Einzelhandel in Wipperfürth/LindlarKlicks können Laufkundschaft nicht ersetzen

Lesezeit 4 Minuten
Bei Tilo Fünger, dem Inhaber von Foto Fünger in Lindlar, können Kunden bestellte Waren an der Ladentür abholen.

Bei Tilo Fünger, dem Inhaber von Foto Fünger in Lindlar, können Kunden bestellte Waren an der Ladentür abholen.

Wipperfürth/Lindlar – Seit Dienstagabend steht fest, dass der zweite Lockdown bis voraussichtlich Ende Januar andauern wird. Während diese Nachricht für die meisten Einzelhändler in Wipperfürth und Lindlar nicht überraschend kam, gehen die Meinungen dazu auseinander. Wir haben uns umgehört.

Dagmar Sommerfeld von Kindermode Pinguin an der Wipperfürther Hochstraße kann die Maßnahmen nachvollziehen: „Irgendwie muss die Pandemie ja bekämpft werden“, sagt sie. Die Situation sei für alle Einzelhändler furchtbar, doch der Politik wolle sie keinen Vorwurf machen: „Für solch eine Situation gibt es keine perfekte Lösung. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Einzelhändler in großen Städten, die horrende Mieten zahlen müssen, sind noch stärker betroffen als wir.“ Für das Bekleidungsgeschäft sei der erste Lockdown im Frühjahr schlimmer gewesen, da die Saison damals gerade erst los ging. Die komplette Frühjahrsware füllte das Geschäft und war teilweise noch nicht bezahlt. Das Kindermodengeschäft bietet einen Abhol- und Lieferservice an. Über soziale Netzwerke und telefonisch berate man die Kunden.

Händler nehmen Hilfen in Anspruch

Ähnlich schätzt Heike Abelius von der Traumstube an der Wipperfürther Marktstraße die Situation ein: „Politiker sind auch nur Menschen. So eine Situation hat es noch nie gegeben und niemand hat Erfahrungswerte.“ Wie viele Einzelhändler habe auch sie vor allem mit der Konkurrenz zu großen Onlinehändlern zu kämpfen und hoffe, dass nach dem Lockdown wieder Normalität einkehrt. „Auch wenn die Zukunft ungewiss ist und mir gewissermaßen Angst bereitet, finde ich die Entscheidung der Regierung richtig“, so Abelius.

Alles zum Thema Einzelhandel Köln und Region

Anders ist die Stimmung bei Peter Wittfeld, der das Geschenkhaus Waldmann in der Unteren Straße führt: „Ich halte die Maßnahmen für schwachsinnig. Sich an dem Inzidenzwert zu orientieren, ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll.“ Während des ersten Lockdowns nahm er die staatliche Überbrückungshilfe in der Höhe von 9000 Euro in Anspruch, die er zu großen Teilen bereits zurückgezahlt habe. „Statt der staatlichen Hilfen würde ich lieber wieder ganz normal öffnen“, so Wittfeld. Auch er bietet seinen Kunden einen Abholservice nach individueller telefonischer Beratung und Terminvergabe an.

Mehr Aufklärung und Differenzierung gewünscht

Tilo Fünger wüsche sich von der Regierung eine Differenzierung, was die Maßnahmen im Einzelhandel angeht. „In meinen kleinen Laden kommen ohnehin nie mehr als zehn Kunden gleichzeitig. Ich könnte die Abstandsregeln ohne weiteres einhalten. Aber natürlich sehe ich ein, dass es für die Politik schwer zu entscheiden ist, wo man da die Grenze zieht“, so der Lindlarer Fotograf. Er hofft in den kommenden Wochen außerdem auf mehr Aufklärung zu den neuen staatlichen Überbrückungshilfen und mehr Planbarkeit.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das fordert auch Frank Hemig, stellvertretener Hauptgeschäftsführer der IHK Köln: „Angesichts der Lage in den von den Einschränkungen betroffenen Betrieben müssen die Entscheidungsträger unbedingt den fehlenden Erfolg der bisherigen Strategie analysieren und Alternativen prüfen und Perspektiven aufzeigen“. In Bezug auf die betroffenen Branchen, wie etwa Freizeiteinrichtungen und Gastronomie, spricht er von Schäden in historischem Ausmaß.

IHK fordert Alternativen zur Schließung

In seinem Geschäft am Lindlarer Kirchplatz „Fünger Foto“ verkauft Tilo Fünger auch Geschenkwaren und Dekorationsartikel. Vor allem jüngere Kunden nutzen soziale Netzwerke, um sich dort sein Angebot anzuschauen und die Ware dann kontaktlos abzuholen. „Das reicht aber nicht, um über die Runden zu kommen“, berichtet Fünger. Ihn schockiere es, dass täglich vor allem ältere Kunden an seiner Ladentür klopfen, die noch gar nicht mitbekommen haben, dass der Einzelhandel aktuell geschlossen bleibt.

Virtuelle Schaufenster aus Wipperfürth

„Lockdown-Shoppen in Wipperfürth“, das ist eine Idee, zu der sich bislang fünf Einzelhändler aus der Hansestadt zusammengetan haben. Sie zeigen Kunden auf einer eigenen Seite virtuelle Schaufenster.

Die ausgewählten Produkte werden schließlich von den Händlern zur kontaktlosen Abholung und teilweise auch zur Lieferung vorbereitet. Bislang machen Claudia Stawiarski von der Nähwerkstatt Fadenspiel an der Hochstraße, das Modegeschäft New Sox aus der Marktstraße, die Schmiedekunst in Grunewald, das Schuhhaus Flossbach, ebenfalls Hochstraße und die Wollkiste aus der Marktstraße mit. Außerdem können Kunden online durch das Sortiment der Wipperfürther Händler stöbern. Die Homepage ist eigentlich ein Online-Basar für gebrauchte Kinderkleidung, ins Leben gerufen und betrieben von Sarah Bo Jacob.

Händler, die noch mitmachen wollen, können sich bei Jacob melden. Kontakt über die Homepage.

http://floehchen-oberberg.

chayns.net

Claudia Stawiarski von der Nähwerkstatt Fadenspiel in Wipperfürth ist froh, dass ihre Kunden ihr auch währen des Lockdowns treu bleiben. „Ich finde die Maßnahmen sinnvoll. Anders geht es scheinbar nicht, das haben wir ja in der Vergangenheit gesehen. Da müssen wir jetzt alle gemeinsam durch“, so die Hansestädterin. Per Videotelefonie, WhatsApp oder am Telefon bewirbt sie zurzeit ihre Ware und legt sie für ihre Kunden in einer Kiste vor ihrem Geschäft in der Hochstraße zur Abholung bereit, mit anderen Händler zeigt sie außerdem ein „virtuelles Schaufenster“.

KStA abonnieren