Rundgang durch Leverkusener Wohngebiet„Die Stadt der Zukunft trägt grüne Dächer“

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Landschaftsarchitektin Yvonne Göckemeyer war an der Begrünung des Wohnquartiers beteiligt.

Leverkusen – Die Stadt der Zukunft trägt grüne Dächer, davon ist Landschaftsarchitektin Yvonne Göckemeyer überzeugt. Diese wirkten als Regenwasserspeicher, die 70 Prozent des Regens zurückhalten können und so vor Flutkatastrophen schützen. Seien gut für das Mikroklima, filterten die Luft, würden Feinstaub binden und Sauerstoff produzieren. Trügen dazu bei, die Artenvielfalt in der Stadt aufrecht zu halten oder zurückzubringen. Und isolierten nebenbei unseren Wohnraum gegen Lärm, Kälte und Hitze. Wie das funktionieren kann, zeigte Göckemeyer bei einem Rundgang durch das neue Wohnquartier rund um den Marktplatz in Lützenkirchen, an dessen Begrünung sie beteiligt war.

Göckemeyer: „Flachdächer werden begrünt“

Landschaftsarchitektin Göckemeyer sagt, eines sei für sie gesetzt: „Flachdächer werden begrünt und das Regenwasser bleibt auf dem Grundstück.“ So auch rund um den Marktplatz. „Wachgeküsst“ habe sie dieses, so empfinde sie zumindest selbst die aufwendige Umnutzung dieses Areals, und „vom »Unort« zum attraktiven Ortsmittelpunkt gemacht.“ Im Jahr 2009 begannen hierfür die Planungsarbeiten.

Die Tennis- und Squashhallen sind Geschichte, ebenso der alte Marktplatz. Stattdessen thront hier am Hang nun eine Wohnanlage, die einen zentralen Platz umarmt, der jetzt bereits von der Lützenkirchener Straße zu sehen ist. „Wachgeküsst“ fühlt sich dieser Ort, umzingelt von grauen Häuserblöcken, nicht unbedingt an. Immerhin haben auf der Kopfseite eine Tagespflegeeinrichtung und betreute Wohngemeinschaften Platz gefunden. Dazu kommen kleine Spielplätze und Kletterangebote.

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Landschaftsarchitektin Yvonne Göckemeyer

Nett – aber auf den ersten Blick nichts Besonderes. Dass sich unter den Grünflächen hier ein ausgeklügeltes Regenwassermanagementsystem verbirgt und kein Pflasterstein dem Zufall überlassen wurde, fällt dem Unwissenden nicht auf.

Auch am Wupperbogen in Leichlingen beteiligt

Doch Göckemeyer behauptet: „Was für andere wie ein Pilotprojekt aussieht, ist für mich heutzutage Standard.“ Mit diesem Standard habe Göckemeyer unter anderem bereits den „Wupperbogen“ in Leichlingen umgesetzt. Auf allen Gebäudedächern finden sich unter dem Lavastein-Substrat der kleinen Pflanzen sogenannte Dränelemente, die wie ein Irrgarten für das Regenwasser zu einer 15-minütigen Fließwegverlängerung sorgen.

Damit gelangt das Restwasser, das nicht durch Pflanzen und Substrat gespeichert wird, erst eine ganze Weile später in die Versickerung. Im Mittel nur 30 Prozent des Regenfalls versickerten überhaupt durch das, der Großteil werde also direkt auf dem Dach gebunden. Das Substrat leistet die meiste Arbeit, die Vegetationsmatten und Sprossensaat unterstützen nur, wobei die Blätter der Sukkulenten wie kleine Wassertanks fungieren. Der Schlüssel sei also das Zusammenspiel aller Maßnahmen.

An zwei Stellen öffnet sich der Blick vom Marktplatz zwischen den Gebäuden zur Natur des kleinen Waldes rund um den Wiembach. Diese Durchgänge fungieren auch als eine Art Notablauf für Extremregen. Besonders von Überflutung gefährdet sei das hoch liegende Areal ohnehin nicht. Für den Fall der Fälle sind aber standardmäßig auch in die Dächer Notüberläufe integriert.

Jedes Haus hat einen eigenen Baum

Jedes Haus habe einen Zierapfel als „Hausbaum“ bekommen und jeder Gebäudeblock hat zwei verschiedene Blütenfarben. „Nun muss nur noch alles gut wachsen, um die Wohlfühlatmosphäre zu perfektionieren“, so die Landschaftsarchitektin. Denn so grün ist es hier noch gar nicht – vor allem auf den Dächern nicht. Und auf dem Boden wohl schon nicht mehr, denn zahlreiche Hainbuchenhecken, welche die Gärten abgrenzen, haben den heißen Sommer ohne Pflege nicht überlebt.

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Nur 30 Prozent des Regenwassers versickern über das Fallrohr.

Dazu komme, dass die Stadt der Pflanzung von Großbäumen nicht zugestimmt habe. „So müssen die neu gesetzten Bäume erst die Masse entwickeln, die als Gegenpart zu den Baukörpern sinnvoll ist“, heißt es im Objektbericht. Von Gärtnern gepflegt werden müsse die Anlage übrigens tatsächlich nicht mehr als zweimal im Jahr.

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