Explosion in LeverkusenWarum die nächste Verbrennungsanlage hochgefahren werden soll

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Bei der Verbrennung des Schlamms aus dem Gemeinschaftsklärwerk droht ein Entsorgungsnotstand, sagt Currenta. Der Bürriger Ofen soll deshalb bald wieder in Betrieb gehen. 

Leverkusen – Currenta drängt auf den nächsten Schritt: Auch der Klärschlamm-Ofen in Bürrig soll so schnell wie möglich wieder in Betrieb gehen. Begründet wird das mit einem absehbaren Entsorgungsnotstand bei Rückständen aus Kläranlagen: Derzeit würden täglich rund 200 Tonnen des Abfalls aus der benachbarten Anlage und von weiteren Zulieferern auf Öfen in der gesamten Republik verteilt.

Das seien mindestens acht Lastwagen am Tag; aber lange werde das nicht mehr funktionieren: „Die externen Entsorgungskapazitäten sind nahezu erschöpft“ – und geplante sowie ungeplante Stillstände bei den Abnehmern führten zu „akuten Engpässen“, heißt es in einer Ausarbeitung, die Currenta im „Begleitkreis Bürrig“ gerade vorgelegt hat. Dort wird unter der Führung des Sicherheitsexperten Christian Jochum hinter verschlossenen Türen über die Aufarbeitung der Explosion am 27. Juli gesprochen und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind.

Knapp 16.000 Kubikmeter Wasser, die bei der Explosion und  dem Großbrand am 27. Juli 2021 sowie  bei mehreren Havarien im Chempark danach angefallen sind, muss Currenta noch los werden. Das steht in einer Übersicht der Bezirksregierung  Köln, die den Betreiber der Bürriger Verbrennungsanlage für Sonderabfall kontrolliert. Knapp 10.000 Kubikmeter mit Chemikalien belastetes Wasser stammen von  der Havarie in Bürrig; weitere 500 Kubikmeter sind nach Angaben der Behörde bei der späteren Reinigung an der Anlage angefallen.  Weitere knapp 4500 Kubikmeter lagern im Abwasser-Auffangsystem des Chempark. (tk)

Auch die Klärschlamm-Verbrennung – das ist Block 3 der Anlage – musste nach dem Feuer abgeschaltet werden. Dabei ist sie für die Chemparks in Leverkusen und Dormagen von eminenter Bedeutung: Pro Jahr werden dort nach Currenta-Angaben 62.000 Tonnen Schlamm verbrannt, die aus den chemischen und Haushaltsabwässern des benachbarten Gemeinschaftsklärwerks mit dem Wupperverband stammen. Weitere 10.700 Tonnen kämen aus dem Chempark Dormagen und der dortigen Kläranlage. Blieben 2700 Tonnen Klär- und Industrieschlämme, die externe Anlieferer nach Bürrig bringen ließen. Damit ist die Anlage, die neben den Drehrohr-Öfen für Chemie-Abfälle steht, allerdings nicht ausgelastet. Ihre Kapazität beträgt 120.000 Tonnen im Jahr.

Checks wie beim Sondermüllofen

Vor einer Inbetriebnahme soll die Klärschlamm-Verbrennung nach demselben Muster unter die Lupe genommen werden, wie das bei den havarierten Öfen für chemische Sonderabfälle geschieht: Sicherheitsmanagement, Anlieferung und Annahme des Klärschlamms werden demnach ebenso geprüft wie die Technik – das macht der Tüv, der gemeinsam mit dem Jochum-Team zudem den Sicherheitsbericht checken und überarbeiten soll.

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Auch eine Frage, die nach Explosion und Großbrand ganz Bürrig beschäftigt, soll untersucht werden: Ist die Anlage nach heutigen Regeln nicht viel zu nah an den Wohnhäusern? In dieser Frage gibt es noch immer keine klare Antwort, ein Gutachten ist in Arbeit. Aber mit Blick auf den Abstands-Leitfaden der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesumweltministerium sagt Experte Christian Jochum jetzt schon: „Nach den Kriterien des Leitfadens geht von der Sonderabfall-Verbrennungsanlage Bürrig keine ernste Gefahr für benachbarte Schutzobjekte aus.“

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