Prozess um Raubüberfall in RheindorfAuch das Opfer langte schon mal kräftig hin

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Am S-Bahnhof Rheindorf wurde ein Afrikaner von drei Männern überfallen und ausgeraubt.

  • Was geschah wirklich am Rheindorfer S-Bahnhof?
  • Die Angeklagten schweigen, das Opfer verwickelt sich in Widersprüche.
  • Am zweiten Prozesstag macht sich das Gericht ein genaues Bild des Opfers.

Leverkusen – Der Mann kann eigentlich nicht so malträtiert worden sein wie er es beschreibt. Jedenfalls geben die Erkenntnisse des medizinischen Gutachters das nicht her. Fallou M. (Name geändert) war laut Anklage in Rheindorf zusammengeschlagen und, so nennt er es, „aufgeschlitzt“ worden von einem losen Bekannten und dessen Helfern. Gegen sie wird seit Freitag vor dem Kölner Landgericht verhandelt.

Wobei die Aufarbeitung des Raubüberfalls am S-Bahnhof nicht nur dadurch verkompliziert wird, dass er über fünfeinhalb Jahre her ist. Sondern auch, weil das Opfer Fallou M. am ersten Prozesstag einige Dinge gesagt hat, die nicht zueinanderpassen.

Paranoide Schizophrenie diagnostiziert

Warum das so ist, wurde am Montag deutlicher: Das Opfer leidet unter paranoider Schizophrenie, bekommt alle drei Monate eine Spritze – aber sein Zustand wird trotzdem immer schlechter. Sagen die Betreuer, die den Schwarzafrikaner in den vergangenen Jahren unter ihren Fittichen hatten. „Es war immer sehr schwierig mit ihm“, erklärte der Mann, der M. zur Tatzeit betreute. Der Mann habe nicht eingesehen, dass er schwer krank ist. Entsprechend seien Therapieversuche ins Leere gelaufen.

Insgesamt sei der Afrikaner „eher antriebslos“ gewesen. Zwischendurch lebte er auf der Straße, weil er Probleme mit seinen Vermietern hatte.

Ein ziemlich volles Bewährungsheft

Aggressiv konnte er auch werden. Dazu steht einiges im Bewährungsheft, das am Montag Gegenstand des Prozesses wurde. Mehrmals war der Mann, der seit 2001 in Deutschland ist, mit der Polizei zusammengestoßen – und das ging auch für die Beamten nicht immer gut aus. Tritte, Kopfstöße – so etwas gehörte zum Repertoire.

Im Deutzer Bahnhof hatte er laut Akten zudem einem Passanten schwer zugesetzt: Fallou M. soll ihn gebeten haben, mit dem Handy eine Telefonat zu erledigen. Der Mann willigte ein, blieb aber vorsichtig: Er stellte sich vor den Afrikaner, der allerdings das Handy trotzdem einsteckte. Als der Besitzer versuchte, sich sein Eigentum aus der Jackentasche von Fallou M. zu angeln, fing er sich einen Kopfstoß ein, bei dem seine Augenhöhle brach.

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Damit nicht genug: Der Mann, ein Sozialarbeiter, der sich sonst um Opfer rechter Gewalt kümmert, hat laut Gerichtsakten durch den Vorfall auch seelisch etwas abbekommen.

Als haftunfähig eingestuft

Irgendwann musste Fallou M. dann auch ins Gefängnis. Dort blieb er aber nicht lange: Alsbald wurde er als „haftunfähig“ eingestuft, weil er „seine Fäkalien nicht kontrollierte“, steht im Bewährungsheft. Seit dem Rheindorfer Überfall ist es mit dem Mann offenbar immer weiter bergab gegangen. Sein letzter Betreuer stellte seine Bemühungen schließlich ein. „Meiner Meinung nach muss der in die Klinik“, lautete sein zusammenfassendes Urteil.

Warum die 10. Große Strafkammer sich ein so detailliertes Bild des Opfers machen muss? Seine Schilderung der Tat im November 2013 ist im Moment die einzige Quelle. Die beiden Angeklagten, die zur Tatzeit in Rheindorf lebten, sagen nichts zu dem Raubüberfall, bei dem sie laut Anklage 70 Euro und zwei Handys erbeuteten. Wie schwer sie ihr Opfer wirklich misshandelt haben ist unklar.

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