Leverkusener Bläck-Fööss-MitgliedKölsche Musik ist Haltung, nicht nur Feiern

Lesezeit 4 Minuten
LeonieHandrickFotografie_BF-6882

Die Fööss

  • Seit knapp dreieinhalb Jahren ist der Leverkusener Multi-Instrumentalist und Vollblutmusiker Pit Hupperten Mitglied der kölschen Mundart-Legende Bläck Fööss.
  • Mit uns sprach er sowohl über das Album als auch über Musik in Zeiten der Pandemie – und warum er von seinen Kölner Bandkollegen immer noch aufgezogen wird.

Leverkusen – Seit knapp dreieinhalb Jahren ist der Leverkusener Multi-Instrumentalist und Vollblutmusiker Pit Hupperten Mitglied der kölschen Mundart-Legende Bläck Fööss. Dieser Tage, mitten in der Corona-Krise, feiert er mit der Band deren 50. Gründungstag. Am Freitag erschien die Jubiläums-CD („5Ö“, also eine „50“ mit den Fööss-Strichen über der Null), an der Hupperten natürlich mitwirkte. Mit uns sprach er sowohl über das Album als auch über Musik in Zeiten der Pandemie – und seine Heimatstadt.

Pit, was sagt Ihnen der Wert von sieben Prozent?

Gute Frage. Erst einmal nichts.

Das ist in etwa der Anteil an Jahren, die Sie nun Mitglied der Bläck Fööss sind, bezogen auf die 50-jährige Existenz der Band. Sprich: Sie sind seit April 2017 dabei – und somit sieben Prozent der gesamten Zeit.

Wahnsinn! Ich hätte nicht gedacht, dass das schon so viel ist. Aber gut: Ich bin ja mittlerweile auch einer der sieben Entscheidungsträger.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was bedeutet?

Ich bin nicht nur Bandmitglied – das wird man ja quasi mit dem Einstieg in die Gruppe. Ich bin bei Entscheidungen gleichberechtigt.

Also zählt Ihre Stimme jetzt genauso viel wie etwa die von Erry Stoklosa als Gründungsmitglied?

Genau. Und das ist toll. Das ist ein wunderschöner, demokratischer Grundgedanke. Es gibt auch Bands, die diesbezüglich eine andere Philosophie fahren.

Dann werden Sie auch Entscheidungen zum neuen Album mitgetragen haben. Auf dem haben Sie Fööss-Evergreens neu arrangiert und gemeinsam mit Gastsängern eingesungen – darunter Wolfgang Niedecken und die Beerbitches um Carolin Kebekus. Das ist viel mehr als die obligatorische „Best Of“-Platte bei derlei Gelegenheiten.

Richtig. Es ist das Ergebnis einer tollen Zusammenarbeit mit vielen anderen Künstlern. Das Zusammentreffen mit ihnen und das gemeinsame Erarbeiten neuer Version der Songs. Das Singen im Duett. Übrigens: Alles selbstverständlich mit Abstand! Jedenfalls ging die Idee mal von uns aus, mal von unseren Gästen. Natürlich ist das immer auch eine Herausforderung und ein Wagnis. Man muss schließlich damit rechnen, dass es den Menschen dort draußen im neuen Klang nicht gefällt. Aber es ist bereichernd. Das beste Beispiel ist da „Drink doch eine met“.

Das hat Wolfgang Niedecken mit Ihnen gesungen.

Genau. Und ich habe es dafür gemeinsam mit unserem Keyboarder Andreas Wegener neu arrangiert. Es ist ja ohnehin kein Trinklied, sondern eines, in dem es um Miteinander und Menschlichkeit geht. Und es war Wolfgangs großer Wunsch, genau diesen Song zu nehmen. Er hat uns gesagt, dass für ihn damit Vieles begonnen hat, was er selber danach gemacht hat. Er sagte, „Drink doch eine met“ habe ihm gezeigt, dass Lieder auf kölsch auch ganz anders sein können. Hat Ihnen eigentlich die derzeitige Pandemie bei der Produktion der Platte vielleicht sogar in die Karten gespielt? Ja. Tatsächlich. Ansonsten wäre die Zeit wesentlich knapper und wir – gerade im Jubiläumsjahr! – auf Tour gewesen.

Wann haben Sie denn zuletzt ein Konzert in Ihrer Heimat Leverkusen besucht?

Erst vor ein paar Wochen. Da spielte die Doors-Tribute-Band The Doors In Concert im Scala. Eine wahnsinnig gute Truppe. Da saßen wir bereits mit Maske vor der Bühne – aber das war in Ordnung.

Apropos Maske und Schutz: Die Leverkusener Jazztage werden jetzt ohne Publikum stattfinden und im Internet gezeigt. Werden Sie da mal reinklicken?

Sicher. Das werde ich. Irgendwie finde ich es auch toll, wie das technisch funktioniert. Und mitunter ist der Sound sogar besser als live im Saal. Aber dennoch: Es geht nichts über Livekonzerte. Als Musiker brauche ich die Interaktion mit dem Publikum. Und da kommen wir hoffentlich auch irgendwann wieder hin.

Erst einmal steht der 11.11. vor der Tür. Für die Fööss ist das normalerweise der Auftakt in eine extrem beschäftigungsreiche Zeit. Dieses Mal nicht. Wie finden Sie das?

Wissen Sie: Ich gehe mit allen Maßnahmen d’accord. Auch was den 11.11. und die Session angeht. Aber: Ich halte es für eine ganz schlimme Entwicklung, dass jetzt sogar Radiosender am 11.11. keine kölsche Musik spielen wollen. Nach dem Motto: „Feiert nicht!“ Wenn noch nicht einmal das Radio weiß, dass es bei kölscher Musik nicht nur ums Feiern geht, sondern dass es da einen riesigen Fundus mit besinnlichem Liedgut und Liedgut mit Haltung gibt, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Das zeigt, dass die entsprechenden Entscheidungsträger nicht verstehen, wofür dieses Liedgut steht. Das finde ich bestürzend.

Müssen Sie und Ihr Fööss-Kollege Andreas Wegener aus Opladen sich eigentlich noch kölsche Bandfrotzeleien über Leverkusen anhören?

Ach, das muss ich mir ja generell schon lange anhören. Nicht nur bei den Fööss. (lacht) Aber das nehme ich nicht ernst. Und wenn einer mal richtig hartnäckig ist, dann entgegne ich immer: ,Ich bin 1974 geboren. Damals wollte Köln Leverkusen eingemeinden. Aber Leverkusen wollte nicht.’ Damit ist alles gesagt. Mit diesem Fakt muss das kölsche Selbstverständnis klarkommen.

Das Gespräch führte Frank Weiffen

www.blaeckfoeoess.de www.pithupperten.de   

KStA abonnieren