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„Das Wasser stinkt“Bergisch Gladbacher beklagen sich über gechlortes Trinkwasser

Lesezeit 4 Minuten
Ein Glas Wasser wird unter einen Wasserhahn gehalten.

Das Trinkwasser in Teilen von Bergisch Gladbach wird noch weiter gechlort, teilt die Belkaw mit.

Die Belkaw chlort das Trinkwasser in weiten Teilen von Bergisch Gladbach noch bis nach Weihnachten. Inzwischen melden sich viele Bürger.

Das Leitungswasser in weiten Teilen des Stadtgebiets wird weiterhin gechlort. Die Belkaw als zuständiger Trinkwasserversorger kündigt an, dass die Chlorung vor Weihnachten nicht eingestellt werden kann. Viele besorgte Anwohner melden sich bei der Belkaw, einige auch bei dieser Zeitung, weil sie befürchten, dass eine gesundheitsschädliche Verkeimung hinter der Vorsorgemaßnahme stecken könnte.

„Das Wasser stinkt“, berichtet eine Anwohnerin aus dem Stadtteil Hand. Ihre Kinder könnten es nicht aushalten, sich damit die Zähne zu putzen. Sie selbst habe eine Gastritis bekommen, die sie mit dem gechlorten Wasser in Verbindung bringe, sagt die Ärztin. Namentlich möchte sie nicht genannt werden, weil sie im öffentlichen Dienst arbeitet.

Rhein-Energie-Sprecher zeigt Verständnis

„Ich habe großes Verständnis für Kunden, die gechlortes Trinkwassers nicht gewohnt sind und darauf besonders sensibel reagieren“, sagt Christoph Preuß, Sprecher der Rhein-Energie, Mehrheitseigentümer der Belkaw, und betont erneut, „durch umwelt-coliforme Keime besteht keine Gefahr für die Gesundheit der Menschen.“ Nur bei abwehrgeschwächten Personen ließe sich dies nicht gänzlich ausschließen.

Das Wasser werde mit 0,2 bis 0,3 Milligramm pro Liter nur leicht gechlort. Der laut Trinkwasserordnung zugelassene Grenzwert für eine Chlorung betrage bis zu 0,6 Milligramm pro Liter. Die Wahrnehmung bei den Menschen sei sehr unterschiedlich. „Es gibt viele Haushalte, die das gar nicht richtig bemerken. Und andere Haushalte, die sensibel reagieren“, sagt Preuß. Das Trinkwasser lasse sich problemlos nutzen. Dies umfasse auch die Zubereitung von Säuglings- und Tiernahrung.

Es gibt viele Haushalte, die das gar nicht richtig bemerken. Und andere Haushalte, die sensibel reagieren.
Christoph Preuß, Sprecher Rhein-Energie

Betroffen von der Chlorung sind alle nördlichen Haushalte im Stadtgebiet. Nicht betroffen sind Bensberg, Frankenforst und Refrath. Wie berichtet, ist die erst vor kurzem neu errichtete Druckerhöhungsstation Gierath die Quelle der Verunreinigung. Bei einer Routineuntersuchung Mitte Dezember war dort eine Kontamination mit Bakterien festgestellt worden.

„Die Annahme liegt nahe, dass die Keime von neu gelieferten Komponenten eingeschleppt wurden, die ein Anlagenhersteller eingebaut hat“, berichtet Preuß und betont: „Die umwelt-coliformen Keime sind in der Anlage selbst in geringer Konzentration festgestellt worden. Die Chlorung erfolgt rein zum Schutz des Bergisch Gladbacher Wassernetzes, um ein Eindringen der Keime zu unterbinden.“

Das Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises legte fest, vorsorglich am Wasserwerksausgang Chlor zuzusetzen, um das Leitungsnetz vor einem Eintrag der Keime zu schützen. Laut Trinkwasserverordnung dürfen im Leitungswasser keine Keime enthalten sein.

Bergisch Gladbacher kritisieren Informationspolitik

Die besorgten Anrufer aus Paffrath und Hand, die sich in der Redaktion gemeldet haben, sind jedoch misstrauisch. „Normalerweise sind Chlorungen nach 14 Tagen abgeschlossen“, lautet der Wissenstand der Medizinerin, „aber jetzt läuft schon die fünfte Woche.“ Es entstünde der Verdacht, dass es sich doch um Legionellen handeln könnte, kritisiert sie die Informationspolitik der Rhein-Energie.

Diesen Verdacht weist Preuß als „völlig ausgeschlossen“ zurück. Denn Legionellen bildeten sich vor allem in Warmwassersystemen. Das Wasser, das die Belkaw liefere, habe laut Preuß eine Temperatur von elf oder zwölf Grad und bilde somit keinen guten Lebensraum für Legionellen. „Dass es länger dauert, hat überhaupt den Hintergrund, dass wir eine Anlage im laufenden Betrieb sanieren müssen“, sagt der Sprecher der Rhein-Energie. Im Übrigen gebe es für Chlorungen keine vorgegebenen Zeiten.

Um das Problem schnell in zehn Tagen zu beseitigen, hätte die Anlage komplett außer Betrieb genommen und vom Wassernetz getrennt werden müssen. Diese Vorgehensweise sei laut Preuß aber keine Option, weil in diesem Fall möglicherweise die Wasserversorgung in Bergisch Gladbach nicht gewährleistet sei.

„Wir sind mit Hochdruck dabei, die Gierather Anlage von Grund auf zu desinfizieren, Abschnitt für Abschnitt, damit wir das Problem an der Wurzel gepackt und beseitigt bekommen.“ Zudem müsse man wissen, dass jede bakterielle Untersuchung der Stichproben in den Laboren immer 48 Stunden dauere, bis das Ergebnis da sei.

„Vor Weihnachten werden wir den Prozess nicht abschließen können“, kündigt Preuß an. Erst wenn die Messungen in dem Gierather Werk keine Belastungen mehr nachweisen, werde die Rhein-Energie die Chlorung beenden: „Um sicher zu sein, dass alles sauber ist.“

Allerdings könne es dann noch etwa zehn Tage dauern, bis das Chlor komplett aus allen Leitungen verschwunden sei. Kunden könnten bis dahin möglicherweise noch einen Chlorgeruch im Wasser feststellen. Sein Tipp: „Es hilft oft, das Wasser ein paar Minuten stehenzulassen, dann ist der Geruch verflogen.“

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