KriminalitätsstatistikWeniger Straftaten, aber mehr Gewaltbereitschaft in Oberberg

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Ein Mann hält auf dem Hof einer Schule ein sogenanntes Butterflymesser in seiner Hand.

Auch in Oberberg kommen bei Straftaten immer öfter Messer zum Einsatz.

Die Kriminalitätsstatistik belegt für Oberberg, dass die Fallzahlen sinken, doch die Gewaltbereitschaft steigt. 

Oberberg ist, was die Sicherheit angeht, unter den 47 Kreispolizeibehörden im Land NRW auf Platz eins. Die Zahl der Straftaten ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent von 12.509 auf 11.573 gesunken. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote noch einmal leicht gestiegen auf fast 62 Prozent, wie Landrat Jochen Hagt und die Leiterin der Direktion Kriminalität, Carolin Callies, am Mittwoch berichtet haben. „Das ist ein Wert, der sich sehen lassen kann. Wir leben im Oberbergischen sicher“, sagte der Landrat.

Doch es gibt auch ein „aber“: Die Gewaltbereitschaft hat zugenommen, wie nicht nur der Gummersbacher Messerangriff aus dem November belegt. Besonders gravierend ist die Zunahme der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung – plus 18,6 Prozent – und hier vor allem die Verbreitung kinderpornografischer Schriften. Und was den Anteil der Nichtdeutschen an Straftaten angeht, folgt auch Oberberg dem schon vor Wochen von Innenminister Herbert Reul beklagten Trend nach oben.

Was hat es mit der Zunahme an Gewalt auf sich?

 Die Fallzahl bei den gefährlichen und schweren Körperverletzungen im öffentliche Raum ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 9,3 Prozent (14 Straftaten) auf 164 gestiegen. Die Aufklärungsquote liegt in Oberberg mit 77,4 Prozent auf dem zweitniedrigsten Wert der letzten fünf Jahre. Mit 62 Fällen, Vorjahr 47, wurden die meisten in Gummersbach registriert. Um 3,5 Prozent sind auch die Widerstände und tätlichen Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte gestiegen. Und zwar von 114 auf 118.

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„Es handelt sich um einen deutlich überdurchschnittlichen Wert“, heißt es dazu in der Polizeistatistik. Landrat Hagt sagt, es sei ein „Unding“ Menschen anzugreifen, die zum Schutz anderer im Einsatz seien. Im Fall des Gummersbacher Messerangreifers stellt er sich klar hinter die eingesetzten Beamten und sagt, dass es „gut“ gewesen sei, wie diese gehandelt haben. Bedauerlich sei, dass Dritte zu Schaden gekommen seien, aber die Situation sei nicht anders zu lösen gewesen.

Was kann die Polizei gegen diesen Trend unternehmen?

Taten gegen Vollstreckungsbeamte und immer mehr Vorfälle, bei denen Messer im Spiel seien, sind laut Hagt ein bundesweites Phänomen. Die Polizei in Oberberg erhöhe natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihre Präsenz.„Wir stoßen da aber auch an Grenzen“, sagt der Landrat. Am Ende sei es auch ein gesellschaftliches Problem, das einhergeht mit der Frage, wie man die Gewaltbereitschaft wieder zurückdrehen kann.

Gibt es Kommunen, in denen es besonders gefährlich ist?

 Tatsächlich nennt die Polizei-Statistik Gummersbach und Waldbröl in diesem Zusammenhang. So kommt die Kreisstadt bei der regionalen Verteilung von Raub auf Straßen, Wegen und Plätzen mit 13 Fällen auf 39 Prozent im Kreis. Waldbröl folgt mit acht Fällen und 24 Prozent. „Sicher“ laut der Polizei-Statistik ist es in Lindlar, Nümbrecht oder Morsbach.

Was sagt die Polizei zur Ausländerkriminalität?

Auch in Oberberg wurden überproportional viele Straftaten von Nichtdeutschen festgestellt. Ihr Anteil an der Bevölkerung beträgt 11,4 Prozent, ihr Anteil an den Straftaten beläuft sich aber auf rund 25 Prozent. „Das ist so nicht tolerierbar“, sagt der Landrat, der zugleich Behördenchef ist. Man werde sich Strategien überlegen, wie man dieser Entwicklung begegnet. Recht und Gesetz würden für jeden im Land gelten, ob er einen deutschen Pass habe oder nicht.

Was steckt hinter der Zunahme der Sexualstraftaten?

Mit einem Anstieg von 345 auf 409, was 18,6 Prozent entspricht, sticht diese aus der Statistik hervor, während andere Vergehen deutlich gesunken sind. Die Anzahl der Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern ist mit 50 Straftaten im Vergleich zum Vorjahr (43 Straftaten) wieder gestiegen und befindet sich über dem Mittelwert der letzten fünf Jahre (43 Straftaten). Der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie ist um 34 Fälle (26,8 Prozent) auf 161 weiter gestiegen. Es ist der höchste Wert der letzten fünf Jahre.

Dieses Deliktfeld macht etwa die Hälfte aller Sexualdelikte aus. Die Polizei geht allerdings davon aus, dass nicht die Zahl der tatsächlich begangenen Delikte zugenommen hat. Vielmehr werde ein Dunkelfeld durch Hinweise aus der Bevölkerung und die Arbeit der Polizei immer mehr erhellt, sagen Hagt und Carolin Callies.

Und was hält die Polizei davon, Cannabis zu legalisieren?

Mit Hinblick darauf, dass viele der Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, auch eine Drogengeschichte haben, sagt Callies, dass man sich mit der Legalisierung „keinen Gefallen getan“ habe. Natürlich gehe es wie bei Alkohol um den richtigen Umgang. Auch der Landrat ist skeptisch und betont, dass die Situation nicht besser werde, je mehr Drogen freigegeben werden.

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