VfL GummerbachInterview der Woche mit Jörg Bohrmann

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Vor gut einem Dreivierteljahr ist Jörg Bohrmann nach Gummersbach gekommen und wurde durch die Pandemie eingebremst.

Vor gut einem Dreivierteljahr ist Jörg Bohrmann nach Gummersbach gekommen und wurde durch die Pandemie eingebremst.

In der Dritten Liga wird um den Aufstieg und den Einzug in den Pokal gespielt, die Jugend-Bundesligisten können um die Deutsche Meisterschaft antreten. Bei den Nachwuchshandballern des VfL Gummersbach herrscht nach wie vor Pause. Warum das so ist, darüber sprach Andrea Knitter mit Nachwuchskoordinator Jörg Bohrmann.

Die U23 des VfL Gummersbach spielt nicht, dafür haben Oliver Perey, Joe Schuster und Eldar Starcevic angekündigt, den Verein zu verlassen. Zeigt die Mannschaft Auflösungserscheinungen?

Jörg Bohrmann: Nein, das ist der ganz normale Lauf der Dinge. Die Jungs kommen aus der A-Jugend und haben zwei Jahre Zeit sich zu zeigen, um über die Dritte Liga den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Joe Schuster hat nun eine neue Herausforderung gesucht und ist mit dem Northeimer HC zu einer ersten Mannschaft gewechselt.

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Eldar Starcevic kam kurz vor der Corona-Pause aus einer Verletzung und stellt nun seine berufliche Laufbahn in den Vordergrund. Daher passt sein Wechsel zum Oberligisten TuS Derschlag. Schalksmühle hatte frühzeitig Interesse an Oliver Perey, und wir haben mit Max Keil und Bruno Eickhoff noch zwei große Talente auf der Kreisläuferposition, die ganz unterschiedliche Typen sind.

Also wird es in der kommenden Saison eine Drittliga-Mannschaft beim VfL geben?

Ja, wir sind in der Planung schon sehr weit und der Kader steht bereits zu großen Teilen. Wie gesagt: Der Kader ist sehr jung und wir werden Spieler aus der A-Jugend einbauen. Dass es risikobehaftet ist, mit einer so jungen Mannschaft anzutreten, wissen wir. Unser Ziel ist, die Klasse zu halten und die Spielerentwicklung voranzutreiben.

Wie halten Sie die jungen Handballer in Corona-Zeiten bei Laune?

Einige der Spieler aus der U23 und U19 dürfen mit der Zweitliga-Mannschaft beziehungsweise in einer eigenen Kleingruppe trainieren, was ihnen natürlich sehr gut tut. Das hat der 16-jährige Bruno Eickhoff gezeigt, der bei seinem Zweitliga-Einsatz gegen den ASV Hamm Eindruck hinterlassen hat. In kleinen Gruppen dürfen auch die B-Jugend-Handballer, die dem Landeskader angehören, trainieren.

Was ist mit den jüngeren Spielern ab der C-Jugend?

Alle, die nicht trainieren können, nehmen an Zoom-Meetings teil. Dass sie nicht in die Halle dürfen, ist schon sehr hart für sie. Besonders aber für die Kinder, die überhaupt nicht trainieren dürfen.

In der Dritten Liga hat die Aufstiegsrunde begonnen. Die Mannschaften wurden als Profiteams eingeordnet, wodurch sie trainieren dürfen. Warum hat der VfL diese Chance nicht genutzt?

Das ist so nicht richtig. Der DHB hat die zuständigen Behörden von seiner Sichtweise über den Status der Drittliga-Teams informiert. Dieser sah vor, alle Mannschaften der 3. Liga als Profiteams zu definieren, sodass diese unter den Vorgaben der Corona-Schutzverordnung wieder am Trainings- und Spielbetrieb teilnehmen dürfen.

