Medienscouts LeverkusenWissen, wie man Cybermobbing und Spielsucht begegnet

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Ehrung Medienscouts Sekundarschule Leverkusen

Rund 70 Schülerinnen, Schüler und pädagogische Fachkräfte nahmen an dem Projekt Medienscouts teil und wurden jetzt ausgezeichnet.

70 Jugendliche und pädagogische Fachkräfte haben sich im Umgang mit digitalen und sozialen Medien fortbilden lassen.

Was erzählt der alte Mann da, mögen sich so einige der Jugendlichen im Raum gedacht haben, als Martin Schneider seine Ansprache beginnt. Der Schulrat des Rheinisch-Bergischen Kreises erzählt von seinem Vater, der eines Tages etwas mit nach Hause brachte, was der kleine Martin für eine elektrische Schreibmaschine hielt. Tatsächlich war es ein Computer mit schwarz-weißem Pixelbild und sagenhaften 64 Kilobyte Arbeitsspeicher. Spätestens da lachen die Jugendlichen. Da habe er seinen Vater gefragt: „Wat is dat da?“, berichtet Schneider, und dieser habe es ihm erklärt.

Einige Jahre später sei er zu seinem Vater gekommen und habe erzählt, er sei jetzt bei Facebook. „Wat is dat denn?“, habe sein Vater gefragt und er habe es ihm erklärt. „Heute ist mein Vater im Altenheim und erklärt da anderen, wie das geht mit dem Smartphone“, schließt Schneider. Die Moral von der Geschichte: Die Technik entwickelt sich rasant schnell weiter, und um auf dem Stand zu bleiben, braucht man immer mal wieder jemanden, der Bescheid weiß und erklären kann. „Und jetzt seid ihr die, zu denen eure Mitschüler und auch die Lehrer gehen können und fragen: Wat is dat denn?“. 

Neun beteiligte Schulen in Leverkusen und Rhein-Berg

Rund 70 Schülerinnen und Schüler sowie pädagogische Fachkräfte von neun Schulen aus Leverkusen und dem Rheinisch-Bergischen Kreis haben sich in diesem Jahr zu neuen „Medienscouts“ ausbilden lassen. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Bildungsnetzwerk des Rheinisch-Bergischen Kreises und dem kommunalen Bildungsbüro Leverkusen. Dabei geht es darum, in Schulen präventiv Probleme wie Cybermobbing, Sexting, Datenmissbrauch und exzessive Mediennutzung aufzugreifen und zu thematisieren. „Besonders toll finde ich, dass hier Schüler und Lehrkräfte zusammen ausgebildet werden“, sagt Schneider. 

Ehrung Medienscouts Sekundarschule Leverkusen

Lehrerin Sarah Jülich (l) verteilt die Urkunden an die Medienscouts

Das bestätigt auch Sarah Jülich, Lehrerin an der Sekundarschule Leverkusen: „Natürlich befasse ich mich mit digitalen Medien, aber die neuesten Apps habe ich nicht immer auf dem Schirm.“ Deswegen sei es besonders toll, dass hier die Schülerinnen als Experten ausgebildet werden. „Gerade bei Themen wie Spielsucht oder Mobbing wendet man sich vielleicht nicht so gerne an einen Lehrer oder die Eltern, da ist es toll, wenn sie einen Ansprechpartner in ihrer Peergroup haben.“ Und auch für die Schüler sei es schön, in eine andere Rolle schlüpfen und ihr Wissen weitergeben zu können.

„Das Projekt wurde im Unterricht vorgestellt und es kam mir vor, als würde es zu mir passen“, sagt Aram Aljerati. Der Verdacht hat sich bestätigt, vor allem über Cybermobbing und den Umgang mit sozialen Netzwerken habe sie viel Neues erfahren. „Ich habe viel über das Recht auf Privatsphäre gelernt“, ergänzt Marius Roth, der ebenfalls die Sekundarschule besucht. „Ich finde es cool, das jetzt anderen vermitteln zu können und mich macht das auch selbstbewusster im Umgang mit den Medien.“

Ehrung Medienscouts Sekundarschule Leverkusen

Medienscouts der Sekundarschule Leverkusen

Einmal im Monat trafen sich die angehenden Medienscouts mit den Referenten Dirk Tegetmeyer und Dorothea Mersmann, um einen Tag lang neuen Input zu den Themen Internet und Sicherheit, soziale Netzwerke, Cybermobbing, Smartphones und digitale Spiele zu bekommen. Zwischen den Qualifizierungstagen gab es eigene Arbeitstreffen und Projekte an den jeweiligen Schulen. Neben der Sekundarschule haben aus Leverkusen die Gesamtschule Schlebusch, die Realschule am Stadtpark und die Montanus-Realschule teilgenommen. 

Erschrocken über Pisa-Ergebnisse

So viele Gefahren digitale Medien im schulischen Umfeld auch bergen, ist ihr Nutzen im Unterricht dennoch von hohem Wert, sagt Miriam Buß, die im Kommunalen Bildungsbüro für das Projekt Medienscouts verantwortlich ist: „Bei den jüngsten Ergebnissen der Pisa-Studie ist uns allen der Schreck in die Glieder gefahren.“ Das Zauberwort sei immer „Differenzierung“, also die individuelle Förderung aller Kinder auf ihrem Wissensstand.  „Mit digitalen Medien haben Lehrer die Möglichkeit, Unterrichtsmaterialien genau auf die Bedürfnisse des Kindes anzupassen. Das ist schwierig, wenn es ein Buch für alle gibt“, erklärt Buß. Das müsse aber natürlich gezielt eingesetzt werden. 

Und bestimmt kommt es da auch mal zu der Situation, dass ein Lehrer seine Klasse fragt: „Wat is dat denn?“. 

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