Neues KonzeptEvangelische Gemeinden in Bergisch Gladbach sehen die Krise der Kirche als Chance

Lesezeit 4 Minuten
Kristina Scharnke (Gemeindebüro), Pfarrerin Birgit Dwornicki, Pfarrerin Marion Rauber, die Prädikantin Claudia Heidkamp und Presbyterin Sabine Blissenbach sehen nebeneinmander.

Sie stellten die Veränderungen vor: (v.l.) Kristina Scharnke (Gemeindebüro), Pfarrerin Birgit Dwornicki, Pfarrerin Marion Rauber, die Prädikantin Claudia Heidkamp und Presbyterin Sabine Blissenbach.

Mit diesen Plänen wollen die Pastorinnen das Gemeindeleben neu organisieren. 

Ende Mai geht nach fast 30 Jahren seelsorgerischer Arbeit Pfarrer Jörg Schmidt von der Evangelischen Kirchengemeinde Bensberg in den Ruhestand. Seine Stelle mit der Zuständigkeit für das Herkenrather Gemeindezentrum wird vom Kirchenkreis nicht nachbesetzt – weil die Finanzen knapp sind, weil die Pastöre fehlen, weil es   in abgelegenen Gegenden wie dem Hunsrück auch weiterhin Pastöre geben soll.

Aus bislang 4,5 Pfarrstellen werden in der Kirchengemeinde Bensberg 3,5. Das hat Folgen: Ein „weiter so“ kann es für die evangelischen Christen in Bensberg nicht geben. Mit einer neuen Struktur wollen sie die Angebote weitestgehend erhalten. Zwei Jahre haben die Gremien an einer Lösung gearbeitet.

Beim Pressefrühstück am Freitagmorgen im Herkenrather Gemeindezentrum beruhigen die beiden Pfarrerin Birgit Dwornicki und Marion Rauber: Die Angebote in Herkenrath bleiben, das Gemeindebüro und die Jugendarbeit auch, Gottesdienste wird es weiter geben, das Gemeindezentrum wird weiterbestehen. Eine Aufgabe der Grundstücke an der Landstraße werde es nicht geben; diese Sorge habe es bei manchen Gemeindemitgliedern gegeben.

Gottesdienstzeiten in Bergisch Gladbach ändern sich

Aber in der Kirchengemeinde, die die rund 8500 evangelischen Christen von Refrath über Bensberg bis Herkenrath und Dürscheid/Immekeppel betreut, werden die Aufgaben ab Juni neu verteilt. Gottesdienstzeiten ändern sich, einige wenige Gottesdienste fallen auch weg. Der Strukturausschuss des Presbyteriums hat zwei Jahre beraten, bevor entschieden wurde: Künftig wird es feste Arbeitsfelder und Aufgaben für die verbleibenden Pfarrer und Pfarrerinnen geben, und zwar für die gesamte Kirchengemeinde.

Wie in der freien Wirtschaft könnte man sagen: Die verbleibenden Pfarrpersonen, die weiteren Mitarbeitenden und die Ehrenamtler müssen agiler arbeiten, um die Arbeit aufzufangen. So wird Pfarrer Robert Dwornicki die Betreuung der Altenheime übernehmen, Diakon Rainer Beerhenke die Seniorenarbeit. „Wir verstehen uns künftig als eine   Gemeinde“, sagt Birgit Dwornicki beim Pressegespräch.

Bislang hielt sie die Gottesdienste an der Zeltkirche in Kippekausen, zukünftig wird sie die Gottesdienste auch in den übrigen drei Kirchen der Gemeinde feiern, so wie Robert Dwornicki (Kippekausen), Marion Rauber (Refrath) und Samuel Dörr (Bensberg). „Wir sind eine Kirche im Aufbruch“, ergänzt Marion Rauber. Jede Krise sei immer auch eine Chance. „Die Kirchengemeinde erhält neue Kräfte und Ideen“,sagt sie.

Erster Plan für die gesamte Gemeinde Bergisch Gladbach

Ab Juni, betonen Pastorinnen und Presbyter beim Treffen, werde erstmals ein Predigtplan für die gesamte Gemeinde erstellt. Für alle sei dies ein spannender Prozess, den evangelischen Christen gebe es die Chance, Neues kennenzulernen. Der eine Pastor lege Wert auf die Kirchenmusik, der andere baue Filmzitate in seine Predigten ein, und bei allem bekomme der Gottesdienstbesucher neue Impulse.

Damit das Bensberger System gelingt, werden nach den Sommerferien die Gottesdienstzeiten geändert: Der klassische Gottesdienst findet künftig an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat statt, um 9.30 Uhr in Herkenrath, um 11 Uhr in Bensberg. Damit kann ein Prediger beide Gottesdienste halten. Am zweiten, vierten und fünften Sonntag sind besondere gemeinsame Gottesdienste geplant, jeweils um 11 Uhr. Sie werden gemeinsam an einem der beiden Standorte stattfinden. Deshalb hätten Herkenrather und Bensberger einen Gottesdienst weniger im Monat.

Mit der Fahrgemeinschaft in den Gottesdienst

Die Pfarrerinnen setzen darauf, dass sich Fahrgemeinschaften bilden, die Mitbürger ohne Auto mitnehmen. Im Sommer, auch das steht schon fest, soll eine Pfarrperson befristet für ein Jahr nach Bensberg kommen, für den Pfarrdienst im Übergang, finanziert von der Gemeinde. Diese Zusatzkraft soll die Gemeinde unterstützen, den Predigtdienst entlasten.

Und auch dies ist neu: Bei Taufen soll zunächst das Gemeindebüro die Bitte aufnehmen und danach eine Anfrage an die gewünschte Pfarrperson stellen. Perspektivisch soll die neue Struktur auch bei Beerdigungen gelten, aber dies sei noch in der Klärung, betonen Marion Rauber und Birgit Dwornicki. Die Menschen in der Gemeinde sollten bei allen Veränderungen weiter gut begleitet werden, betonen sie, die Gemeinde bleibe vor Ort bei den Menschen.

Kooperationen sollen künftig auch über den eigenen Gemeindeverband hinaus möglich sein. Der Motorradgottesdienst mit Delling sei ein erster Ansatz gewesen, weitere sollen folgen. Mittlerweile gebe es zum Bensberger Konzept bereits Anfragen aus benachbarten Gemeinden, aus Rösrath und Delling etwa. Vielleicht könne die Idee mit den neuen Strukturen anderen als Modell dienen.


Festgottesdienst zur Verabschiedung und Entpflichtung von Pfarrer Jörg Schmidt, Sonntag, 26. Mai, 16 Uhr, Gemeindezentrum Herkenrath, Straßen 54.

KStA abonnieren