Dekra-TestSicherheit auf Gladbacher Weihnachtsmarkt als mangelhaft bewertet

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Betonblöcke sollen mögliche Angriffe mit Lkw auf den Bergisch Gladbacher Weihnachtsmarkt verhindern helfen.

Betonblöcke sollen mögliche Angriffe mit Lkw auf den Bergisch Gladbacher Weihnachtsmarkt verhindern helfen.

Bergisch Gladbach – Kann man sich unbeschwert auf einem Weihnachtsmarkt bewegen, und haben Kommune und Veranstalter alles Erdenkliche für die Sicherheit getan? Eine Frage, die sich womöglich viele Besucher der vorweihnachtlichen Märkte stellen.

Glaubt man Testversuchen der Dekra, ist die Sicherheit der Weihnachtsmarktbesucher auf dem Konrad-Adenauer-Platz überhaupt nicht gewährleistet. Die Lkw-Blockaden aus Beton, die Besucher und Aussteller auf dem Konrad-Adenauer-Platz vor Angriffen mit Fahrzeugen schützen sollen, seien reine Kosmetik, so die Dekra.

Auf einem Testgelände haben Dekra-Ingenieure einen zehn Tonnen schweren Lastwagen mit einer Geschwindigkeit von rund 50 Stundenkilometern gegen die Beton-Blockaden fahren lassen. Das Ergebnis war verheerend. Egal in welchem Winkel der Laster gegen die Betonblöcke fuhr, sie konnten seine Fahrt nicht stoppen.

25 Meter weitergefahren

„Nach einem Frontalcrash fuhr der Lkw noch 25 Meter mit fast unverminderter Geschwindigkeit weiter und krachte gegen eine Wand“, sagt Marcus Gärtner, Projektmanager Crashtest bei der Dekra.

Noch schlimmer waren die Folgen eines Aufpralls im 45-Grad-Winkel. Auch hier fuhr der Lastwagen mit leichter Kursabweichung weiter, schob allerdings noch einen 2,5 Tonnen schweren Betonblock über 20 Meter weiter. Nicht auszudenken, was geschehen wäre wenn der Betonkoloss Menschen auf seinem Weg mitgerissen hätte. Gärtner: „Die Folgen sind nicht abzuschätzen, wenn die Dinger durch die Gegend fliegen.“ Betonblockaden der einfacheren Art seien „sicherlich nicht die beste Lösung“.

Die Dekra empfiehlt versenkbare Hochsicherheitspoller für die Sicherung von Veranstaltungsplätzen vor Lkw-Attentaten. Doch diese Sicherung sei nicht preiswert, und viele Kommunen scheuten die Ausgabe für die zusätzliche Sicherheit ihrer Bürger.

Hochsicherheitspoller kosten bis zu 500.000 Euro

Wie teuer die Sicherung mit Hochsicherheitspoller werden kann, lernt gerade die Stadt Langenfeld. Sie plant aktuell die Absicherung ihres Marktplatzes, der ähnlich wie der Konrad-Adenauer-Platz aufgebaut ist, mit einem teuren System. „Nach den ersten Kostenvoranschlägen rechnen wir mit Baukosten von rund 500.000 Euro“, sagt Langenfelds Pressesprecher Andreas Voss.

„Ich will mich konkret nicht zu den Maßnahmen in Bergisch Gladbach äußern, weil ich sie nur aus einem Film kenne und nicht persönlich vor Ort war“, erklärt Roland G. Meier, Vorsitzender des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit. Zumindest solle man aber über Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung auf der Gefällestrecke Paffrather Straße/Konrad-Adenauer-Platz nachdenken. Eine Verlangsamung sei immer sinnvoll. Sicherlich gebe es aber auch hier nicht nur eine Lösung. Die Frage sei, welches Risiko man tragen wolle, welche Gefahr man akzeptiere. Eine absolute Sicherheit gebe es nicht. „Bei einer hohen Personendichte drohen immer Gefahren, die höher sind als durch Fahrzeuge“, sagt Meier.

„In Bergisch Gladbach liegen die Beton-Blöcke am Bürgersteig an und werden so am Wegrutschen gehindert“, betont Polizeisprecher Richard Barz. Das sei mit dem Versuchsaufbau der Dekra nicht zu vergleichen. Der Polizeisprecher: „Dort lagen die Betonhindernisse auf einer ebenen Fläche.“

Vor dem Hintergrund einer weiterhin hohen abstrakten Gefährdung in Deutschland sei der Polizei die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger wichtig, betont Barz. Täglich würden alle zur Verfügung stehenden Information ausgewertet, und die Sicherheitslage werde neu bestimmt. Es lägen aktuell keine konkreten Erkenntnisse für eine akute Gefahr vor, die den Weihnachtsmarkt in Bergisch Gladbach betreffe.

Szenarien und Möglichkeiten der Sicherung seien mit der Stadt besprochen worden. Die im Vorjahr gewählte Variante, an der Ecke Paffrather Straße/Konrad-Adenauer Platz Betonblöcke zu deponieren, erscheine allen Beteiligten in Anbetracht der Gefährdungsbewertung angemessen und ausreichend.

Stadtsprecher Martin Rölen äußert sich ähnlich: „Wir sehen für den Weihnachtsmarkt keine konkrete Gefährdungslage. Die Polizei hat empfohlen, die Betonblöcke wie im vergangenen Jahr wieder aufzubauen.“ Damit könnten alle Seiten leben. Zumindest hätten die Blöcke eine abschreckende Wirkung, und die Lösung sei auch finanzierbar.

Rölen: „Es ist keinem gedient, wenn der Veranstalter die Auflagen finanziell nicht erfüllen kann. Dann würde der Markt nicht mehr stattfinden.“

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