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FazitOrganisator der Leverkusener Jazztage ist zufrieden, muss sich aber wohl umorientieren

4 min
Das Erholungshaus als Spielstätte für die Leverkusener Jazztage steht auf dem Spiel, hier das Konzert von Götz Alsmann und Band.

Das Erholungshaus als Spielstätte für die Leverkusener Jazztage steht auf dem Spiel, hier das Konzert von Götz Alsmann und Band.

Wenn ab 2027 das Erholungshaus leer steht, wird das auch Auswirkungen auf die Jazztage haben.

Viel Zeit, einmal durchzuatmen, bleibt Fabian Stiens nicht. Als ihn der Anruf des „Leverkusener Anzeiger“ erreicht, ist er gerade dabei aufzuräumen. Denn, auch wenn die Jazztage am vergangenen Wochenende erst zu Ende gegangen sind, geht der Betrieb im Scala, dem Club, den Stiens in Opladen betreibt, weiter. „Grundsätzlich ist das Festival gut gelaufen“, sagt Fabien Stiens in seinem Fazit zu den Jazztagen.

Dass er das Adverb „sehr“ nicht nutzt, liegt nicht an den Ticketverkäufen oder der Rückmeldung des Publikums, die er bekommen habe, sondern daran, dass dieses Jahr eine handvoll Musikerinnen und Musiker krank ausgefallen sind. Fünf ausgefallene Konzerte zählt Stiens dieses Jahr, so viele habe er, der das Festival seit 2016 organisiert, noch nicht erlebt. Und bei den Ausfällen ging es nicht um Bandmusikerinnen und Bandmusiker, die man vielleicht kurzfristig noch irgendwie ersetzen könne, sondern eben um die Stars des Abends. Um Chilly Gonzales zum Beispiel, oder Dee Dee Bridgewater. Oder um Max Herre, dessen Ausfall allerdings schon vor Festivalbeginn bekannt wurde.

„Incognito“ und die „Stereo MC’s“ lieferten im Forum eine spektakuläre Show.

„Incognito“ und die „Stereo MC’s“ lieferten im Forum eine spektakuläre Show.

Das hat Stiens im Tagesgeschäfte einiges an Mehrarbeit beschert. Er musste sich um die Rückabwicklung von Karten kümmern. Und dabei stieß er nicht bei allen Zuschauerinnen und Zuschauern auf Verständnis. Einige hätten nicht geglaubt, dass die Künstlerinnen und Künstler krank seien. Stiens versucht Verständnis aufzubringen: „Klar ist das ärgerlich, wenn man lange im Voraus ein Ticket gekauft und vielleicht sogar eine Anreise organisiert hat.“ Ändern konnte er es aber nicht.

Erfreut zeigte sich Stiens über die ausgebaute Zusammenarbeit mit dem WDR, 3Sat und Arte. 35 Konzerte hätten die Sendeanstalten aufgezeichnet. Nun ist das grundsätzlich nicht neu. „Aber in den vergangenen Jahren war das eher auf dem absteigenden Ast.“ Jetzt sind es aber wieder deutlich mehr Aufzeichnungen geworden, was Stiens auf interne Änderungen bei den Sendeanstalten zurückführt.

Alune Wade war Teil der hochkarätigen Bass-Nacht.

Alune Wade war Teil der hochkarätigen Bass-Nacht.

Von der Mischung der Künstler ist der Organisator nach dem Festival überzeugt: von Pianotrios über Funk und Soul bis natürlich zu Jazz und Kollaborationen wie solche von Elvis Costello und der WDR Big Band. Das belegten auch die Kartenverkäufe, die ihn durchaus zufrieden stellen. Auch wenn es jedes Jahr Abende gebe, für die er sich mehr Publikum erhofft habe. Zum Beispiel für das Konzert von Christone „Kingfish“ Ingram. Aber ein Totalausfall sei nicht dabei gewesen.

Besonders beliebt seien die Konzerte im Erholungshaus gewesen: „Von denen waren bestimmt 90 Prozent ausverkauft.“ Till Brönner oder Götz Alsmann haben zum Beispiel dort gespielt. Stiens glaubt aber auch, dass der Saal an sich („der beste in Leverkusen“) eine Rolle spielt. Die Größe sei super, die Gegebenheiten, das Team – Stiens spart nicht mit Lob für die Spielstätte von Bayer Kultur.

Emily Otto (M.) hatte 2024 den Future-Sounds-Nachwuchswettbewerb gewonnen – als erste Leverkusenerin – und stand deshalb in diesem Jahr auf der großen Bühne.

Emily Otto (M.) hatte 2024 den Future-Sounds-Nachwuchswettbewerb gewonnen – als erste Leverkusenerin – und stand deshalb in diesem Jahr auf der großen Bühne.

Das hat natürlich einen Hintergrund. Die Bayer-Abteilung wird sich Ende des kommenden Jahres aus dem Haus zurückziehen. Bayer Kultur will seine Kulturförderung eher auf einzelne Leuchttürme, wie das Start-Festival oder die Förderung von Künstlern, ausrichten, anstatt weiter ein Konzerthaus zu betreiben. Für einen Euro wollte man es an die Stadt Leverkusen weitergeben, die lehnte aber ab, weil der weitere Betrieb angesichts der Haushaltslage zu teuer sei.

Nach Stiens muss die Stadt alles dafür tun, das Haus doch irgendwie zu übernehmen. Für ihn und die Jazztage ändert sich im kommenden Jahr noch nichts, aber ab 2027 müsste, sollte es so bleiben und das Haus ab Ende 2026 leer stehen, auch er sich dann etwas Neues überlegen. Und er ist schon dabei. Im kommenden Jahr werden wohl vier Jazztage-Konzerte in der Historischen Stadthalle Wuppertal stattfinden, eines davon wird der Auftritt von Gregory Porter sein, einem der Headliner.

Einen anderen Saal dieser Größe und mit den professionellen Gegebenheiten gibt es in Leverkusen nicht. „Das trübt das Gemüt ein bisschen“, sagt Stiens. Und auch Künstlerinnen und Künstler, die das mitbekämen, bedauerten das, sagt er. Er sei immer zu Gesprächen bereit, aber er könne nun mal nicht unbegrenzt lange warten, was sein Festival angehe. Er bleibt aber positiv gestimmt: „Ich glaube, es wird eine Lösung geben.“


Ausblick auf 2026

Neben dem Konzert von Gregory Porter in der Historischen Stadthalle Wuppertal, für das der Vorverkauf schon bald beginnt, kündigt Fabian Stiens unter anderem schon Level 42 (Erholungshaus), Jan Garbarek und die WDR Big Band an. (nip)