Mahnwache in LindlarTeilnehmende setzen Zeichen gegen den Krieg

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Ein Zeichen setzen und reden wollen Gisela Schwermer, Sabine Friedrichs und Käthe Paulus.

Ein Zeichen setzen und reden wollen Gisela Schwermer, Sabine Friedrichs und Käthe Paulus.

Lindlar – Sie nutzen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und gehen auf die Straße gegen den Krieg. Nicht nur die Menschen aus den Großstädten, auch den Lindlaren liegt daran, Flagge zu zeigen. Und das taten sie am Sonntag bereits zum dritten Mal seit Beginn des Ukraine-Krieges.

Ingo Harnischmacher ist in Absprache mit allen Lindlarer Parteien der Organisator der Mahnwache, die sonntags zwischen 12 und 1 Uhr neben der Kirche St. Severin stattfindet. „Noch vor kurzem habe ich meinen Kindern versichert: so schnell wird es keinen Krieg geben“, erzählt der vierfache Familienvater und Sprecher der Grünen im Ort. Und ein paar Tage später passierte es doch. Er habe nicht damit gerechnet, dass es so schnell eskalieren werde.

Teilnehmer in Lindlar: „Mein Weltbild bricht gerade zusammen“

Und auch seine Mitstreiter, die sich bei strahlendem Sonnenschein zusammenfanden, um zu zeigen: „Wir wollen keinen Krieg!“, sind beunruhigt über die Situation. Viele haben sich in den Farben der ukrainischen Flagge gekleidet, tragen gelbe oder blaue Jacken, Schals oder Mützen. Manche haben große Pappschilder hergestellt. Am Rucksack einer Frau baumelt eine weiße Friedenstaube aus Tonpapier, andere haben sich eine Solidaritätsschleife in Blau-Gelb an die Jacke gepinnt. An Kreativität, ihre Einigkeit auszudrücken, mangelt es nicht. Manche sind zum ersten Mal gekommen, andere Wiederholungstäter. Es entstehen viele interessante Gespräche und es scheint gut zu tun, dass jemand da ist, der zuhört, die Sorgen teilt. Es herrscht Redebedarf.

„Ich beobachte die Lage mit Verzweiflung. Mein Weltbild bricht gerade zusammen. Mittwochs dachte ich noch, Putin hat einen Rest Vernunft. Das hat sich schnell zerschlagen“, sagt Jürgen Sturbeck und ihm schießen die Tränen in die Augen. Der 67-Jährige erinnert sich an ein Buch, das er 1973 gelesen hat. Es ist der Roman „1948“ von Yoram Kaniuk und handelt von einem jungen Mann, der den israelischen Unabhängigkeitskrieg erlebt. „Es ist beängstigend, denn vieles von dem darin Beschriebenen entspricht den Vorgängen heute“, ist Sturbeck sicher, der immer dankbar darüber war, in einer Zeit aufgewachsen zu sein, in der kein Krieg in Europa herrschte, für ihn ein gewisser Luxus.

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Ein paar Meter weiter haben sich drei Frauen mit Plakaten positioniert. Es sind Gisela Schwermer, Sabine Friedrichs und Käthe Paulus. Ein Bild zeigt einen Hund, der mit großen Augen in die Kamera blickt, daneben eine Friedensbotschaft, ein anderes einen Garten, in dem die ukrainische und die europäische Flagge nebeneinander gehisst sind. „Das Motiv habe ich beim Spazierengehen entdeckt. Ich gehe viel spazieren“, sagt Friedrichs. Sie vermisst seit 20 Jahren ihren Sohn, der in Portugal spurlos verschwunden sei. „Wie mir wird es durch den Krieg vielen Müttern gehen. Sie werden niemals erfahren, was mit ihren Söhnen passiert ist. Das ist für mich ein Grund, auf die Straße zu gehen“, erklärt sie. Für die drei Frauen ist es wichtig, wahrgenommen zu werden mit ihren Botschaften. Obwohl es schön wäre, mehr zu tun als das, da sind sie sich einig.

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