Der Titel seines Vortrags lautete: „Zeitenwende?! Herausforderungen für Politik und Wirtschaft“. Der frühere Bundestagspräsident und heutige Vorsitzende der Adenauer-Stiftung bot als Gast der Volksbank Berg eine anregende politische Analyse.
GastvortragNorbert Lammert gab in Wipperfürth zu denken

Beim Mitgliederforum der Volksbank Berg war Norbert Lammert als Gastredner eingeladen.
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Das Konzept einer Genossenschaftsbank ist so simpel wie clever: „Alle zusammen schaffen viel“. Auf diesen Punkt brachte es Tanja Paas, Teamleiterin Öffentlichkeitsarbeit bei der Volksbank Berg beim Mitgliederforum in der Alten Drahtzieherei in ihrer Moderation des Gesprächs mit den Vorstandsmitgliedern Christoph Gubert und Helmut Vilmar.
Gubert und Vilmar berichteten über die Aktivitäten des vergangenen Jahres, die Entwicklung hin zum Online-Banking und die Gewinnausschüttungen; die Reihen in der Alten Drahtzieherei waren gut gefüllt. Als Gastredner war der CDU-Politiker und ehemalige Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert geladen, der sich in seinem sehr lebendigen und interessanten Vortrag dem ganz und gar nicht einfachen Thema „Zeitenwende?! Herausforderungen für Politik und Wirtschaft“ widmete.
Woran kann man die Zeitenwende erkennen?
Zuvor berichteten die beiden Auszubildenden im dritten Lehrjahr Pascale Koch und Adrian Koch aus ihrer Praxis über das schon angesprochene Thema Online-Banking, ihr Beitrag war sinnigerweise „Ein Zugang – viele Wege: Banking jederzeit und überall“ betitelt.
Im Mittelpunkt des Abends stand jedoch der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Norbert Lammert. „Das Thema des Abends ist ja eigentlich ein sich selbsterklärendes. Aber es lohnt der Blick auf die Frage, woran man eine solche Zeitenwende verlässlich erkennen kann“, sagte der Gastredner. Das sei gar nicht so einfach, denn: „Wir alle sind eher darauf trainiert, Ereignisse statt Entwicklungen zu erkennen“. Er nannte Beispiele für Ereignisse, die in der Wahrnehmung zugleich Zeitenwende-Momente darstellten: die ersten Menschen auf dem Mond, der Fall der Berliner Mauer, die Angriffe auf das World Trade Center.
Eine Zeitenwende zu erkennen, ist gar nicht so einfach. Wir alle sind eher darauf trainiert, Ereignisse statt Entwicklungen zu erkennen.
Und dennoch bleibe die Frage: „Was ist eine Zeitenwende?“ Im Duden gibt es die simple Erklärung: „Ende einer Epoche, Beginn einer neuen Zeit.“ Lammert gefiel der Begriff für die genannten Ereignisse allerdings nicht, weil er ihm zu unscharf war. „Etwa mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, über den der damalige Kanzler Olaf Scholz von einer Zeitenwende sprach. Aber stimmt das denn?“, fragte Lammert.
Denn die „unverhandelbaren und universell gültigen“ Rechte der „Charta von Paris“, die vor 35 Jahren unterzeichnet wurde, auch von Russland und den USA, in der vor allem die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Souveränität der Länder niedergeschrieben wurden, seien doch schon lange vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs gebrochen worden. Russland habe bereits 2014 die Krim annektiert, und halte bis heute Teile von Georgien besetzt.
„Zeitenwenden – wann finden sie statt und wann nehmen wir sie wahr?“, fragte Lammert. Und machte damit nachdenklich, auch über die eigene Wahrnehmung der Geschichte. Lammert war fraglos ein präziser und unaufgeregter Beobachter des Weltgeschehens, eine mehr als wichtige Stimme in einer heute so aufgeregten Zeit.