InterviewKinder- und Jugendpsychiater schlägt Alarm: „massive Zunahme bei den psychischen Erkrankungen“

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Dr. Peter Melchers in einem blauen Hemd und dunklem Anzug.

Dr. Peter Melchers ist Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Klinikum Oberberg

Das Wiehler Gymnasium berät aktuell, wie es den Schülerinnen und Schülern bei psychischen Erkrankungen helfen kann. Dr. Peter Melchers spricht im Interview über die aktuellen Herausforderungen.

Im Zuge des vermehrten psychischen Drucks auf Schülerinnen und Schüler berät das Gymnasium in Wiehl aktuell über geeignete Maßnahmen, um den Jugendlichen zu helfen.

Dafür wurde Arbeitsgruppe unter dem Titel „Beratungsnetzwerk 2.0“ ins Leben gerufen, die pädagogische Fachleute aus verschiedenen oberbergischen Institutionen zusammenführt.

Interview mit Dr. Peter Melchers: „Die Sozialkontakte leiden weiter“

Dr. Peter Melchers ist Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Klinikum Oberberg ist einer der externen Fachleute des Beratungsnetzwerks.

Beobachten Sie eine Zunahme der Fallzahlen bei seelischen Erkrankungen von Heranwachsenden?

Dr. Peter Melchers: Es gibt eine massive Zunahme bei den psychischen Erkrankungen von Mädchen. Da geht es um Depressionen, Angst- und Essstörungen.

Begeben sich Mädchen eher in Behandlung als Jungen?

Darum geht es nicht. Zu uns kommen ja nur die schweren Fälle, die meist von außen identifiziert und in die Klinik gebracht wurden. Tatsächlich sind Mädchen im Jugendalter verletzbarer, weil sie alles in sich hineinfressen. Jungen reagieren eher mit Aggressivität oder anderen nach außen gerichteten Symptomen.

War Corona ein Verstärker?

In dieser Zeit sind Faktoren der Stabilisierung weggefallen. In der Familien hockten die Eltern und Kinder aufeinander. Diese Situation war für Jugendliche besonders schwierig. Je unsicherer man auf den Beinen steht, desto eher fällt man um. Die Medien haben Ängste verstärkt. So wie jetzt im Ukraine-Krieg fortdauernd von der Atomgefahr die Rede ist, gab es damals auch viel Hysterie bei der Diskussion über die Corona-Infektion. Wir wissen heute, dass die Schließung der Kitas überflüssig war. Aber auch in diesem Herbst wurden wieder Martinszüge ohne Gäste veranstaltet, weil man immer noch Sorge hatte, dass die Kinder ihre Großeltern anstecken. Die Sozialkontakte leiden weiter.

Was erhoffen Sie sich von der Mitwirkung am Beratungsnetzwerk?

Vielleicht kann ich hier fachlichen Input geben. Beispielsweise darauf hinweisen, dass Sucht zu den psychischen Erkrankungen gehört und nicht davon unterschieden werden sollte. Auch in diesem Bereich explodieren die Fallzahlen, sei es bei den stoffgebundenen Abhängigkeiten, sei es bei der Computerspielsucht.

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