Viele Luxusautos gestohlenOberberger Autoknackerbande vor Bonner Landgericht

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Die Razzia gegen die Bande wurde von der oberbergischen Polizei gesteuert.

Die Razzia gegen die Bande wurde von der oberbergischen Polizei gesteuert.

Bonn/Oberberg – Im Bonner Mammutverfahren gegen eine kasachisch-moldawische Autoknackerbande mit Bezug zum Oberbergischen ist die Beweisaufnahme jetzt nach fast drei Monaten abgeschlossen worden. An zwölf Verhandlungstagen hat die 10. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts versucht, die Autodiebstähle aufzuklären. Die Angeklagten, denen schwerer Bandendiebstahl und gewerbsmäßige Bandenhehlerei vorgeworfen wird, sollen Luxusautos oder Fahrzeuge der oberen Mittelklasse mit Scannern geknackt und weggefahren haben, um sie zu zerlegen. Der Gesamtschaden beträgt laut Anklage 2,3 Millionen Euro.

Von den ursprünglich sechs Angeklagten (26 bis 50 Jahre) stehen noch vier vor Gericht, gegen zwei wurde das Verfahren eingestellt. Drei der Beschuldigten sind auf freiem Fuß, nur einer sitzt noch in Untersuchungshaft. Die Bande war vornehmlich in Oberberg unterwegs. Als es ihr dort zu brenzlig wurde, verlegte sie ihre Aktivitäten nach Rheinland-Pfalz. 67 Fälle sind angeklagt, elf wurden jetzt mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil „die Beweislage etwas wackelig“ sei.

Angeklagte kooperierten bei Aufklärung

Und das obwohl die geständigen Angeklagten bei der Aufklärung kooperiert haben. Doch bei der Vielzahl der Fälle kamen auch die Autoknacker mit ihren Erinnerungen schon mal durcheinander. In einigen Fällen aber waren sie sich sicher und schworen, dass sie es nicht waren. Die knapp 70 Geschädigten sollten ursprünglich nicht als Zeugen gehört werden, sondern sich schriftlich äußern, etwa zum Wert ihrer Pkw.

Zehn, die nicht reagiert hatten, wurden schließlich als Zeugen geladen. Nachdem zwei nicht mal diese Einladung ernstgenommen hatten, ließ Kammervorsitzender Marc Eumann sie jetzt von der Polizei vorführen. Ein 23-jähriger Bauarbeiter wurde an seiner Arbeitsstelle im Kreis Altenkirchen abgeholt und im Streifenwagen nach Bonn kutschiert. Der zweite, ein 24-jähriger Monteur aus Betzdorf, spazierte lässig mit Kappe in den Schwurgerichtssaal. Doch die gute Laune verfolg schnell, als der Vorsitzende ihn in energischem Ton aufforderte, er möge „den Hut“ absetzen.

Pkw wurde geklaut

Im Mai 2020 war ihm sein Pkw samt Handtasche der Freundin und seiner Sonnenbrille, die im Fahrzeuginneren lagen, geklaut worden, erzählte der Monteur. Der Straßenbauer verlor im Juni 2020 seinen von einer Bank finanzierten BMW M 140. Die Befragung dauerte nur wenige Minuten, dann wurden die Zeugen, auf die jetzt noch ein Ordnungsgeld über 200 Euro zukommt, wieder entlassen. Eumann riet ihnen: „Wenn Sie das nächste Mal ein solches Schreiben vom Gericht bekommen, ist das keine Einladung, das ist ein Marschbefehl.“

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Die geklauten Autos, in der Regel BMW, wurden manchmal – so hatten es die Angeklagten erzählt – als „Komplettpaket“ verhökert, meistens aber von einem Fachmann der Bande ausgeschlachtet und dann die Teile verkauft. Für den Motor eines „frischen Modells“, also eines fast neuen, gab es 1300 bis 1500 Euro, für Motoren einer älteren Klasse gelegentlich bis zu 5000 Euro. Die Preisdifferenz konnte der Hauptangeklagte erklären. Die älteren Motoren seien „aus der Garantie raus“, da zahle der Hehler mehr. In der kommenden Woche sollen die Plädoyers folgen, ein Urteil wird für Mitte Oktober erwartet.

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