Lockdown-Studium in GummersbachLino Schlass weiß, wie man sich organisiert

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Lino Schlass organisiert sich sein Studium im Heimbüro jeden Tag selbst. Die sozialen Kontakte fehlen ihm.

Lino Schlass organisiert sich sein Studium im Heimbüro jeden Tag selbst. Die sozialen Kontakte fehlen ihm.

Gummersbach – „Normalerweise sehe ich es in den Augen der Studierenden, ob sie etwas nicht verstanden haben. Das fällt jetzt komplett weg – der direkte Austausch fehlt“, sagt Professor Dr. Denis Anders, Dozent für technische Mechanik und Strömungslehre am Gummersbacher Campus der Technischen Hochschule Köln.

Zu Beginn des Wintersemesters hatte Dekan Professor Dr. Christian Kohls seine Studierenden wegen des Lockdowns – wie schon im vergangenen Semester – ins Home-Office geschickt, persönliche Kontakte wurden auf ein Minimum reduziert. Und auch für das kommende Sommersemester werden alle Veranstaltungen zunächst im digitalen Format geplant, um Planungssicherheit für die Studierenden zu haben, sagt Manfred Stern, Sprecher am Campus Gummersbach. „Im Laufe des Semesters kommen einzelne Veranstaltungen in Kleingruppen dazu, wenn es die Corona-Lage zulässt“, sagt er und betont: „Wir fahren ja auch auf Sicht.“

Im Lockdown sogar effektiver

Im Wintersemester fanden alle Veranstaltungen virtuell statt: „Uns war wichtig, die Studierenden vor dem Konflikt zu schützen, selbst zu entscheiden, ob sie auf den Campus kommen oder nicht“, sagt Kohls. „Ein sichtbarer Unterschied ist, dass die normale Struktur fehlt und die Studierenden noch mehr Selbstorganisation leisten müssen“, hat der Dekan bemerkt.

Auch für Lino Schlass war das anfangs ein Problem, bis er die richtige Struktur für seinen Alltag gefunden hatte. Danach gestaltete sich sein Studium sogar effektiver. Der 22-Jährige studiert in Gummersbach „Allgemeinen Maschinenbau“ mit Vertiefung in Konstruktion. „Auf einem Whiteboard schreibe ich mir Tag für Tag einen Stundenplan für einen normalen Arbeitstag von sieben bis acht Stunden. So arbeite ich jeden Tag kontinuierlich ein bis anderthalb Stunden an jedem Modul“, erklärt Schlass. Dass er dazu angehalten ist, mehr für die Hochschule zu arbeiten und zu lernen, sieht er positiv, auch wenn viel Zeit in das Selbststudium fließe.

Wie die Lehrinhalte digital vermittelt werden, entscheiden die Dozenten. Prof. Dr. Denis Anders produziert Lernvideos und diskutiert die Inhalte in den Vorlesungen über Zoom mit den Studierenden. Interaktive Sequenzen mit Fragen und Antworten ersetzen die sonst praxisorientierte Lehre. Eine gute Alternative, findet Lino Schlass. Die Konzepte seiner Dozenten probiert er selbst als Tutor aus. Noch effektiver sei das Konzept, Vorlesungen samt der Rückmeldungen der Studierenden aufzunehmen und hochzuladen.

„Wie sollten wir die Studierenden sonst überprüfen?“

Klausuren finden ebenso digital statt, um Täuschungen vorzubeugen als Open-Book-Klausuren. „Wie sollten wir die Studierenden sonst überprüfen?“, fragt Prof. Dr. Anders, Prüfungsausschussvorsitzender für die Bachelorstudiengänge seiner Fakultät. „Die Studierenden dürfen ihre Lernmaterialien während der Klausur benutzen, dafür sind die Aufgaben jedoch anspruchsvoller.“

Was Lino Schlass besonders vermisst, ist die sportliche Betätigung. Vor der Corona-Pandemie ging der gebürtige Koblenzer in Bergneustadt Boxen, nun fährt er auf der Suche nach einem Ausgleich Fahrrad oder geht mit Freunden Joggen. Besonders aber der fehlende soziale Kontakt trifft ihn. „Am Wochenende bin ich öfter bei meiner Familie in Koblenz und in der Woche bunkere ich mich für die Uni in meiner Studentenwohnung ein.“

Ohne die WG wäre es einsam

Diese Erfahrung teilt auch Jan-Paul Götze. Der gebürtig aus Lindlar-Scheel stammende Student begann im November 2020 sein Wirtschaftsjournalismus-Studium an der TU Dortmund und ist froh, dort in eine WG gezogen zu sein. „Es wären sonst sehr einsame erste Wochen gewesen“, sagt der 20-Jährige. Von den Erwartungen, viele neue Kontakte zu knüpfen und unterwegs zu sein, musste er sich erst einmal verabschieden – kein Grund jedoch, das Studium nicht anzutreten, findet er. „Die Uni gibt sich wirklich Mühe.“

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Besonders auf den Praxisunterricht im Fernseh- und Tonstudio der Universität freut sich der angehende Journalist. „Als Übung haben wir Radiomoderationen über Zoom gesprochen, aber das ist nicht das Gleiche“, sagt Götze. „Es fehlt die Technik drumherum. Ich freue mich auf ein ganz normales Studentenleben – ohne Kontaktbeschränkungen.“

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