Politische Kunst im Comic-FormatInstallation an der Gnadenkirche in Bergisch Gladbach

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Politische Kunst

Die Gnadenkirche im Schein der Animationen: Die Künstlerin projizierte Zeichnungen und  Lichtmalereien auf das Gebäude, kombiniert mit Musik und Interviews.

Bergisch Gladbach – Eine riesige Hand kommt zum Vorschein und bewegt sich in Richtung des Eingangs der Gnadenkirche. Nach und nach tippt ein rausgestreckter Finger leicht auf die Dach-Partien und die Eingangssäulen. Bei jedem Tippen werden Flötentöne hörbar und im Sekundentakt verwandelt sich das schlichte Gebäude in ein buntes Comic-artiges Kunstwerk.

Bald folgen Zeichnungen von Strichmännchen, Animationen vom Meeresleben, flackernde TV-Aufzeichnungen und bunte skurrilen Figuren erscheinen im Wechsel auf Geländer, Dach und Außenwänden. In Kombination mit Melodien, Tönen, Kinderinterviews und Aufnahmen von Rednerinnen, sorgen die visuellen und akustischen Effekte für ein fesselndes Aufeinandertreffen verschiedenster Eindrücke. Sie alle kreisen um unterschiedliche gesellschaftskritische Botschaften: Klimawandel, Plastikverschmutzung, Ungleichheiten zwischen Menschen, Hunger gehören unter anderem dazu.

Öffentlicher Raum für politische Kunst

Das Ziel? Politischer Kunst öffentlichen Raum zu geben. Nicht nur an dem Tag, an dem Parisa Karimis Kunst die diesjährige Abschlussveranstaltung der Urban-Art-Kampagne „Weltbaustellen“ darstellt (siehe Kasten).„Bergisch Gladbach ist eine von 27 Städten in NRW, die an der Aktion teilnehmen“, berichtet Judith Petersen von Eine Welt NRW bei ihrer Begrüßungsrede.

Zur diesjährigen Abschlussveranstaltung lassen die Besucher also zunächst Karimis Animationen auf sich wirken und bekommen im Anschluss daran die Möglichkeit, sich in der Gnadenkirche über nachhaltige Projekte in Gladbach zu informieren oder dem Poetry-Slam von Karina Hirsch zu lauschen. Am Stand der erst am Donnerstag gegründeten Vereinsgruppe „Faireinskultur“ wärmt sich die Künstlerin nach den Anstrengungen zunächst auf.

Menschen kommen zu Wort

„Ich bin seit zwei Uhr mittags hier“, berichtet Parisa Karimi. Es sei eine Millimeter-Arbeit gewesen: „Wir saßen sehr viele Stunden daran, dass die Animationen perfekt auf das Gebäude passen.“ Das sogenannte Projection Mapping entdeckte die in Köln lebende Filmemacherin und Medienkünstlerin 2016 für sich.

Das Projekt

Das ganze Jahr über fanden Kunstveranstaltungen des Eine Welt Netz NRW statt; das ist ein Landesnetzwerk entwicklungspolitischer Vereine, die den aktuellen Themen der Gesellschaft Raum geben. Siebzehn zentrale Ziele hat das Eine Welt Netz NRW dabei für eine nachhaltige Zukunft aufgestellt. Projekte gegen Welthunger, Plastikmüll und Armut bis hin zu Aktionen rund um Wasser, Industrie und Gesundheit gehören dazu. Unterstützt werden sie dabei unter anderem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Gemeinsam mit Christian Gollmer vom Forum für Nachhaltigkeit fürs Bergische und mit Unterstützung der Ortsgruppe Amnesty International ist die Aktion in Bergisch Gladbach durchgeführt worden. Die Stadt hatte Künstler dazu aufgerufen, sich mit einem Proiekt für den weltweiten Aktionstag „Cities for Life“ zu bewerben – was bei heimischen Künstlern auch auf Kritik gestoßen war, die das Thema zu einseitig formuliert fanden. (eck)

Faszinierend findet sie daran die einzigartige Kombination von Architektur, Animation, TV-Ausschnitten und Musik, wobei sie am liebsten Kinder-Interviews einbaut: „Ich finde es schön, Menschen zu Wort kommen zu lassen, die sonst nicht gehört werden.“

Daher spielen in ihren Arbeiten neben Kindern auch People of Color oder starke Frauen eine zentrale Rolle. Und das sorgt für ganz unterschiedliche Gefühle bei den Gladbachern: „Am Anfang war ich nur fasziniert. Als die Menschen angefangen haben zu sprechen, kam Verzweiflung auf “, erzählt Kerstin Bacher. Enttäuscht war sie von den wenigen Besuchern. Und tatsächlich waren nicht einmal die ersten beiden Bänke in der Gnadenkirche voll. Diejenigen, die gekommen sind, ließen sich jedoch von der gelassenen Atmosphäre, den Informationen und der Performance begeistern.

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