Synlab LeverkusenJeder zehnte positive Corona-Test hat die UK-Variante

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Ute Osmers zeigt eine beunruhigende Kurve: Es ist der Nachweis der britischen Virusvariante in positiven Proben.

Ute Osmers zeigt eine beunruhigende Kurve: Es ist der Nachweis der britischen Virusvariante in positiven Proben.

  • Das Labor Synlab analysiert Proben aus Leverkusen auf Corona und nun auch auf die britische Mutation.
  • Wie läuft eine Analyse ab? Und wie verbreitet ist die Variante B.1.1.7 mittlerweile bei uns?
  • Alle wichtigen Infos und Zahlen gibt es auch immer in unserem Corona-Blog.

Leverkusen – Ist es Corona oder nur eine Erkältung? Seit genau einem Jahr beschäftigt sich die Nation mit dieser Frage – und mit ihr das Medizinische Versorgungszentrum Synlab in Leverkusen, das für 500 niedergelassene Ärzte und 70 Kliniken in der Umgebung Corona-Tests analysiert. Seit Kurzem ist die Frage komplizierter geworden: Wenn es Corona ist – ist es die bereits bekannte Corona-Variante? Oder eine andere? Seit Freitag testet das Labor alle positiven Tests erneut auf die bereits bekannten Varianten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien.

30 aus 300

Die ersten Ergebnisse sind erschreckend: „Wir haben in den ersten 300 positiven Tests 30 Mal die UK-Variante gefunden“, sagt Dr. Hassan Jomaa, ärztlicher Leiter der Synlab Region West. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm ist.“ Heißt: Die nachgewiesenermaßen ansteckendere britische Variante ist längst in der Region angekommen. „Deswegen bin ich sehr dankbar für die Bremse durch den Lockdown, auch wenn ich weiß, wie schwierig das für sehr viele Menschen ist.“

Eingesendete Proben werden zunächst im Computer registriert.

Eingesendete Proben werden zunächst im Computer registriert.

Sobald die Maßnahmen gelockert werden, befürchtet Jomaa einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen. Und baut deswegen schon jetzt die Laborkapazitäten deutlich aus. Ohnehin ist die PCR-Abteilung des Synlab überhaupt nicht mehr mit dem zu vergleichen, was es vor Corona war. „Damals hatten wir hier sieben Mitarbeiter, jetzt sind es bis zu 80“, sagt Jomaa. Aktuell werden in dem Labor auf dem Gelände des Klinikums rund 5000 Proben am Tag ausgewertet, in den Hochzeiten im Herbst waren es schon einmal bis zu 10 000. Künftig sollen bis zu 20 000 möglich sein. Neben dem Personal hat Synlab natürlich auch technisch massiv aufgerüstet. Dabei hat auch der Bayer-Konzern geholfen, der aus seiner Forschungsabteilung Werkbänke zur Probenverarbeitung und PCR-Geräte bereitgestellt hat.

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Zunächst für zwei Wochen hat Synlab sich bereiterklärt, ohne zusätzliche Kosten alle positiven Proben auf die Mutationsvarianten zu testen. „Wir unterstützen die Gesundheitsämter der Region dabei, ein genaues Bild von der Lage zu bekommen“, sagt Jomaa. Das Leverkusener Gesundheitsamt hat auch bereits angemeldet, dass ihm diese Daten wichtig sind, hier müsse dann über eine weitere Finanzierung verhandelt werden.

Auswertung einer Testpallette: Positive Proben erscheinen in Rot.

Auswertung einer Testpallette: Positive Proben erscheinen in Rot.

Denn der Mehraufwand ist groß, wie Ute Osmers, wissenschaftliche Mitarbeiterin der PCR-Abteilung, bei einem Rundgang durch die Labore zeigt. In einem ersten Raum kommen die Proben an und werden sortiert nach normaler Bearbeitung, beschleunigtem Verfahren und Notfällen, die immer Vorrang erhalten. Dabei handelt es sich vor allem um Proben aus Kliniken, die wissen müssen, ob stationär aufgenommene Patienten SARS-CoV-2-positiv sind. „Bis das Ergebnis da ist, müssen die Patienten isoliert werden. Indem wir schnelle Befunde liefern, können die Isolierstationen entlastet werden“, sagt Jomaa.

Mit Pipette und Rüttler

Die Probe wird zunächst erfasst und einer festen Position in einer Testplatte zugeordnet, damit sie immer zweifelsfrei dem richtigen Patienten zugeordnet werden kann. Von dort geht es an eine Sicherheitswerkbank, wo die Probe auf einem Rüttler durchmischt wird, sodass ihr möglichst viele Zellen für die Analyse entnommen werden. Aktuell wird zudem ein Pipetierrobotter installiert, der diesen Schritt automatisieren kann.

Medizinische Versorgungszentrum Synlab

Synlab sitzt in Leverkusen auf dem Gelände des Schlebuscher Klinikums an der Paracelsusstraße, ist aber ein eigenständiges Unternehmen.

Anfang 2010 übernahm Synlab mit Hauptsitz in Augsburg die MVZ-Leverkusen Gruppe mit damals 1000 Mitarbeitern in der Region und 80 Millionen Euro Jahresumsatz. Der Umstrukturierung fielen in der Folge 75 von 320 Arbeitsplätzen in Leverkusen zum Opfer, was für Kritik gesorgt hatte. Heute arbeiten rund 400 Mitarbeiter bei Synlab in Leverkusen. (stes)

„In der Flüssigkeit ist das Virus nicht mehr übertragbar, da brauchen unsere Mitarbeiter keine Angst vor einer Infektion haben“, sagt Osmers. Im nächsten Raum wird das Virus-Genom durch ein magnetisches Verfahren soweit von anderen Rückständen wie etwa Schleim getrennt, bis nur noch die für die Analyse wichtigen Zellmoleküle (RNA) vorliegen. Bis hierhin ist nichts Corona-spezifisches passiert, etwa Influenzaviren werden im gleichen Verfahren nachgewiesen, erläutert Osmers.

Grüne und rote Punkte

Nun aber kommen die Proben in einen sogenannten PCR-Cycler – und dann wird es spannend. Nach etwa einer Stunde Laufzeit wird auf einem Monitor die untersuchte Palette in grünen und roten Punkten angezeigt: Grün für negativ, und rot für positiv.

Die Mutationsanalyse beginnt an dieser Stelle erst: Die Virus-Genome aller positiven Proben werden erneut von Rückständen befreit und anschließend in den PCR-Cycler gegeben, der Bildschirm zeigt nun grüne und rote Kurven an: Rot für Mutation. Diese kommen ein drittes Mal in das Gerät – dann steht Rot für die britische Variante, grün kann nun entweder die Variante aus Südafrika oder Brasilien sein. Ab kommender Woche soll ein vierter Durchlauf auch das noch aufschlüsseln, beide sind im Leverkusener Synlab aber bislang noch nicht nachgewiesen worden.

Patient bekommt Ergebnis mitgeteilt

Das Ergebnis des einfachen PCR-Test liegt in der Regel in unter 24 Stunden vor, für die Mutationsanalyse braucht das Labor weitere 24 Stunden. Wenn eine Mutation gefunden wird, wird das auch dem Patienten mitgeteilt. „Was wir erheben, müssen wir auch mitteilen“, sagt Jomaa. Auch wenn dieser nicht viel damit anfangen kann – für die Pandemiebekämpfung sind die in Leverkusen erhobenen Daten von enormer Bedeutung.

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