Aufgabenteilung im KreishausRhein-Berg-Politiker über Santelmanns Rückzieher entsetzt

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Stellte sein neues Organisationsmodell vor: Landrat Stephan Santelmann (CDU). (Archivbild)

Rhein-Berg – Der Grund, warum Landrat Stephan Santelmann (CDU) nach eigenen Angaben die Kommunikation über die neue Aufgabenverteilung gestoppt hat, stellt sich auf Nachfrage bei der Bezirksregierung doch etwas anders dar, als der Kreishauschef am Dienstag in einer E-Mail an die Mitarbeiter und im Gespräch mit dieser Zeitung erläutert hatte.

Wie ein Sprecher der Bezirksregierung am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung mitteilte, habe die Bezirksregierung lediglich um „Mitteilung gebeten, welche Aufgaben des Landrats (durch die Umstrukturierung der Verwaltung, d.Red.) betroffen sein sollen und wie die geplante Umstrukturierung und Aufgabenzuordnung im Einzelnen aussehen soll“. Von einem sofortigen Stopp der aktuellen Umstrukturierung, wie ihn Santelmann daraus abgeleitet und vorerst alle weiteren diesbezüglichen Termine abgesagt hatte, war nicht die Rede.

Erste Reaktion der Bezirksregierung seit Monaten

Gleichwohl deutet die Bezirksregierung in ihrer Stellungnahme zu dem Vorgang von Dienstagvormittag an, dass sie Probleme in der Umstrukturierung sehen könnte: In der Berichterstattung sei von „einer kompletten Umstrukturierung der Kreisverwaltung“ die Rede gewesen. Die „dem Landrat gesetzlich zugewiesenen Aufgaben“ aber gingen über die in den Neuorganisationsplänen vorgesehenen Aufgaben der „Außenvertretung und Repräsentationsaufgaben weit hinaus“. So jedenfalls begründet die Bezirksregierung ihre Bitte um eine Stellungnahme, für die sie eine Frist bis zum kommenden Freitag, 9. Juli, gesetzt habe.

Nach Informationen dieser Zeitung ist dies die erste Reaktion der Bezirksregierung als Kommunalaufsicht auf die seit Monaten fortlaufende Berichterstattung über die Probleme im Kreishaus bei der Pandemiebekämpfung nach Stilllegung des Krisenstabs durch Landrat Santelmann (CDU) sowie die in der Folge offen zu Tage getretenen, seit Jahren andauernden Verwerfungen zwischen dem Kreishauschef und der Verwaltung.

Urbach äußert sich nicht weiter zum Umgang mit der Situation

Seit wenigen Wochen ist bei der Bezirksregierung für die Kommunalaufsicht wie berichtet Lutz Urbach verantwortlich, der bis Oktober vergangenen Jahres Bürgermeister der rheinisch-bergischen Kreisstadt Bergisch Gladbach war. Vor der Landratswahl 2017 hatte Urbach CDU-intern jener Findungskommission angehört, die den zuvor als Amtsleiter in der Kölner Stadtverwaltung tätigen Stephan Santelmann im parteiinternen Verfahren als Kandidat vorgeschlagen hatte. Wie Urbach damals bestätigte, kannten er und Santelmann sich aus der Zeit, als sie beide für den Kölner Oberbürgermeister Harry Blum tätig waren.

Zur aktuellen Vorgehensweise der Kommunalaufsicht verwies Urbach am Mittwoch auf Anfrage an die Pressestelle der Bezirksregierung. Weitergehende Informationen zum Umgang mit der Situation im rheinisch-bergischen Kreishaus gab es von dort auf Nachfrage nicht.

„Ich bin relativ sprachlos“

In der Kreispolitik sorgte Santelmanns jüngste Wende im Umgang mit der mit ihm vereinbarten Neuaufteilung der Aufgaben im Kreishaus für Unmut und Unverständnis: „Ich bin von der aktuellen Entwicklung schockiert“, sagte SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn. Dass die vom Kreiskämmerer der Verwaltung mitgeteilten Veränderungen nicht mit dem Landrat abgestimmt seien, wie Santelmann in einer Mail an alle Kreismitarbeitenden geschrieben hatte, „stimmt so nicht“, so Zorn.

Auch habe die Bezirksregierung mit ihrer Anfrage keineswegs verfügt, dass der Prozess gestoppt werde. „Ich bin relativ sprachlos“, so Zorn, der gleich für Mittwochabend eine Sondersitzung der SPD-Fraktion einberief: „So eine Entwicklung habe ich noch nicht erlebt, und sehe auch derzeit keine Lösungsmöglichkeit mehr.“

CDU geht davon aus, dass es bei Neuverteilung bleibt

„So kann es nicht weitergehen“, äußerte sich Werner Conrad, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Kreistag. „Das ist keine Basis für eine politische Zusammenarbeit. Von dem Rückzieher waren wir vollkommen überrascht – und wieder haben wir es nur aus der Presse erfahren. Das ist keine faire Kommunikation von Herrn Santelmann“, so Conrad. „Was uns über den Ältestenrat von ihm selbst kommuniziert worden war, klang doch eigentlich positiv.“ Für diesen Freitag haben auch die Freien Wähler eine Sonderfraktionssitzung anberaumt: „Das passt doch hinten und vorne nicht. Für die Vorgehensweise des Landrats fehlt mir jedes Verständnis.“

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FDP-Fraktionschef Dr. Alexander Engel kündigte an, dass seine Fraktion prüfen lassen werde, ob es „wirklich rechtliche Bedenken“ gebe. „Wenn nicht, dann müssen wir uns auch mit der Person Santelmann beschäftigen.“ Es könne doch nicht sein, dass alles, was vereinbart und im Ältestenrat bereits kommuniziert gewesen sei, nun wieder in Frage gestellt werde.

Aus dem Urlaub heraus meldete sich auch CDU-Kreisparteichef Uwe Pakendorf zu Wort: „Die E-Mail von Stephan Santelmann an die Kreisverwaltung ist von unserer Seite aus nicht nachvollziehbar“, so Pakendorf. „Wir gehen dennoch klar davon aus, dass die Beschlüsse über die Neuaufteilung der Aufgaben weiterhin Bestand haben.“

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