Tonnenweise Schwermetall im FlussVersuch zur Klärung der Sülz gescheitert

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Die Rotfärbung durch Eisen, die Kreis-Umweltamtsleiterin Elke Reichert und Markus Roth beobachten, sind noch eine der weniger brisanten.

Rhein-Berg – Blei, Cadmium, Arsen und Zink sind nur einige der Schwermetalle, die im früheren Bensberger Erzrevier noch im Boden schlummern. Und dort bleiben sie nicht. In der Sülz, die unter anderem am Fuße des früheren Erzbergwerks Grube Lüderich entlang fließt, liegt die Belastung mit Schwermetallen teils um ein Vielfaches über bundeseinheitlichen Richtwerten. Ein Versuch indes, einzelne Bäche oder Einleitungen auszumachen, durch deren Klärung die Schwermetallbelastung in der Sülz signifikant verbessert werden könnte, ist jetzt gescheitert.

Der Grund: Zu diffus und vielfältig sind laut Umweltamt des Kreises die Wasserzuflüsse in die Sülz. Das hat eine Untersuchung ergeben, die der Kreis mit Unterstützung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) und in Kooperation mit der Bezirksregierung Köln und dem Aggerverband durchgeführt hat.

100 Tonnen Zink jedes Jahr in Fluss gespült

Auf einem 1,5 Kilometer langen Flussabschnitt zwischen Overath-Untereschbach und Rösrath-Hellenthal wurden bei einem mittleren Wasserstand der Sülz an 32 Stellen Wasserproben entnommen, auf ihre Schwermetallbelastung hin untersucht und die Werte hochgerechnet.

Ergebnisse in Zahlen

100 Tonnen Zink werden auf dem 1,5 Kilometer langen getesten Abschnitt pro Jahr in die Sülz gespült. Hinzu kommen 30 Tonnen Eisen, 12 Tonnen Mangan, 800 Kilogramm Nickel, 300 Kilo Kobalt und 100 Kilo Cadmium.

150 Millionen Kubikmeter Wasser fließen pro Jahr im Schnitt die Sülz hinunter.

Ergebnis: 100 Tonnen Zink, 30 Tonnen Cadmium, Kobalt, Eisen, Mangan und Nickel werden jedes Jahr allein auf dem 1,5 Kilometer langen Flussabschnitt in die Sülz gespült. Anders als nach einer Voruntersuchung des Landes vermutet, habe sich keine Stelle ermitteln lassen, an der der Schwermetalleintrag signifikant höher als an den übrigen gewesen sei, sagt Kreis-Umweltamtsleiterin Elke Reichert beim Ortstermin auf Anfrage dieser Zeitung.

Hatte man zuvor vermutet, dass vor allem der Neue Lüderichstollen und der Daubenbücheler Siefen vom ehemaligen Klärteich der Grube Lüderich für den Schwermetalleintrag verantwortlich seien, so zeigten die dicht gestaffelten Gewässerproben, dass keine Bach- oder Rohrmündung besonders hervorsticht. Es gebe zudem Bäche, die weit vor der Mündung in die Sülz versickerten und deren Wasser dann unterirdisch in den Fluss gelange, erläutert Reichert die Belastung aus unzähligen „diffusen Quellen“.

Wasserqualität wird als „schlecht“ eingestuft

Das Gesamtergebnis: Hinter dem Messabschnitt wird der Grenzwert der Oberflächengewässerverordnung für Cadmium (0,15 Mikrogramm pro Liter) in der Sülz um das Drei- bis Vierfache überschritten. Die Belastung mit Zink (700 bis 900 Mikrogramm pro Liter) liegt sogar um das 50- bis 60-Fache über dem Orientierungswert der EU-Wasserrahmenrichtlinie. In Bezug auf Metalle werde die Wasserqualität der Sülz laut Wasserrahmenrichtlinie als „schlecht“ eingestuft, so Diplom-Geograf Markus Roth vom Kreisumweltamt.

2000 Jahre Bergbau

Schon römische Legionäre haben kurz nach Christi Geburt auf dem Lüderich Blei- und Silbererz abgebaut. Ab dem 19. Jahrhundert wurden Blei-, Zink-, Kupfer- und Eisenerz industriell abgebaut und aufbereitet. Die Aufbereitungsanlage der Grube Lüderich reichte bis an die Sülz heran, die stark schwermetallhaltigen Klärschlämme wurden in einen Teich auf der anderen Talseite am Tütberg gepumpt.

Nach Schließung der Grube Lüderich als letztem Bergwerk im Bensberger Erzrevier im Jahr 1978 wurden die Schächte und Stollen verschlossen. Aus 40 der 300 Stollenausgänge (Mundlöcher) im Bensberger Erzrevier zwischen Bergisch Gladbach und Engelskirchen fließt bis heute pausenlos Wasser. Zudem sind zahlreiche Bäche, die durchs ehemalige Bergbaugebiet fließen mit Metallen belastet.

Das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Kreises untersuchte zudem Fische wie Forelle, Aal und Döbel aus der Sülz. Ergebnis: „Keine spezifische Belastung.“ Die Werte bei Blei, Cadmium und Quecksilber lägen sogar „zum Teil sehr deutlich unterhalb der nach den einschlägigen Vorgaben festgelegten Höchstwerte“. Fazit des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes: „Eine besorgniserregende Belastung der Sülz kann nicht erkannt werden.“

Wie viel Wasser aus der Sülz für den Menschen gefährlich wäre? Dazu gibt’s vom Kreis auf Nachfrage (noch) keine Aussage. Nur so viel: Die Sülz habe definitiv keine Trinkwasser- und keine Badewasserqualität. Die Frage, warum man unterdessen nicht die gesamte Sülz flussabwärts reinige, hatte Kreis-Umweltdezernent Gerd Wölwer vor Beginn der Untersuchung 2018 damit begründet, dass der technische Aufwand, der erforderliche Chemie- und Energieeinsatz und damit auch der „ökologische Fußabdruck“ eines solchen Projekts so immens sei, dass es in keinem Verhältnis zum Nutzen stehe.

Mit den Altlasten des Erzbergbaus befasst sich am Donnerstag ab 18 Uhr der Umweltausschuss des Kreises in öffentlicher Sitzung im Kreishaus.

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