispiel aufgrund von psychischen Erkrankungen. Hier hilft ihnen die Tagesstruktur, die sowohl der Tagestreff als auch die Suppenküche kultivieren.

Der Abend steht ganz im Zeichen von Gemeinschaft, gelebter Caritas – und einem Stück Geborgenheit für Menschen ohne Zuhause.