Serie „Made in Oberberg“Erfolgreich mit einer Schnapsidee

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Die Gründer der Metzgerei (v.l.) David, Christoph und Sebastian Friedrichs. Verkauft wird die Ware in Köln-Sülz.

Die Gründer der Metzgerei (v.l.) David, Christoph und Sebastian Friedrichs. Verkauft wird die Ware in Köln-Sülz.

Niederasbach – Es gibt Geschichten, in denen kommt Alkohol vor. Oder sagen wir mal: sogar sehr viele Getränke mit Wumms. Und wenn David und Sebastian Friedrichs ihre Geschichte selbst erzählen, dann geben sie unumwunden zu, dass sie damals nicht gerade nüchtern waren. Zudem kommt ein Pool darin vor, der steht übrigens in Florida und gehört Freund Jochen. „Und genau dort haben wir 2014 beschlossen, dass wir eine Metzgerei mit Waren aus eigener Herstellung eröffnen – in Köln“, sagt David Friedrichs (38).

Traditionelles Handwerk

Das haben er und sein 40 Jahre alter Bruder tatsächlich getan: Im Stadtteil Sülz und dort an der Sülzburgstraße trägt seit dem 30. Oktober 2018 ein schmuckes Geschäft ihren Namen. „Ein Wahnsinn“, sagen die beiden heute. „Unsere bekloppte Idee war es, den Städtern zu zeigen, wie gut altes Handwerk und vor allem sorgsam hergestellte, ehrliche Fleischwaren vom Land schmecken“, führt Sebastian Friedrichs zudem aus.

Denn vom Fach ist eigentlich nur Vater Christoph (62). Der hat in Oberwiehl Metzgergeselle gelernt, später aber im Rettungswesen des Oberbergischen Kreises gearbeitet. Im Morsbacher Heimatdorf Niederasbach hat er jedoch immer schon Rinder gehalten und deren Fleisch dann im privaten Umkreis vermarktet. Sohn David ist Feuerwehrmann, hat zuletzt aber auch als Zimmerer gearbeitet, während sein Bruder Sebastian als Sportjournalist geschrieben hat und dem Vater als Ausbildungsleiter in den Rettungsdienst gefolgt ist.

Heute arbeitet indes keiner der Friedrichs-Männer noch im alten Beruf: Die Metzgerei hat eingeschlagen wie eine Bombe, Köln ist auf den Geschmack gekommen. Die Drei arbeiten Vollzeit im eigenen Betrieb und haben längst auch Mutter Petra (60) darin eingebunden. 19 Mitarbeiter hat die Familie überdies. Doch was auf einer Handvoll Zeitungszeilen rasch erzählt ist, hat die Friedrichs Jahre gekostet. „Und Nerven“, betont Sebastian, wenn er an die vielen Bauarbeiten, an Berge von Formularen und hohe Stapel an Anträgen, schließlich an Aktenordner voller Genehmigungen denkt: Im Oktober 2016 haben die Niederasbacher einen Stall auf ihrem Hof – im Familienbesitz seit vier Generationen – zur Produktionsstätte umgebaut.

„Wir stellen nur das her, was wir selbst mögen“

Dort schickt Metzgermeister Kent Osenberg gerade dicke Brocken Fleisch durch den Wolf und fertige Fleischwürste ins Eisbad, während Kollege Hansi Schmidt fertige Rostbratwürste an eine Leine hängt. „Wir stellen nur das her, was wir selbst mögen“, erklärt David Friedrichs. „Und dafür greifen wir auch auf Rezepte aus dem Lehrbetrieb unseres Vaters zurück.“ Dass diese Metzgerei aufgeben musste, weil ein Nachfolger fehlte, schmerze sie noch heute. „Zunächst haben wir gedacht, wir könnten unsere Metzgerei so nebenher machen, aber da hatten wir uns gründlichst verrechnet.“

Denn der Appetit ist groß: Wer freitags bei den Friedrichs einkaufen möchte, der muss Zeit mitbringen und sich in eine oft sehr lange Warteschlange einreihen. Eingezogen ist die Metzgerei in einen früheren China-Imbiss. Und auch gekocht wird dort wieder: So bietet die Familie immer einen Mittagstisch mit zwei Gerichten an. Frisch Gekochtes gibt es aber ebenso im Glas für zu Hause, Davids Spaghetti Bolognese zum Beispiel. Bergische Waren finden sich überdies in den Kölner Regalen.

Etwa 30 Rinder – Rotbunt, Limousin und Charolais zumeist – grasen auf den Niederasbacher Wiesen, jegliches andere Fleisch kommt von anderen Landwirten aus der Region oder aus dem Rheinland bis hinauf an den Niederrhein, die Zulieferer sind sozusagen handverlesen. Darunter finden sich etwa die Schäferei von Günter Sachse in Waldbröl-Hochwald, Wild Reuber aus Morsbach, der Schweinezüchter Heiner Korte in Menden und der Geflügelhof der Familie zur Nieden in Fröndenberg.

Bio-Fleisch auf dem Vormarsch

Vieles, aber nicht alles, trägt das Bio-Siegel. Sebastian Friedrichs: „Aber das Tierwohl steht immer an oberster Stelle, das geht von der artgerechten, nachhaltigen Haltung an der frischen Luft mit viel Platz und maximalem Auslauf über das auf den eigenen Feldern angebaute Futter bis hin zu der stressfreien Schlachtung in Olpe.“ Rund 200 Waren aus eigener Herstellung vom Rosmarin-Kochschinken als derzeit ältestem Produkt bis hin zum neuen Bacon-Käse-Griller, so schätzen die Gründer, breiten sie in der Kühltheke des nur 61 Quadratmeter großen Ladenlokals aus. Und verarbeitet wird nur, was die beiden gerade bekommen können. „Wir würden niemals etwas bei anderen, uns vielleicht unbekannten Betrieben hinzukaufen, nur um es unbedingt anbieten zu können“, schildert David Friedrichs. „Was aus ist, ist eben aus.“

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Ausbauen wollen die Friedrichs ihr Sortiment an frischer Bratwurst. 50 bis 60 Kilogramm gehen heute schon über den Tresen, darunter etwa Wildbratwurst, Fenchel-Salsiccia und Merguez. Eine Hopfenbratwurst für Hellers Brauhaus, eine Kaffeebratwurst für das Geschäft des Kölner Diplom-Kaffee-Sommeliers Michael Gliss und eine Wurst mit Anapurna-Curry haben die Friedrichs und ihr Metzgermeister Kent Osenberg (42) ebenfalls schon kreiert, letztere war eine Kooperation mit der Sterne-Köchin Julia Komp (32).

Dahinter steckt nicht nur harte Arbeit. „Es gab tausende Momente, in denen wir alles hinwerfen wollten, auch ging uns das Geld aus“, schaut Sebastian Friedrichs zurück. Dabei erinnert er sich nicht nur an die Fehden mit Behörden, sondern dann vor allem an die ersten Monate, nachdem das Geschäft eröffnet war: „Es lief supergut, doch es bleib kaum etwas hängen. Unsere Preise waren falsch, nämlich eher für Oberberg kalkuliert – sie waren einfach zu günstig.“

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