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Höhlenforscher in Ründeroth„Es ist das Mirakel, das Unbekannte, das Unerklärliche”

4 min
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Erneuter Vortrag für interessierte Bürgerinnen und Bürger zur neu entdeckten Riesenhöhle Windloch in der Mensa des Schulzentrums Ründeroth-Walbach.

Ründeroth – „Höhle der Sieben“, „Korallenstraße“, „Tal der Stille“, „Kristallpalast“, „Gipfelhalle“ und sogar „Manhattan“: Geheimnisvoll, bisweilen mystisch sind die Namen, sie versprechen Abenteuer, sie beschreiben märchenhaften Welten und klingen nach Faszination pur. Doch fest steht: Der gemeine Oberberger wird jene Orte niemals betreten, die Stefan Voigt in nahezu magischen Worten beschreibt – so wie am Freitagabend im Ründerother Schulzentrum Walbach.

Dort hängen 450 Zuhörer gebannt an den Lippen des Höhlenforschers, als dieser beschreibt, was er und seine Kollegen vom Arbeitskreis Kluterthöhle seit März vergangenen Jahres in Ründeroths Unterwelt entdeckt haben. Und selten ist es so still, wenn so viele Menschen beieinander sind. Die Rede ist da vom „Windloch im Mühlenberg“ – wieder mal, denn bei einem ersten Vortrag im November waren so viele Interessierte gekommen, dass viele abgewiesen werden mussten. Diesmal muss niemand gehen: Der Platz langt, nur die Stühle reichen nicht.

Höhle ist das Unbekannte, das Unerklärliche

Was aber fasziniert die Menschen inzwischen weltweit so sehr an diesem Höhlenlabyrinth? Da hat Voigt seine ganz einige, zunächst höchst unwissenschaftliche Erklärung: „Höhle ist geil“, sagt er und wird prompt ernst: „Es ist das Mirakel, das Unbekannte, das Unerklärliche – eben etwas, das uns das Fernsehen und das Internet noch nicht gezeigt haben.“ Dies einmal selbst zu erleben, das wäre ihr Einiges wert, erklärt im Publikum eine, die eben viele aus dem Fernsehen kennen: In der ersten Reihe lauscht die Kölner Schauspielerin Mariele Millowitsch den Worten des Höhlenkundlers: „Unfassbar, was unter der Erde los ist – nicht nur Gesteine gibt es dort, sondern auch Seenlandschaften“, beschreibt sie ihre persönliche Faszination am Windloch, von dem sie jüngst bei einer Podiumsdiskussion über das geplante Gewerbegebiet Klause V erfahren hat. „Und danach war mir klar: Diesen Vortrag muss ich hören.“

So steigt Stefan Voigt tief hinab in 395 Millionen Jahre Erdgeschichte und berichtet davon, wie ihm eines Winters vor etwa 15 Jahren eine Nebelfahne abseits der Straße den Weg zu jener Höhle wies, die heute als die größte in Nordrhein-Westfalen gilt und eine der größten in ganz Deutschland ist. „Inzwischen haben wir fast 6,5 Kilometer vermessen“, schildert Voigt. „Aber ein Ende ist noch lange nicht abzusehen.“ Bricht er mit seinem Team in der „Höhle der Sieben“, dem ersten erforschten Höhlenraum, zu einer Untertagetour auf, so muss Voigt dafür mindestens zehn Stunden einplanen.

Toter Frosch liefert neue Rätsel

Inzwischen tragen alle bekannten Räume illustre Namen, die sich die Gruppe ausgedacht hat. „Froschkönigs Grab“ heißt eine der jüngeren Entdeckungen: Da sind Voigt und seine Kollegen auf die Überreste eines Frosches gestoßen: „Nicht nur Knochen, sondern noch mit Haut dran“, sagt Voigt gewohnt salopp wirft ein Foto auf die Leinwand. „Aaahs“ und „Ooohs“ unterbrechen die höhlenhafte Stille in der Mensa.

Der tote Frosch aber gibt den Forschern ein neues Rätsel auf: „Wo ein Frosch ist, muss Wasser sein. Das haben wir aber immer noch nicht gefunden“, erklärt der Ennepetaler, der schon ungeduldig mit den Füßen scharrt. Endlich will er wieder hinab steigen in Ründeroths Keller: „Doch wegen des Fledermausschutzes geht das erst ab dem 2. Mai.“ Dass das Untergeschoss so groß sein könnte, dass seine Gemeinde einmal darin verschwinden könnte, glaubt Engelskirchens Bürgermeister Dr. Gero Karthaus übrigens nicht: „Harter Kalkstein, ist alles stabil“, versichert er.

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Dem Zuhörer Lutz Piertzik ist aber doch mulmig bei dem Gedanken, was er da unter den Füßen hat: „Da würde ich nicht reingehen – selbst, wenn man es dürfte.“ Seine Frau Silke ist derweil sprachlos ob der Dimensionen, die das Wegenetz mit Höhen bis zu 15 und Breiten bis zu fünf Metern, etwa im „Palast der Winde“, erreicht hat. „Kaum zu glauben, dass wir so etwas Besonderes in Ründeroth haben“, freut sich Sitznachbar Dietmar Mischer und das Ehepaar Brunhilde und Walter Meinerzhagen erinnert sich an Urlaubsfahrten in Europas Süden: „Aber nicht mal dort waren die Höhlen so groß.“ Für Zuhörerin Meike Roth ist das ein „großes Stück faszinierender Erdgeschichte“. Und deren letztes Kapitel ist noch lange nicht geschrieben.