Auf Anti-Woelki-KursKatholische Studenten applaudieren Kirchenkritiker

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In Bensberg sprach Joachim Frank über den Zustand der katholischen Kirche im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal.

In Bensberg sprach Joachim Frank über den Zustand der katholischen Kirche im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal.

Bergisch Gladbach – Wie tief die katholische Kirche in der Krise steckt, das zeigte sich bei einer Diskussionsveranstaltung im Pfarrsaal von St. Nikolaus in Bensberg. Der Cartellverband der katholischen Studenten, Zirkel Bergisch Gladbach, hatte einen der bundesweit wohl prominentesten Kritiker von Kardinal Rainer Maria Woelki eingeladen: Joachim Frank, Chefkorrespondent des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Diese Einladung war bereits ein Statement. Denn wie sich zeigte, war Frank vom Cartellverband nicht eingeladen worden, um ihn für seine Kritik an Kardinal Woelki und der Amtskirche ins Kreuzverhör zu nehmen: Nach seinem Vortrag bekam Frank minutenlangen Beifall. Der Redner nach der Veranstaltung : „Um ganz ehrlich zu sein, damit hatte ich nicht gerechnet.“

Bekannte Honorationen

Wie auch? Der Cartellverband ist seit 125 Jahren eine feste Größe für die katholische Kirche, ein traditioneller Verbündeter und eine Art verlängerter Arm in die intellektuellen Kreise der Universitäten. Und wer sich im Pfarrsaal umsah, der erkannte auch eine Reihe von bekannten Gesichter. Honoratioren, die ihr Leben lang eng mit der katholischen Kirche verbunden waren und sind. Aber die nun offensichtlich fremdeln – oder besser frösteln beim Blick auf ihre Kirche. Und warum das so ist, dafür gab der Referent eine Reihe von Erklärungen.

Er sollte zum Thema „Auf dem Weg zur Großsekte?“ sprechen. Von der Entwicklung der Mitgliederzahlen eine berechtigte Frage, so die Diagnose. Kein anderes Ereignis habe eine vergleichbare Austrittswelle im Erzbistum Köln hervorgebracht wie der Umgang mit dem sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche. Und ein Ende sei nicht in Sicht.

Keine Erneuerung in Sicht

Im Gegenteil. Durch die Corona-Beschränkungen befänden sich viele Austrittswillige noch in der Warteschleife. Frank berichtete von Notaren – bei denen ein Kirchenaustritt möglich, aber vergleichsweise teuer ist – die in einem Jahr so viele Austritte hätten, wie sonst in zehn Jahren. Statt den Opfern beizustehen, würde vertuscht und verdrängt. Und das mit Methode.

Eine echte Erneuerung der Kirche sei nicht auf den Weg gebracht worden. „Die Verweigerung der Gleichberechtigung von Mann und Frau innerhalb der katholischen Kirche ist Teil eines Realitätsverlustes und gleicht der Leugnung eines Naturgesetzes.“

Sorge um die Kirche als Ganzes

Nach dem Vortrag gab es Gelegenheit für Fragen. Aber es waren keine Fragen, die gestellt wurden. Der Fokus wurde auf weitere Aspekte des Vertrauensverlustes zur Amtskirche gerichtet. Als jemand erklärte, dass für ihn Frauen keine Priester werden könnten, hätte solch eine Veranstaltung auch kippen können – nicht an diesem Abend. Der Bewältigung des Missbrauchsskandals absorbiert so viel Energie, dass es vielen an Kraft fehlt, die alten Schlachten zu führen.

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Die Sorge um die Kirche als Ganzes war deutlich zu spüren. „Trotz allem halte ich der katholischen Kirche die Treue. Aber bei meinen Kindern ist das schon anders und bei meinen Enkelkindern gibt es die Kirche gar nicht mehr“, sagte ein Zuhörer. Er fragte: „Was habe ich falsch gemacht?“ Frank: „Sie haben gar nichts falsch gemacht.“

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