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AlltagsheldenWas ein Busfahrer in Leverkusen an seinem Beruf liebt – und was nicht

5 min
Busfahrer Stephan Melcher neben einem Wupsi-Bus

Busfahrer Stephan Melcher mag seinen Beruf. Aber es gibt auch Schattenseiten, berichtet er. 

Sie sorgen dafür, dass Menschen von A nach B kommen und werden von den Fahrgästen doch oft respektlos behandelt: Busfahrerinnen und Busfahrer.

Es ist 3 Uhr am Morgen. Während sich viele Menschen in Leverkusen noch einmal in ihren Betten umdrehen, klingelt bei Stephan Melcher bereits der Wecker. Er hat Frühschicht. Sein Bus steht auf dem Hof seines Arbeitgebers, der Willms Reinhold Verkehrsgesellschaft in Seelscheid. Sein Einsatzgebiet ist heute Leverkusen. Die Firma Willms fährt als Subunternehmer für die Wupsi, so dass Melcher regelmäßig von Seelscheid in die Stadt am Rhein fährt. Es ist der letzte Schultag vor den Ferien.

Auf Melchers Programm stehen unter anderem die Linien von Leverkusen nach Langenfeld und die 208 von Quettingen nach Leverkusen Mitte.

Es ist ungewöhnlich ruhig an diesem Morgen. Die meisten Menschen grüßen beim Betreten des Buses. Das ist keine Selbstverständlichkeit, weiß Melcher zu berichten, der in verschiedenen Städten unterwegs ist. „Hier in Leverkusen machen das die Leute aber meistens.“

Der Respekt geht verloren
Stephan Melcher, Busfahrer

Rund 800 Personen befördert der Busfahrer pro Tag. Seit zehn Jahren geht er seinem Job bereits nach. Und er liebt seine Arbeit, was manchmal jedoch gar nicht so einfach ist: „Die Menschen ändern sich. Der Respekt geht verloren“, berichtet Melcher. „Ich bin schon angespuckt worden, weil ich ein Ticket kontrollieren wollte.“ Auf einen Kollegen sei sogar mit einem Luftgewehr geschossen worden. „Erst knallte was gegen die Scheibe. Als er den Bus verließ, schoss man auch auf ihn. Und manche Fahrgäste behandeln uns Busfahrer wie Idioten“, klagt Melcher.

Ein gutes Beispiel ist die Story mit den drei Jugendlichen. „Da wollten drei Schüler mit einem Ticket fahren. Einer ging durch und steckte es dem zweiten noch zu. Der machte es ebenso mit dem dritten“, berichtet Melcher. „Als ich sie darauf ansprach, dass ihre Daten ja alle übereinstimmen, murmelte einer dem anderen zu: ‚Eh, der ist ja gar nicht so doof.‘" 

Das meiste kann man nicht beeinflussen

Was Melcher noch stört: Vieles, was eine Busfahrt verzögern kann und Verspätungen erzeugt, können die Leute hinterm Lenkrad nicht beeinflussen. Dennoch würden sie regelmäßig dafür verantwortlich gemacht.

„Die meisten Verspätungen werden durch den Straßenverkehr erzeugt oder aber durch die Fahrgäste selbst“, erklärt er „Diskutiert ein Gast mit mir beim Einsteigen, erzeugt das allein schon eine Verspätung. Es hindert mich an der Abfahrt und ist im Fahrplan nicht vorgesehen.“  Die Suche nach dem Ticket im Bus verzögere die Abfahrt ebenfalls unnötig. „Es wäre hilfreich, das Ticket schon vorher herauszusuchen“, um es dann sofort bereithalten zu können. „Auch passendes Kleingeld oder zumindest kleine Scheine wie der Fünfer wären super. Wir können keine großen Scheine wechseln.“ 

