KlimaschutzWarum ist Oberwiehl kein Vorbild für andere Schulen?

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Fünf Männer stehen vor dem offenen Bunker einer Holzhackschnitzelheizung.

Holz vor der Hütte: BioNet-Geschäftsführer Karl Hendrik Lenz (r.) erläutert am Hackschnitzel-Bunker die Funktionsweise der Anlage, Bürgermeister Ulrich Stücker, Klimaschutzmanager Torsten Richling, Geschäftsführer Thomas Baumhof und Hausmeister Heinz Peter Schenker hören zu (v. l.).

Seit 20 Jahren wird in Oberwiehl mit Holzhackschnitzeln geheizt und viel Geld und CO₂ gespart.  Dennoch ist es bei nur dieser einen Anlage geblieben.

Die Stadt Wiehl war damals die erste Kommune in Oberberg, die in einem eigenen Gebäude auf Holzhackschnitzel setzte. Der Klimaschutz war 2004 noch nicht so ein beherrschendes Thema wie heute, das Oberwiehler Projekt war seiner Zeit voraus. Bei der Verbrennung von Holz wird bekanntlich nur so viel CO₂ freigesetzt, wie zuvor durch das Wachstum der Bäume der Atmosphäre entzogen wurde. Zudem spart man eine Menge Geld. Und dennoch hat die Oberwiehler Anlage nicht Schule gemacht.

Denn eine Holzhackschnitzelanlage braucht gewisse Voraussetzungen. Vor allem ausreichend Platz für den Vorratsbunker und dafür, dass einmal in der Woche ein großer Traktor mit Hänger vorfahren und ihn befüllen kann. Das ist bei den wenigsten Schulen gegeben. In Bielstein hat die Stadt einen entsprechenden Plan frühzeitig aufgegeben. In der Wiehler Grundschule wurde eine einfacher zu betreibende Holzpelletheizung installiert.

Oberbergische Wälder geben weniger Holz her

Zum anderen braucht es einen begeisterungsfähigen Hausmeister, wie ihn die Oberwiehler Schulen mit Peter Schenker haben. Denn der Betrieb der Anlage ist mit einem gewissen Betreuungsaufwand verbunden. Und schließlich muss der regionale Nachschub gewährleistet sein. Denn die Schnitzel aus Osteuropa zu importieren, wäre ökonomischer und ökologischer Unsinn. Die oberbergischen Wälder geben nach der Borkenkäferkatastrophe aber nur noch eine begrenzte Menge an schnitzelfähigem Material her.

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In den Anfangsjahren haben wir viel dazulernen müssen. Dreimal haben wir den ganzen Ort unter Qualm gesetzt.
Karl Hendrik Lenz, BioNet Grünenthal GmbH

Für Oberwiehl, wo sich die Grundschule und die Sprachförderschule des Kreises das Schulgelände und die Heizungsanlage teilen,   hat es aber funktioniert. Darüber waren sich die Beteiligten einig, als sie in der vergangenen Woche anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Anlage Bilanz gezogen haben. Wiehls Klimaschutzmanager Torsten Richling lobt die gute Zusammenarbeit mit der Bergneustädter Firma BioNet Grünenthal, mit der die Stadt damals einen Betreibervertrag abschloss. Der damalige SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Friedhelm Thönes habe den Anstoß dafür gegeben, bei der fälligen neuen Heizung auf das oberbergische Energiepotenzial statt auf Gas aus dem Ausland zu setzen.

Lehrreiche Anfangszeit in Oberwiehl

Im Heizungskeller rieseln die Holzhackschnitzel aus dem mehr als 35 Kubikmeter großen Bunker in einen Metalltrog, bevor sie mittels Förderschnecke in die Brennkammer gelangen. BioNet-Geschäftsführer Karl Hendrik Lenz berichtet derweil, dass das Oberwiehler Projekt 2003 den Startschuss für die Gründung seines Unternehmens gab, das heute zudem Hackschnitzelheizungen in zwei Bergneustädter Schulen und im Kotthausener Brandschutzzentrum betreibt. „In den Anfangsjahren haben wir viel dazulernen müssen“, erinnert sich Lenz. „Dreimal haben wir den ganzen Ort unter Qualm gesetzt.“ Danach wusste man, worauf es bei der Heizungswartung und bei der Brennstoffqualität ankommt.

Die Feinstaubbelastung sie inzwischen fast auf null gesunken, sagt Lenz. Die Kessel in Oberwiehl funktionierten so zuverlässig, weil sie eigentlich zu klein dimensioniert und deshalb oft voll ausgelastet sind. „Und wenn die Anlage doch einmal hustet“, merkt Lenz an und blickt zum Hausmeister, „dann ruft uns Herr Schenker rechtzeitig an.“ In solchen Fällen und an kalten Wintertagen springe dann die zusätzliche Gasheizung an. Mehr als 85 Prozent der Heizleistung übernehme aber die Hackschnitzelanlage. Ein gutes Geschäft für die Stadt, rechnet Klimaschutzmanager Richling vor: „In anderen Schulen haben wir Heizkosten von mehr als acht Euro, hier sind es fünf.“

Der CO2-Ausstoß der Schulen ist von jährlich 300 Tonnen im Jahr 2003 auf 40 Tonnen   gesunken – das entspricht einer Verringerung um über 80 Prozent. „Hier wurde schon vor 20 Jahren innovativ vorgegangen“, freut sich Bürgermeister Ulrich Stücker. Zum Ergebnis beigetragen haben Sanierungsmaßnahmen an den Gebäuden, beispielsweise die Wärmedämmung der Turnhalle und die energiesparende Beleuchtung.

Die Schulleiterinnen Nadine Safarik-Rohr (GGS) und Daniela Nyenhuis (Sprachförderschule) berichten von einem zuverlässigen Betrieb, der den Unterricht nicht stört. Die Grundschule hat sich um eine Zertifizierung als besonders nachhaltige „Schule der Zukunft“ beworben. Safarik-Rohr sagt: „Dabei ist uns die Holzhackschnitzelanlage hoffentlich hilfreich.“


Kommunale Wärmeplanung

Auch die Stadt Wiehl muss bis 2028 eine Kommunale Wärmeplanung vorlegen und wartet auf den erforderlichen Förderbescheid. Bei dieser Strategie werden Hackschnitzelanlagen aber wohl eine untergeordnete Rolle spielen, darüber sind sich die Experten einig. BioNet-Chef Karl Hendrik Lenz weist darauf hin, dass es viel Geld kostet, ein Nahwärmenetz zu verlegen. Dieser Aufwand lohne sich auch bei Neubaugebieten nicht, wenn dort effizient gedämmte Häuser entstehen. Das viel beachtete Vorzeigeprojekt in Gummersbach-Lieberhausen lebe davon, dass es mit großem Enthusiasmus angegangen wurde und betrieben wird. Lenz sagt: „Die Idee kam aus dem Dorf. Wenn man es von außen aufdrücken möchte, funktioniert es nicht.“

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