Prozess in Bergisch GladbachSeniorin in Wohnung ausgeraubt – Gefängsnisstrafe

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Amtsgericht Bergisch Gladbach Bensberg

Amtsgericht Bergisch Gladbach

Bergisch Gladbach – Das Bergisch Gladbacher Schöffengericht hat gestern einen drogensüchtigen Räuber zu anderthalb Jahren Haft verurteilt. Der 42-jährige Gladbacher war vor zwei Jahren in die Wohnung einer 88-jährigen Rentnerin in Paffrath eingestiegen, fand dort die alte Dame vor, drückte sie auf ihre Couch zurück und nahm ihr Portemonnaie mit 400 Euro Inhalt an sich.

Die Verhandlung am Dienstag war bereits die zweite in dem Verfahren. Beim ersten Prozesstermin im Juli hatte der in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte wider Erwarten kein Geständnis abgelegt. Aus diesem Grunde wurde auch die mittlerweile 90 Jahre alte Erna K. (Namen geändert) als Zeugin geladen. Nach Einschätzung von Richterin Birgit Brandes meisterte die von ihrer Tochter begleitete schwerhörige und fast blinde alte Dame ihre Aufgabe als Zeugin gegen Ali G. „bravourös“ im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Angeklagter drückte Seniorin in die Couch

Nein, sie sei mit dem Angeklagten weder verwandt noch verschwägert, beantwortete Erna K. die standardmäßige Eingangsfrage der Richterin: „Den kenn’ ich den doch gar nicht!“ Der Mann sei in die Wohnung gekommen, sie habe ihn angesprochen, „dann hat er mir einen Schubs gegeben, und das war es“. Sie habe 400 Euro in ihrer Tasche gehabt, weil sie mit ihren Enkelinnen essen gehen wollte. Mehr Gewalt als das in die Couch zurückdrücken habe es an dem Tag nicht gegeben.

Gleichwohl wurde deutlich, dass die Tatsache, in den eigenen vier Wänden Opfer geworden zu sein, nicht spurlos an Erna K. vorübergangen ist: „Ich lasse immer die Rollläden runter. Mehr wie sich einschließen kann man doch nicht machen.“ Die Balkontür zum Wald, die früher oft auf Kipp gestanden habe, benutze sie nur noch kurz zum Lüften und nur dann, wenn jemand zu Besuch sei. Vor der Aussage von Erna K. hatte Ali G. über seinen Anwalt Oliver Ladwig erklärt, er wolle nun doch gestehen, auch um der alten Dame einen Zeugenauftritt zu ersparen. Erst in der vergangenen Woche war ein anderes Strafurteil gegen G. – 26 Monate und Unterbringung in eine Entziehungsanstalt für mehrere Einbrüche unter Drogeneinfluss – rechtskräftig geworden.

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Ali G. war im Alter von neun Jahren als jüngstes von neun Kindern nach Deutschland gekommen. Schwierige familiäre Verhältnisse führten dazu, dass er nie richtig Fuß fasste und sehr früh eine Drogenkarriere startete. Vier Mal bereits hat er eine Entziehungskur gemacht. Bei der Frage, wie er zu bestrafen sei, bescheinigte die Staatsanwältin ihm zwar, dass sich das Maß der Gewaltanwendung am unteren Bereich der Skale bewege. Ein minder schwerer Fall sei es angesichts der Gesamtumstände trotzdem nicht. Verteidiger Ladwig forderte ein Jahr.

In der Urteilsbegründung wies Richterin Brandes darauf hin, dass zu berücksichtigen sei, gegen wen die Gewalt sich richte – in diesem Fall gegen eine fast 90-jährige Frau. „Er hätte auch gehen können, als er die alte Dame bemerkte.“ Die 400 Euro Beute werden eingezogen und der alten Dame zurückgegeben.

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