Russland-Ukraine-KonfliktWas der Krieg für die Oberbergische Wirtschaft bedeutet

Lesezeit 4 Minuten
Symbolbild

Symbolbild

Oberberg – Der Krieg in der Ukraine tobt. Was aber bedeutet die Auseinandersetzung zwischen Russland und seinem Nachbarn für die Wirtschaft im Oberbergischen? Wie genau weiß man das überhaupt schon? Hier einige Fragen und Antworten.

Ist Oberbergs Wirtschaft besonders betroffen?

Das kommt darauf an. Einige Unternehmen aus der Region haben besonders enge Verbindungen in den russischen und früher sowjetischen Raum. Tapetenhersteller A.S. Creation produziert zum Beispiel noch im belarussischen Novoselje in der Nähe von Minsk und besitzt in Russland eine Vertriebs- und Handelsgesellschaft. Die Wiehler Achsenfabrik BPW produziert sogar in Russland selbst, ebenso wie der Wipperfürther Kunststoff-Spezialist Jokey Plastik.

Was sagen diese Unternehmen zur aktuellen Lage?

In den ersten Tagen nach dem Kriegsausbruch wollte sich zunächst keiner zur Lage für das eigene Unternehmen äußern. Von BPW heißt es: „Wir sind sehr bestürzt und beobachten die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine mit großer Sorge.“ Zu möglichen wirtschaftlichen Folgen für die eigene Firma wolle man sich aktuell aber nicht äußern. Ähnlich äußert sich auf Nachfrage dieser Redaktion Maik Holger Krämer aus dem Vorstand von A.S. Creation. Auch Jokey will mit einer Stellungnahme noch warten.

Wie kommt es, dass die Wirtschaft so sprachlos ist?

Eine Antwort gibt auf Nachfrage einer der beiden oberbergischen Vizepräsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln, Hendrik Pilatzki: „Es herrscht Betroffenheit und Schockstarre.“ Niemand habe sich bis zum Donnerstagmorgen vorstellen können, dass Wladimir Putin „sofort diese drastische Eskalationsstufe wählt“. Selbst nach der Anerkennung der separatistischen Volksrepubliken habe er, wenn überhaupt, eher noch mit einem begrenzten Konflikt gerechnet, sagt Pilatzki.

Welche Folgen haben die Sanktionen?

Auch das, sagt Pilatzki, müssten die einzelnen Unternehmen erstmal prüfen. „Da müssen wir erstmal nachlesen, was genau beschlossen ist und inwiefern es uns betrifft.“ Das gelte vor allem für die noch unklaren Auswirkungen auf die Lieferketten. Er kenne zum Beispiel einen Kunststoff-Produzenten, der den Primär-Rohstoff für seine Produktion aus Russland beziehe. „Zuvor kam der aus dem Iran – aber wegen der Sanktionen dort musste er das umstellen. Jetzt steht er womöglich wieder vor demselben Problem.“

Was lösen die möglichen Einschränkungen durch den Swift-Ausschluss aus?

Auch das hänge davon ab, wie das Ganze konstruiert werde, sagt Pilatzki. Wenn es dennoch weiterhin möglich sei, Rechnungen von russischen Lieferanten zu bezahlen, könne dieser Handel, falls er erlaubt bleibt, auch weitergehen. Wenn nicht würden die Lieferanten, die nicht mehr bezahlt werden, ihre Lieferungen sicher sehr schnell einstellen.

Ist mit ähnlichen Auswirkungen wie in der Corona-Krise zu rechnen?

„Ich glaube nicht, dass wir durch den Krieg in eine Rezession rutschen“, sagt Pilatzki. Das Thema Russland könne für einzelne zum Problem werden. Für die Wirtschaft insgesamt, auch im Oberbergischen, spiele der Markt in Deutschland zwar eine größere, aber auch aufgrund der bereits bestehenden Sanktionen keine so überragende Rolle: „Trotz aller Auswirkungen und Kostensteigerungen gibt es da nichts, was sich nicht durch steuernde Eingriffe der Politik abfedern ließe.“ Pilatzki stutzt und sagt dann: „Es sei denn, es betrifft auch die Energiesicherheit.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Was wäre, wenn Russland den Gashahn zudreht?

„Dann geht es nicht nur darum, durch den Winter zu kommen. Dann könnten die Bänder in der Produktion stillstehen“, warnt Pilatzki. Überall, wo Hitze und Dampf benötigt würden, laufe das bisher noch auf Erdgas-Basis. „Elektro ginge zwar auch, ist bisher aber viel zu teuer.“ Ein solcher Schritt, so Pilatzki, könne zumindest vorübergehend also tatsächlich dazu führen, dass die Produktion vielerorts stillstehen müsste.

Was bedeutet der Krieg für andere Lieferketten? Was ist zum Beispiel mit Lebensmitteln?

Auch Pilatzki, zu dessen Firma August Jaeger Nachf. vor allem auch Hit-Märkte im Oberbergischen gehören, weiß das noch nicht genau. „Wir haben da ein gewisses Sortiment für russisch-stämmige Käufer. Da müssen wir uns jetzt auch erstmal im Einzelnen ansehen, ob der Einkauf solcher Waren demnächst durch die Sanktionen verboten ist.“ Und, ehrlich gesagt, müsse man auch erstmal herausfinden, woher die überhaupt bezogen werden: „Aus Russland? Aus Georgien? Oder doch von anderswo in der Ex-Sowjetunion?“

KStA abonnieren