Prozess gegen Leverkusener Clan-ChefAlles Gold oder doch bloß Messing?

Lesezeit 3 Minuten
leverkusen-goman-razzia_ALF_9358

Das Familiendomizil in der von-Ketteler-Straße

  • Die Razzia in Bürrig brachte der Polizei viele Hinweise.
  • Nach dem Einsatz im März vorigen Jahres wanderte Michael G. ins Gefängnis.
  • Der zweite große Prozess gegen den Clan-Chef geht auf die Zielgerade.

Leverkusen – Die sprichwörtlichen goldenen Wasserhähne gibt es natürlich. Ebensolche Türgriffe an den Schränken in der Küche, und an vielen Stellen prangen die Initialen „MG“ in der nach außen durch eine hohe Mauer abgeschirmten Wohnung in der Von-Ketteler-Straße in Bürrig. Dort, wo Michael G. zwar nicht gemeldet ist, aber schon seit Jahren mit Frau und Kindern wohnt. Auch das hat die Kriminalpolizei bei ihrer Razzia im März 2018 klar festgestellt.

Fraglich ist allerdings, ob die Knäufe der Küchenschränke und die Wasserhähne im Bad tatsächlich vergoldet sind, wie die Ermittler annehmen. Oder ob alles bloß Messing ist, wie der Hauptangeklagte mitteilen ließ. Wie auch immer: Am Mittwoch ging es auf der Zielgeraden im Prozess wegen Betrugs und Geldwäsche im ganz großen Stil gegen den Clan-Chef noch einmal um sein Familiendomizil.

Initialen in Schnörkelschrift

Die Kommissarin, die den Einsatz vor reichlich eineinhalb Jahren geleitet hatte, erinnerte sich an ein paar auffällige Details in der überwiegend in glänzendem Weiß gehaltenen, rund 200 Quadratmeter großen Wohnung, die früher mal ein Schlecker-Markt gewesen war und sich über das Erdgeschoss und den Keller erstreckt. Dort unten fotografierten die Polizisten zum Beispiel einen aufwendigen Portikus über der Dusche, gleich neben der großen Sauna, die der Clan-Chef so gerne benutzte. Auf dem Zierportal prangen in Schnörkelschrift die Initialen von Michael G.

Die Durchsuchung, in deren Verlauf ein paar Porsches und ein Rolls-Royce beschlagnahmt, von Schwientek abtransportiert und auf Geheiß der Staatsanwaltschaft in einer geschlossenen Halle abgestellt wurden, war auch der bisher letzte Tag, den Michael G. in Freiheit zubrachte. Und nichts deutet darauf hin, dass der Clan-Chef das Gefängnis in absehbarer Zeit verlassen wird: Der derzeit laufende Prozess ist ja schon der zweite, der ihm gemacht wird. Dass es der letzte ist, dafür spricht nicht viel.

Badewanne in Herzform, Brillant im Gefrierbeutel

Zurück zur Razzia im März 2018. In der Wohnung, die „Don Mikel“ offiziell nur von seinem innigen Geschäftsfreund A. angemietet hatte, bot sich den Polizisten neben einem protzigen Interieur, zu dem eine herzförmige Badewanne gehörte, auch allerhand belastendes Material in Sachen Geldwäsche.

Die vielen 50-Euro-Scheine, die in einem Blouson steckten sowie in einer Zier-Ananas aus Porzellan, waren jedoch längst nicht alles. Auch der Brillant, aufbewahrt in einem schnöden Gefrierbeutel, gab den Polizisten eher einen Einblick in die Lebensverhältnisse einer Familie, die sich über Jahre dem Sozialamt gegenüber als arm ausgegeben und deren Oberhaupt Michael G. zwei Mal an Eides statt versichert hatte, mittellos zu sein. Allein zwischen 2011 und 2017 flossen daher 104 892 Euro an staatlichen Hilfen, hat die Kripo ausgerechnet.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bei der Razzia fielen den Polizisten aber auch einige wichtige Dokumente in die Hände: ein Mietvertrag nebst Dauerauftrag, den die Frau von Michael G. unterzeichnet hatte, sicherlich, um die Sozialbehörde zu täuschen. Auf der Rückseite eines Bildes tauchte eine Aufstellung jener Beträge auf, die zwischen dem Clan-Chef und André L. (Name geändert) geflossen sind. Am Ende hatte der Mann aus Frechen deutlich das Nachsehen: 944 000 Euro hatte Michael G. ihm in kurzer Zeit abgenommen.

Vor knapp vier Monaten, mitten im laufenden Prozess, zahlte der Clan-Chef 100 000 Euro zurück, als „Schmerzensgeld“, wie er sagte. Ob ihm das unterm Strich sehr helfen wird, ist allerdings fraglich.

KStA abonnieren