Corona bedingtAusstellung zum 90. Geburtstag von Horst Janzen abgesagt

Lesezeit 4 Minuten
Janzen_mit_Pfeife_und_Blick_in_die_Kamera

Horst Janzen

Bergneustadt – „Eigentlich“ ist ein Corona-Wort. Eigentlich sollte dies ein Bericht werden über eine Ausstellung zu Ehren des 1987 verstorbenen Bergneustädter Künstlers Horst Janzen. Eigentlich sollten Besucher jetzt anlässlich seines 90. Geburtstages an drei Ausstellungsorten (im Heimatmuseum, im Rathaus und im früheren Wohnhaus der Familie) mehr als 70 Werke aus dem umfangreichen Nachlass betrachten – wäre sie wegen der Pandemie nicht auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Aber das Virus ist kein Hindernis, sich an den ungewöhnlichen Künstler zu erinnern, dessen Werk Fachleute aus der Kunstszene zwischen Ernst Ludwig Kirchner, Picasso und dem Surrealismus einordnen.

Wer hätte ihn als Zeitzeuge hautnäher erlebt als seine drei Kinder?„Mein Vater war ein malwütiger, ein bisschen verrückter Multikünstler, der malte, zeichnete, sich von Materialien wie Eisen oder Ton inspirieren ließ und der in kein Raster passt“, so beschreibt ihn der älteste Sohn Thomas. Janzen sei einer gewesen, der sich Haare und Bart wachsen ließ, „von morgens bis abends rauchte“ und neben dem Broterwerb als Dekorateur jede freie Minute in seinem Atelier verbrachte.

Janzen_Landschaft2

Ein Werk von Horst Janzen

„Einerseits bewunderte ich ihn, weil bei uns ständig Künstler wie Eugen Daub aus- und eingingen, er war ja auch Gründungsmitglied der Oberbergischen Künstlervereinigung“, sagt Thomas Janzen. „Andererseits war es für mich als ältester Sohn auch nicht immer so einfach.“ Lebhaft erinnert er sich an eine „Malmaschine“, die sein Vater aus einer alten Waschmaschine baute und damit in den 1970ern mitten im Bergneustädter Zentrum ein Happening betrieb. Und an mit farbigem Wasser gefüllte Schläuche im Garten rund ums Haus, an blau gefärbtes Brot und an eine große Plastik aus alten Autoteilen als Auftragsarbeit für eine Bergneustädter Lackiererei. Peinlich, wenn man 15, 16 Jahre alt ist. So erlebte es auch Janzens Tochter Christina von Burkersroda, die später Grafik studierte. „Der Vater meiner besten Freundin war Zahnarzt, so einen Vater hätte ich mir manchmal auch gewünscht.“ Dann wieder sah sie ihn voller Stolz bei der Eröffnung einer großen Ausstellung.

Der jüngste Sohn Jan hatte kein Problem mit dem Künstlerhaushalt: „Unser Haus war voller Bilder, das war für mich völlig normal. Seltsam erschien mir dagegen der Elchkopf überm Sofa im Haus eines Mitschülers.“ In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Horst Janzen als Kunstlehrer an der Bergneustädter Realschule. „Viele Jugendliche begeisterte sein großes Selbstbewusstsein“, berichtet Thomas Janzen, der heute ein Fotoatelier betreibt. Mancher Bergneustädter erinnert sich noch an die großen Gipsplastiken, die Janzen mit seinen Schülern schuf und überall aufstellte.

Kunst auf der Brust

Ein weißes  T-Shirt bedruckt mit einem echten „Horstjanzen“, etwa von der Wiedenester Kirche? Mit einer  Ansicht der Altstadt? Einem Blick in die Talstraße? Mode für Bergneustädter und Bergneustädterinnen, die  ebenso heimat- , kunst- wie modebewusst sind, machen  drei kreative  junge Männer. Alle sind Enkel des Künstlers Horst Janzen. Luca (28), Fritz (27) und Oskar (23) von Burkersroda entdeckten nach dem Tod ihrer Großmutter vor einem Jahr im Keller von deren letztem Wohnhaus in Münster  nicht nur zahlreiche Werke ihres Großvaters, den sie selbst nie kennengelernt haben, sondern auch dessen Siebdruckmaschine – der künstlerische  Grundstock für ihr eigenes Modelabel „trib“. (ms) www.weartrib.de

Horst Janzen war nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit seiner Mutter aus Ostpreußen geflüchtet, lebte dann in Dänemark und auf Amrum, wo erste Zeichnungen, Öl- und Temperabilder entstanden, studierte in Kiel und gehörte zur Gruppe Oberhausener Künstler. Auf einer Hochzeitsfeier in Brelöh lernte er seine spätere Frau Edith Faulenbach kennen. Mit ihrem Geschäft für Künstlerbedarf, Dekoartikel, Geschenke, später vor allem für Mode war sie auch wirtschaftlich „das Rückgrat der Familie“, weiß Thomas Janzen. „Geld war für ihn nicht wichtig. Wenn das Auto kaputt war, klemmte mein Vater ein Bild unter den Arm und tauschte es gegen einen Gebrauchtwagen ein“, erinnert sich Tochter Christina. Tatsächlich hätten viele Oberberger einen „Horstjanzen“ (wie der Künstler seine Arbeiten in einem Zug signierte) zu Hause, stellte der jüngste Sohn Jan fest, als er sich mit seinen Geschwistern daran machte, den Nachlass von rund 1000 Gemälden und 1000 Zeichnungen zu katalogisieren.

Ein Jahr lang bereitete der 54-jährige, der in Brüssel in der EU-Verwaltung beschäftigt ist, die Ausstellung für Bergneustadt vor. Er lernte, Passepartouts zu schneiden und Rahmen zu bauen. Die Arbeit war eine intensive Auseinandersetzung mit dem zeitlebens von Krankheit gezeichneten Vater, seinem Werk und seinem frühen Tod mit nur 48 Jahren. „Ich merke erst jetzt, wie besonders er war, ich möchte sein Werk vor dem Verstauben und Vergessen bewahren und den Menschen zeigen, was für ein großartiger Künstler er war.“

KStA abonnieren