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Leverkusener vor LandgerichtDer Hauptbelastungszeuge traut sich nicht so recht

Lesezeit 3 Minuten
Landgericht an der Luxemburger Straße. Foto: Ralf Krieger

Das Landgericht an der Luxemburger Straße in Köln

Ein Zeuge hat ganz in Anwesenheit des Angeklagten offenbar Angst, seine Aussage noch einmal vor dem Landgericht Köln zu wiederholen.

Dass der Richter nach einer zähen Stunde der Zeugenbefragung die Verhandlung jäh unterbricht, kommt nicht oft vor. Er wendet sich zum Schluss des abgebrochenen Prozesstags dem Angeklagten Alban R. (Name geändert) zu: „Wenn wir auch nur den geringsten Nachweis bekommen, dass Sie den Zeugen beeinflussen, dann kommen Sie sofort in Haft!“

Die förmlich spürbare Angst des Belastungszeugen vor dem Angeklagten ist der Anlass für den vorzeitigen Abbruch des Prozesstages.

Angeklagter soll mit Pistole gedroht haben

Schweren Raub wirft die Staatsanwaltschaft dem angeklagten Leverkusener vor. Er soll von seinem Cousin, dem angsterfüllten Zeugen, in dessen eigener Wohnung in Bürrig unter Drohungen Geld erpresst haben, das ihm nicht zugestanden haben soll. Besonders schwerwiegend ist, dass er den Cousin nicht nur mit dem Tod bedroht haben soll – zur Verdeutlichung seiner Absichten habe er ihm eine Pistole in den Bauch gedrückt, so die Anklage.

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„Entweder Du gibst mir das Geld, oder ich ficke deine Mutter und deine Frau!“, das war die unmissverständliche Ansage an den Cousin. Der war von der Bedrohung so beeindruckt, dass er dem Angeklagten 250 Euro gegeben haben soll. Die Vorgeschichte ist einfach: Der Angeklagte, ein Chemiearbeiter, der seit 1990 im Bayerwerk arbeitet, hatte dem Cousin 1500 Euro geliehen. Weil der mit der Rückzahlung zu spät kam, forderte der Angeklagte plötzlich 2500 Euro, die auch schon nahezu beglichen waren, bis auf die besagten 250 Euro. Diesen Betrag, so die Anklage, wollte er sich durch Drohungen holen.

Die Polizei fand bei Alban R. zu Hause in der Wohnung in der Kolonie II tatsächlich eine halbautomatische scharfe Waffe, Kaliber 7,65 Millimeter. Das bringt ihm zusätzlich den Vorwurf des illegalen Waffenbesitzes ein, der mit Gefängnis bestraft werden kann.

Der Hauptbelastungszeuge war extrem unter Stress

Ob der Verdacht des Richters zutrifft, dass R. seinen Hauptbelastungszeugen bedroht hat, wird der Prozess vielleicht zeigen; Die angsterfüllte Aussage jedenfalls kann allenfalls ein Hinweis darauf sein. Bei der Polizei hatte der Geschädigte noch klare Aussagen gemacht, das zeigen die Akten, aber die Polizeiprotokolle alleine sind vor Gericht längst nicht so wertvoll, wie eine klare Aussage im Zeugenstuhl.

Um die Szene mit der Bedrohung mittels Pistole redete der Cousin immer nur herum, mehrfach wiederholte er auf geduldige Nachfragen des Richters, dass alles sich so zugetragen habe, wie es im Polizeiprotokoll stehe, nur wiederholen wollte er es nicht. Der in diesen Dingen offenbar wenig erfahrene Mann sagte, er habe nicht gewusst, dass auch der Angeklagte mit im Gerichtssaal sitzen würde.

Das aber setze ihn extrem unter Stress. In jedem zweiten Satz sagte der Zeuge offen: „Ich habe Angst!“ Der erwachsene Mann, der sich und seine Familie als Reinigungskraft durchbringen muss, weinte manchmal, während er vom Richter befragt wurde, er sagte, er müsse inzwischen sogar zum Psychiater, er traue sich kaum aus seiner Wohnung. Die Bedrohung schilderte er, nach vielen Anläufen, dann weniger stark: Der Angeklagte habe ihm die Pistole im Hosenbund vorgezeigt.

Als der Richter die in Wiesdorf beschlagnahmte Pistole aus einem Asservaten-Umschlag nahm und diese dem Geschädigten zeigte, war der aber wieder erstaunlich klar: Nein, das sei nicht die Waffe, die der Angeklagte beim Hausbesuch dabei gehabt habe. Die sei komplett schwarz gewesen. Die Waffe in der Hand des Richters hatte einen silbernen Lauf.

Der Richter brach die Befragung ab, als der Zeuge sagte: „Wir sind Albaner, sie könnten morgen kommen und mich töten.“ Der Mann bekommt jetzt einen Anwalt als Zeugenbeistand und soll nächste Woche noch einmal vernommen werden.

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