KriminalitätOberbergische Polizei warnt vor Tätersuche über das Internet

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Das Bild zeigt eine an einer Hauswand installierte Kamera.

Mit Überwachungskameras wie dieser wurden Aufnahmen gemacht, die anschließend im Internet auftauchten und eifrig geteilt wurden.

In Bergneustadt war es ein Überfall, in Wiehl eine Serie von Brandstiftungen: Private Videos sollen im Internet bei der Fahndung helfen.

Das Video der Haustürkamera zeigt drei maskierte Männer. Sie klingeln, warten, bis ihnen geöffnet wird, und stürmen dann ins Haus. Man hört Hilfeschreie. Die Aufnahme, deren Echtheit die Polizei bestätigt und die sich derzeit rasant über die Sozialen Medien verbreitet, dokumentiert den Überfall, bei dem eine 86-jährige Frau am Freitagmorgen   vergangener Woche in ihrer Wohnung in der Kölner Straße in Bergneustadt von Unbekannten ausgeraubt wurde.

Die alte Dame wurde gefesselt, die Männer durchsuchten die Wohnung nach Diebesgut. Hausbewohner fanden die Dame kurz darauf in ihrer Wohnung und informierten die Polizei. Die 86-Jährige erlitt leichte Verletzungen.   Die von der Polizei sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen waren erfolglos.

Oberbergische Polizei ist oft nicht die erste Adresse

Dennoch ruft die Ermittlungshilfe über das Internet bei der Polizei eher gemischte Gefühle hervor. Ein beliebtes Forum für private Fahndungsaufrufe ist die Instagram-Gruppe „Spotted Oberberg“. Polizeisprecherin Monika Treutler sagt: „Wir erleben es häufig, dass sich die Leute zuerst dort äußern, bevor sie sich bei uns melden.“ In diesem Fall liege das Video aus dem Umfeld der Betroffenen auch der Polizei bereits vor. Die Ermittler selbst könnten es aber erst nach einem richterlichen Beschluss veröffentlichen, der feststellt, dass die Aufnahme erfolgversprechend und relevant ist, sagt Treutler. Und das kann dauern.

Am Sonntag ging die Polizei mit Bildern an die Öffentlichkeit, die die mutmaßlichen Täter eines Trickdiebstahls in einem Denklinger Blumengeschäft zeigen – der Fall ereignete sich   vor drei Monaten. Polizeisprecherin Treutler erläutert: „Auch ein Täter hat ein Recht auf Datenschutz.“ Die Polizei dürfe nicht ohne weiteres gegen dessen Persönlichkeitsrechte verstoßen. „Denn dann könnte der Täter uns anzeigen.“ Was er aber wohl aus gutem Grund erst nach einer Festnahme machen würde. Dann aber auch private Verbreiter der Aufnahmen.

Das Bild zeigt drei maskierte Männer, die vor einer Haustür warten.

Der Screenshot stammt von der Videoaufnahme des Überfalls an der Kölner Straße in Bergneustadt.

Privat veröffentlichte Videos und Bilder zu verbreiten oder weiterzuleiten sei heikel, weil ungewiss sei, ob sie echt sind und zu dem behaupteten Vorgang passen. Zudem könnten sie als Aufruf zur Selbstjustiz interpretiert werden. Treutler erinnert sich an einen Fall, der etwa zwei Jahre zurückliegt. In Bergneustadt hatte ein Mann Kinder angesprochen. Die Person war der Polizei bekannt, diese hatte sie im Auge, eine akute Gefährdung von Kindern habe nicht vorgelegen. Durch die private Fahndung sei es aber zu einer regelrechten „Hetzjagd“ gekommen und am Ende zum gewalttätigen Angriff auf den Mann. Treutler: „Solch eine Selbstjustiz kann niemand wollen.“

Die Zurückhaltung der Polizei stößt bei den Betroffenen nicht immer auf Geduld. In Wiehl wurden kürzlich Videoaufnahmen ins Internet gestellt, die mutmaßliche Brandstifter zeigen. Am 13. Juni meldete die Polizei, dass zwei Tatverdächtige ermittelt wurden. Die beiden 16-Jährigen aus Wiehl und Reichshof sollen zwischen Ende April und Ende Mai   unter anderem mehrfach Mülltonnen in Brand gesetzt haben, berichtete die Polizei in ihrer Pressemeldung.

Nach Informationen dieser Zeitung hat sich in Wiehl die Nachbarschaft der betroffenen Straßen darüber beraten, wie sie mit der Situation umgehen wollen. Nicht nur Mülleimer, auch Carports sind nach Schilderungen der Anwohner in Wiehl in Brand gesteckt worden. Das hat bei den Menschen ein ungutes Gefühl bis hin zu nackter Angst ausgelöst. Die Brände hatten sich Ende Mai im Bereich von Warthstraße, Freiherr-von-Straße und Blumenfeldstraße ereignet.

Künftig will man, wie diese Zeitung weiter erfahren hat, noch mehr aufeinander Acht geben und darauf aufpassen, was sich Ungewöhnliches zuträgt. Und das im Sinne einer starken bürgerschaftlichen Nachbarschaftsgemeinschaft.

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