Hitzige Debatte im Gladbacher Hauptausschuss um den Katalog von 43 Maßnahmen für mehr Klimaschutz.
Streit um MaßnahmenkatalogBergisch Gladbach vertagt Klimaschutzkonzept
![Die Innenstadt von Bergisch Gladbach, im Hintergrund ein qualmender Fabrikschornstein](https://static.ksta.de/__images/2023/08/24/b5e92223-0275-4b5d-9251-961e69621d6e.jpeg?q=75&q=70&rect=0,277,4000,2250&w=2000&h=5334&fm=jpeg&s=6ac5351c0f2976432ccaa4444b8252b5)
Was muss Bergisch Gladbach tun, um den Klimawandel zu bekämpfen? Darüber gehen die Meinungen auseinander.
Copyright: Guido Wagner
Die Fraktionen im Stadtrat kommen beim Klimaschutzkonzept auf keinen gemeinsamen Nenner. Der vehemente Streit um einen Katalog von 43 Einzelmaßnahmen, um bis 2045 klimaneutral zu werden, setzt sich auch im Hauptausschuss fort. Erneut wird die Entscheidung verschoben – diesmal bis Ende Oktober.
Die Lage ist verfahren. Eine Annäherung zeichnet sich nicht ab. Grüne und SPD drängen darauf, keine Zeit mehr zu verlieren. CDU, Freie Wählergemeinschaft und FDP haben Bedenken bezüglich Finanzierbarkeit, Relevanz und Nutzen einzelner Maßnahmen. Der Koalition Grüne/SPD bleibt nichts anderes übrig, als sich dem von Freien Wählern und CDU gestellten Antrag auf Vertagung anzuschließen.
Gladbacher Verwaltung wirbt für ein starkes Votum
Aus den Reihen der SPD gibt es nur eine Gegenstimme, bei den Grünen eine Enthaltung. Für ihren Kompromissvorschlag, das integrierte Klimaschutzkonzept jetzt zu beschließen, aber die Einzelposten anschließend in einem zweiten Schritt zu klären, hätte die Koalition keine Mehrheit gefunden. Dies ergibt die teils mit harschen Worten geführte Debatte.
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Für ein starkes Votum wirbt Dezernent Ragnar Migenda ausdrücklich und nimmt deshalb eine Verzögerung von acht Wochen in Kauf: „Sonst besteht die Gefahr, dass das Klimaschutzkonzept in der nächsten Legislaturperiode durch andere Mehrheiten kassiert wird.“ Bürgermeister Frank Stein, der die Sitzung leitet, stellt klar, dass alle Posten im Klimaschutzkonzept sowieso gesondert bei den Haushaltsberatungen entschieden werden müssten.
Bei der CDU überwiegen die finanziellen Bedenken
Trotzdem überwiegen die finanziellen Bedenken. Fraktionsvorsitzender Benno Nuding bezweifelt, „ob wirklich alle Maßnahmen sinnvoll sind.“ Wenig effektiv sei beispielsweise, das Mobilitätskonzept für 150.000 Euro zu überarbeiten. Ins Spiel bringt er den alten FWG-Grundsatz, einige Flächen aus dem Flächennutzungsplan herauszunehmen und nicht zu versiegeln: „Das ist ganz kostenfrei.“
Die CDU mahnt: „Wir müssen die Finanzierbarkeit im Auge behalten“, sagt Fraktionschef Michael Metten. Dabei setzt die Fraktion großes Vertrauen in die Bevölkerung. Die Menschen seien sich längst ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bewusst. „Das sieht man beim privaten Einsatz von Photovoltaik“, betont Metten. Eine Umstellung von Essensangeboten in Schulen auf vegetarische Gerichte hält er für eine Bevormundung der Eltern. Auch das Mobilitätsmarketing sei überflüssig, die Menschen träfen längst Entscheidungen, wie sie den CO2-Ausstoß reduzieren könnten.
Die Gladbacher FDP fürchtet ein Haushaltssicherungskonzept
Für die FDP geht es darum, „eine Balance zwischen Geben und Nehmen zu finden“, sagt Dorothee Wassmuth, stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Es gelte zu verhindern, ins Haushaltssicherungskonzept zu rutschen. „Wir nehmen gerne den höchsten Standard, wenn wir uns das leisten können“, sagt sie. Die Menschen zu motivieren sei richtig, aber sie umzuerziehen sei der falsche Weg.
Theresia Meinhardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen, ist davon überzeugt: „Alle Maßnahmen im Konzept sind absolut rentierlich.“ Insbesondere Beratungsangebote für Bürger. Auf den Kreis könne man sich dabei nicht verlassen: „Wir müssen das selbst in die Hand nehmen.“ Sie weist den Vorwurf zurück, 19 zusätzliche Stellen müssten geschaffen werden. Unterm Strich sei es eine einzige neue Stelle. Alle anderen Stellen gebe es bereits in der Verwaltung.
SPD: Bergisch Gladbach hat großen Rückstand beim Klimaschutz
Klaus Waldschmidt, Fraktionschef der SPD, betont, der vorgelegte Entwurf reiche kaum, um den Rückstand der Stadt aufzuholen. „Ein Klimaschutzkonzept gibt es nicht zum Nulltarif. Über die Kosten darf nicht wie auf einem Basar verhandelt werden.“
Die Ausgaben für das Marketing seien wichtig, der Bürger kenne sich in dem Behördendschungel nicht aus „Einer Mogelpackung werden wir nicht zustimmen“, kündigt Waldschmidt an. Günther Schöpf, AFD-Fraktionschef, sagt: „Wir in Bergisch Gladbach werden nicht die Welt retten.“
Die Klimafreunde Bergisch Gladbach sind frustriert
Frustriert verlassen die Zuhörer aus den Reihen der Klimafreunde den Saal: „Das Verhalten der Politik gegenüber den Bürgern ist absolut respektlos“, kritisiert Vereinsvorsitzender Stefan Häusler. Zumindest eine eindeutige Absichtserklärung zur Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes hätte er erwartet.
„Wir Bürger nehmen der Stadt ja schon einen Großteil der Arbeit ab, indem wir mithilfe der Energiegenossenschaft die Photovoltaik auf die Dächer bringen.“ Die Politik dagegen zeige sich handlungsunfähig, diskutiere nur über Kosten: „Das ist kein gutes Signal."