Ende der RegentschaftWilli Passmann geht als Schützenkönig durchs 100. Jahr

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Willi Passmann ist Deutschlands älteste Majestät.

Willi Passmann ist Deutschlands älteste Majestät.

Strombach – Einmal König zu sein – davon hatte Willi Passmann schon immer geträumt. Im vergangenen Jahr klappte es endlich: Mit dem 262. Schuss erlegte er im stolzen Alter von 99 Jahren den hölzernen Vogel des Schützen- und Geselligkeitsvereins Steinenbrück und wurde damit zum ältesten Schützenkönig Deutschlands gekrönt.

Ein Fotoalbum voller Erinnerungen nehmen Ursel und Willi Passmann mit aus ihrem besonderen  Königsjahr.

Ein Fotoalbum voller Erinnerungen nehmen Ursel und Willi Passmann mit aus ihrem besonderen  Königsjahr.

Am Samstag, wenn nach Platzkonzert und Umzug durch Steinenbrück Kette und Krone die neuen Majestäten schmücken, endet seine Regentschaft und die seiner Frau Ursel. „Jetzt wird es noch mal hektisch“, sagt er. Der grüne Kranz für das Königspaar schmückt schon die Haustür in Strombach, die Holzbänke und Holztische warten auf der Terrasse im Garten auf durstige Schützenbrüder und Schwestern. Noch einmal mit dem Hof einmarschieren ins Schützenhaus. „Dann ist das schöne Jahr zu Ende“, seufzt der scheidende König. „Schade nur, dass es nicht geklappt hat, als wir damals noch die Wirtschaft hatten.“

Von 1978 bis 1990 hatten er und seine Frau das „Deutsche Eck“ in Strombach. Damals war Willi Passmann Mitglied in gleich drei Schützenvereinen – Hardt-Hanfgarten, Gummersbach und Steinenbrück – und versuchte mehrfach sein Glück. Doch die Vögel ergaben sich nicht. „Der Männergesangverein hat mich dann ein halbes Jahr lang überredet, es noch mal zu versuchen“, erinnert sich Passmann. Und so zielte er am 12. August 2017 im strömenden Regen auf den Steinenbrücker Adler. Ob man da ein bisschen nachgeholfen habe? „Oh nein, da ist man viel zu weit weg!“, entrüstet sich der inzwischen 100-Jährige. Und eine ruhige Hand habe er bis heute. Ein großer Augenblick, als der Vogel dann fiel? „Eigentlich hab ich mich ganz normal gefühlt“, erinnert er sich. „Schade nur, dass bei dem schlechten Wetter gleich alle auseinandergelaufen sind.“

Willi Passmann mit seiner Frau und Königin Ursel

Willi Passmann mit seiner Frau und Königin Ursel

Doch zur Krönung am Abend waren alle wieder da, Königin Ursel in schwarzer Hose und Spitzenbluse. „Die Abendkleider habe ich mir später gekauft für die anderen Schützenfeste.“ Fünf waren es, auf denen sie repräsentierten durften, und natürlich das Bundesschützenfest in Heidberg. „Wir haben alles mitgemacht und sogar getanzt“, sagt die 88-Jährige. „Wenn wir Hilfe brauchten, war immer jemand aus dem Verein da, hat uns begleitet und tatkräftig unterstützt.“ Anstrengend? Manchmal. Aber sie hätten immer gern gefeiert, sagen beide.

Großer Medienrummel kam

„Allerdings brach ein großer Rummel über uns herein. Journalisten und Fotografen von Zeitungen, Zeitschriften, mehreren Fernsehsendern gaben sich die Klinke in die Hand: Kette an, Krone auf, immer wieder“, stöhnt die Königin bei der Erinnerung. Es war auch nicht alles nett, was da geschrieben wurde, ärgert sich der noch amtierende älteste deutsche Schützenkönig und zitiert aus dem zynischen Artikel eines großen deutschen Nachrichtenmagazins.

Trotzdem – schön war’s! Da sind sich beide einig und blättern immer wieder durchs Fotoalbum. Aber noch mal König werden? Nein, danke, winkt Passmann ab. Dabei musste er am Samstag traditionell den ersten Schuss auf den neuen Vogel abgeben. Zum Glück folgenlos: „So ein Geflügel ist zäh, das gibt nicht so schnell auf.“

Erlegt wurde es von Hans-Joachim Gold, am Samstag werden er und Schirin Woitz zum neuen Königspaar gekrönt. Ein wehmütiger Augenblick für Passmann? „Och nee“, wehrt der 100-Jährige ab. „Wir feiern dann mit dem neuen König. Es ist ja jedes Jahr dasselbe, nur die Könige wechseln.“ Aber einen 100-Jährigen gibt es wohl so schnell nicht wieder.

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