Aus seiner Sicht wird der Beruf unterschätzt. Er sei mehr, als nur ein bisschen Bus fahren. „Die Person, die sich hinter das Steuer setzt, übernimmt die Verantwortung dafür, dass hunderte Menschen täglich von A nach B kommen“, erklärte der Berufskraftfahrer. „Und wir haben alle eine Qualifikation erworben oder eine Ausbildung gemacht.“

Viele Qualifikationen sind erforderlich

Für Quereinsteiger gibt es die Möglichkeit, einen Busführerschein zu erwerben und dann einen Lehrgang zu machen, der mit einer IHK-Prüfung endet. „Da muss man sich auf den Hosenboden setzen. Wir müssen am Ende das Gleiche können wie die, die sich für die dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer im Personenverkehr entschieden haben“, berichtet Melcher.

Neben der beruflichen Qualifikation müssen die zukünftigen Mitarbeitenden im Personennahverkehr die betriebsärztliche Untersuchung bestehen, das Führungszeugnis muss stimmen. Und es gibt nach der Qualifikation eine Linienschulung, bevor sie alleinverantwortlich ihre Arbeit aufnehmen können.  

Bei all diesen Erlebnissen stellt sich die Frage, warum Melcher seinen Job immer noch liebt. „Erst mal mag ich die Arbeit mit Menschen, trotz dieser Vorkommnisse“, erklärt er. „Und ich habe mit Willms einen großartigen Arbeitgeber, der hinter mir steht. Das macht viel aus.“ Auch die Zusammenarbeit mit der Wupsi funktioniere reibungslos. 

Bonbons und Kekse: Gesten, die Freude machen

Und es geben eben auch viele schöne Erlebnisse. Auf einer bestimmten Linie steige zum Beispiel regelmäßig eine Dame zu, „die mir immer drei Bonbons hinlegt“, freut sich der Busfahrer. Oder zu Weihnachten gebe es Kekse. „Das ist so nett von ihr.“ Er lächelt, während er die Story erzählt.  Aber selbst ein Lächeln und ein Gruß reichten schon, um daran erinnert zu werden, warum die Menschen hinter dem Steuer ihren Job machen. „Und außerdem, ich habe noch nie im Leben solch tolle Sonnenaufgänge gesehen, wie hier in den Frühschichten“, sagt er und lacht.

Fahrgäste steigen in Wiesdorf in einen Bus.

Männer wie Stephan Melcher sorgen dafür, dass die Busse fahren.

Hat er einen Wunsch an seine Fahrgäste? „Ich wünsche mir einfach nur, mit Respekt behandelt zu werden“, kommt die prompte Antwort. „Und dass die Menschen wieder ein bisschen nach Links, Rechts und aufeinander gucken.“

Auch hier hält er ein Beispiel bereit. Die Rampe hinten im Bus, die Menschen im Rollstuhl den Zugang zum Bus ermöglichen, darf von jeder Person genutzt werden. „Ich helfe sehr gerne, wenn jemand Hilfe braucht, keine Frage. Aber ich hatte schon Situationen, in denen eine Person mit Begleitung unterwegs war und man bestand trotzdem darauf, dass ich die Rampe herunterklappe.“ Das findet er unnötig, denn das „kostet unnötig Zeit und wir kommen dadurch alle wieder ein wenig später ans Ziel.“

Melcher geht weiter gerne zur Arbeit und sorgt dafür, dass viele Menschen ihr Deutschlandticket nutzen können. Aber er kennt auch Kollegen, die aufgegeben haben. Nicht, weil sie den Job nicht mehr mochten, sondern weil ihr Fell am Ende nicht mehr dick genug war, um das respektlose Verhalten vieler Fahrgäste zu ertragen.

Und es werde immer schwerer, Nachwuchs zu bekommen. In der Gesellschaft sei viel die Rede von Umweltschutz und dem Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Wenn am Ende aber nicht mehr genug Menschen bereit seien, diese Verkehrsmittel zu fahren, weil sie schlecht behandelt werden, verlören alle dabei.