Zwergohreule in LeverkusenWenn nächtliche Einsamkeit vielen den Schlaf raubt

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Die winzige Zwergohreule ist hierzulande selten.

Die winzige Zwergohreule ist hierzulande selten.

  • Viele Menschen in Rheindorf waren in den vergangenen Tagen um den Schlaf gebracht.
  • Ein Geräusch nervte mächtig, war aber nicht zu bestimmen.
  • Bis man herausfand, dass die hierzulande seltene Zwergohreule Urheberin ist.
  • Das Tier wurde auch kurz gesichtet.

Leverkusen – Ein tropfender Wasserhahn in der Nacht, der sich nicht zudrehen lässt, kann einen zum Wahnsinn treiben. Auch wenn das Geräusch noch so leise ist: Penetranz und Regelmäßigkeit können unerträglich werden.

Ähnlich müssen sich Anwohner in Rheindorf in der Gegend Deichtorstraße gefühlt haben. Das Geräusch nervte seit knapp drei Wochen: Ping, zwei Sekunden Pause, Ping, zwei Sekunden Pause, Ping, etc.. Zuverlässig ab Ende der Dämmerung bis etwa vier Uhr nachts. Nach zwei Wochen quälender Schlaflosigkeit wurde es einer Gruppe Nachbarn zu bunt; man rief die Polizei. Weil wegen der rhythmischen Art des Pings eine maschinelle oder industrielle Quelle vermutet wurde.

Niemand konnte Geräusche zunächst bestimmen

Möglicherweise, so ein Anwohner der Straße An der Bergerweide, stecke eine elektronische Marderscheuche oder ein Pieper zum Maulwürfevergrämen dahinter, oder das Warn-Piepen eines anderen Geräts, eine seltene Art von Rauchmelder, dessen Akku leer wird? Womöglich in der Gesamtschule, in der Nachts niemand ist?

Auch eine Maschine auf der nahen Deponie wurde als Quelle in Betracht gezogen. „Absolut nervtötend“, so der Anwohner, „und es ist kaum zu bestimmen, woher das denn kommt.“ Die Polizei hörte das Piepen zwar, nur woher es kam und was es war, wusste sie auch nicht.

Klein wie eine Amsel

Störender Lärm ist ein Fall fürs städtische Umweltamt. Die Fachleute setzten eine nächtliche Untersuchung an und ermittelten: Eine Eule war's. Und zwar eine sehr seltene, die eigentlich in Südeuropa lebt, die Zwergohreule. So klein wie eine Amsel, sie sitzt direkt in einem Baum an der verkehrsreichen Wupperstraße.

Vom nervigen Ärgernis mutierte das nächtliche Ping zur kleinen Sensation. Unter Ornithologen sprechen sich Neuigkeiten schnellstens herum. Bisher erschienen in Rheindorf: Eine Gruppe Vogelkundler aus dem Rhein-Erft-Kreis, eine aus dem Ruhrgebiet. Aus Wesel war ein Fachmann angereist. Und Leverkusener, dabei Hans-Martin Kochanek samt Fotoapparat und Teleobjektiv. Kochanek: „Ich hab das Vögelchen gesehen, wie es von Baum zu Baum geflogen ist aber nicht fotografieren können: die sind zu gut getarnt. Es war unmöglich.“

Anwohner freuen sich nun über Eule

Er erklärt: Beim Rufen drehe das Tier ständig den Kopf und gebe jeden Piep in eine andere Richtung ab. Mehrere Anwohner, sagt der Leiter des Naturgut Ophoven, hätten sich sehr gefreut, jetzt, wo klar sei, woher das Piepen kommt.

Zwergohreulen sind hier wirklich selten, aber sie ziehen wahrscheinlich wegen des Klimawandels immer weiter nach Norden, sagt Kochanek. Seit 2002 wurden die kleinen Eulen nur 29 Mal in ganz Deutschland gemeldet. 2018 war eine in Köln-Stammheim zu Gast, sehr nah an Rheindorf, wo unsere Eule den Sommer 2019 absitzt, sich den Kopf selbst verdreht und die einsamen Nächte mit Rufen vertreibt. Dieses Jahr gibt es nur eine zweite Sichtung – oder besser Hörung – in Uelzen in der Lüneburger Heide – es ist unwahrscheinlich, dass sich die beiden noch finden.

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