Das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises hat dieser Interpretation nicht in dem gewünschten Maß entsprochen, obwohl wir sehr gut zusammenarbeiten. Es kommt dazu, dass die meisten Spieler der U23 bereits mit der Zweitligamannschaft trainieren, was wir hätten einstellen müssen, wenn sie in der 3. Liga wieder hätten spielen sollen.

War Ihnen schon früh klar, dass Sie an keinem der Wettbewerbe, zu dem die Mannschaften gemeldet werden mussten, teilnehmen wollten?

Unter den gegebenen Umständen war eine Wiederaufnahme des regulären Trainings- und Spielbetriebes nie wirklich aussichtsreich in Oberberg. Wenn es möglich und vertretbar gewesen wäre, hätten wir gerne gespielt. Wir haben aber eine Verantwortung für unsere Spieler. Wir sind eine zweite Mannschaft, die eine ganz andere Herangehensweise an eine Saison hat, im Vergleich zu anderen, ersten Mannschaften, die jetzt an Aufstiegs- beziehungsweise Pokalrunde teilnehmen. Spieler der A-Jugend stehen beispielsweise im Abitur.

Wir wollten nicht das Risiko eingehen, dass sie sich infizieren und dann möglicherweise nicht an den Prüfungen teilnehmen können. Das Abitur ist wichtiger als jetzt Handball zu spielen. Das gilt auch für die B-Jugend, die wir zwar provisorisch für die Deutsche Meisterschaft gemeldet haben. Uns ist aber auch dort das Risiko zu groß ist, tatsächlich zu spielen. Auch gibt das die Corona-Schutzverordnung sowie die Situation hier im Oberbergischen aktuell überhaupt nicht her.

Gibt es Lösungen, das fehlende Jahr aufzuholen?

Ich fand den Vorschlag gut, die Jugendjahrgänge zu verlängern, wie es in Dänemark ist. Dann gäbe es eine U20 statt einer U19, eine U18 statt einer U17 und so weiter. Als ich das meiner C-Jugend, die ich trainiere, vorgestellt habe, haben sie gejubelt, dass sie dann noch ein Jahr als Mannschaft zusammenbleiben können. Der Vorschlag kam vom Hamburger Handballverband, doch der Deutsche Handball-Bund hat es nicht weiterverfolgt, was ich sehr schade finde.

Wie schätzen Sie die Lage bei den Kindern überhaupt ein?

Die Kinder haben jetzt über ein Jahr nicht trainiert und die Quittung werden wir in ein paar Jahren bekommen, wenn uns ein ganzer Jahrgang fehlt. Dabei leisten Philipp Wilhelm als Leiter der Handballschule und alle anderen Trainer der Handballakademie tolle Arbeit und auch die Eltern ziehen mit. Aber immer nur auf Distanz zu trainieren, da kommt die Motivation abhanden.

Was glauben Sie, muss getan werden, wenn der Mannschaftssport wieder möglich ist?

Wir müssen in Zukunft noch enger zusammen arbeiten, damit meine ich die Vereine und den Kreis. Es müssen Konzepte erarbeitet werden, denn es wird sicher nicht die letzte Pandemie gewesen sein und dann müssen wir vorbereitet sein.

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Ist es für Sie nicht frustrierend, dass Sie vor einem Dreivierteljahr gekommen sind und Ihnen durch die Corona-Pandemie ganz schnell die Hände gebunden waren?

Es ist nicht leicht, aber ich bin Teil eines hochmotivierten Teams. Alle leben den VfL, von den Trainern bis hin zu den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, und wollen raus aus der Situation. Scouting beispielsweise ist ganz schwierig. Es gibt kein Mannschaftstraining und Spieler haben seit sechs Monaten keinen Ball in der Hand gehabt. Wie soll man sie da beurteilen?

Was wünschen Sie sich für die nächsten Wochen?

Mir ist es wichtig, überhaupt mal wieder in der Halle trainieren zu können.

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