EuropawahlSchüler in Bergisch Gladbach machen zum ersten Mal ihr Kreuzchen

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Neben einer Wahlurne stehen vier Schülerinnen und ein Schüler sowie Frank Bodengesser.

Machen zum ersten Mal ihr Kreuzchen: 16-jährige Schülerinnen und Schüler der Nelson Mandela-Gesamtschule in Bergisch Gladbach. Frank Bodengesser vom Wahlbüro (l.) begleitet das Projekt.

Geht es bei der Testwahl an der Nelson Mandela-Gesamtschule nach den Jugendlichen, fällt das Ergebnis deutlich roter aus, als es zuletzt war.  

Ein Klassenzimmer der Nelson Mandela-Gesamtschule verwandelt sich in ein Wahllokal. In Original-Wahlkabinen mit Vorhängen können 248 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 bis 13 bei einer Testwahl schon ihr Kreuzchen machen und das Europaparlament wählen. Geht es nach den Jugendlichen, fällt das Ergebnis deutlich roter aus, als es 2019 bei der Wahl in Bergisch Gladbach war.

Die SPD steht bei den Jugendlichen sehr hoch im Kurs. Mit Abstand folgen Grüne und CDU. Frank Bodengesser vom städtischen Wahlbüro findet das Ergebnis typisch für diese Schule mit einem hohen Anteil an Schülern mit ausländischen Wurzeln: „Sicherheit und Menschenrechte spielen hier eine sehr große Rolle“, sagt er. Zusammen mit der Nelson-Mandela Gesamtschule hat das städtische Wahlbüro Bergisch Gladbach die simulierte Wahl am Freitag organisiert – integriert in eine dreitägige Projektwoche.

Die Scheu vor dem demokratischen Akt verlieren

„In 14 ganz unterschiedlichen Workshops, zum Beispiel schauspielerisch, musikalisch oder künstlerisch, haben sich die Schüler mit dem Thema auseinandergesetzt“, berichtet Lehrerin Anna Kreutz-Engelbert. Im Mittelpunkt stehen immer die Fragen „Was ist die Europäische Union?, „Was bedeutet Europa für mich?, „Wie funktioniert die Wahl?“.

Die jungen Leute sollten wissen, was auf sie zukommt, wenn am 9. Juni 2024 die Stimmen für die Kandidatinnen und Kandidaten für das neue Europäische Parlament abgegeben werden. Sie sollen ein Gefühl für diesen demokratischen Akt bekommen und die Scheu davor verlieren. Zum ersten Mal sind in Deutschland bei der Europawahl auch 16-Jährige wahlberechtigt. Insgesamt sind in der Stadt aus dieser Altersgruppe rund 8000 junge Erwachsene aufgerufen, erstmals zu wählen.

Schülerinnen und Schüler, alle mit einem schwarzen Sweatshirt und einer Sporthose angezogen, halten sich an den Händen und machen dabei Tanzschritte.

In 14 Workshops, zum Beispiel tänzerisch, haben sich die Schüler der Nelson Mandela-Gesamtschule mit dem Thema Europa auseinandergesetzt.

Vier Schülerinnen und Schüler sowie vier Azubis der Stadt Bergisch Gladbach bilden den Wahlvorstand. „Wir haben genau darauf geachtet, dass immer nur ein Stimmzettel in die Urnen geworfen wird“, berichtet Schülerin Kaija Müller und zählt weitere Aufgaben auf: für Ruhe im Saal sorgen, aufpassen, dass untereinander kein Austausch stattfindet. Gerade die Authentizität ist es vielleicht, die die Sache so spannend macht.

Verwendet werden für die simulierte Wahl die Stimmzettel aus dem Jahr 2014. 31 Parteien sind aufgelistet. „Ich war wirklich überrascht, über die lange unübersichtliche Liste“, sagt Nele Held. Darunter sind Parteien, von denen die Testwähler noch nie etwas gehört haben, wie zum Beispiel die Partei „Liebe“. Das macht aber irgendwie auch neugierig. Filli Will meint: „Wir haben den Fehler gemacht, uns vorher nicht über das ganze Angebot zu informieren“.

Wahlbeteiligung ist sehr hoch

Anne Gödde, Mitglied im Speakers-Pool, Team Europe direkt, ist am Abschlusstag vor Ort. Es sei ganz wichtig, die Schüler stark zu machen, für ihre Rechte einzutreten, sagt sie. Schulleiter Dieter Wagner ist eins wichtig: „Dass jeder von Euch in der Gesellschaft seine Rolle findet. Dazu gehört auch, dass man politisch interessiert ist und wählen geht“, gibt er den Schülern mit auf den Weg. Ihn als Schulleiter freue es, dass das Engagement in den Workshops extrem groß gewesen sei.

Frank Bodengesser würde sich freuen, wenn gerade die jungen Leute Europa zu ihrer Herzensangelegenheit machen würden. Deshalb seien solche Veranstaltungen in Schulen auch so wichtig: „Hier erreicht man jeden.“ Am meisten begeistert ist Bodengesser aber über die hohe Wahlbeteiligung: 81,85 Prozent. Davon kann man in der Realität nur träumen.

Bei der letzten Europawahl 2019 lag die Wahlbeteiligung in Bergisch Gladbach bei gerade einmal 68,29 Prozent. Und noch etwas dürfte das städtische Wahlbüro freuen: Mindestens drei Schülerinnen denken fest darüber nach, am Wahltag im kommenden Juni ehrenamtlich im Wahlvorstand mitzuarbeiten. Auch 16-Jährigen ist es nämlich erlaubt, mitzuwirken.

Ergebnisse der Schülerwahl an der Nelson Mandela-Gesamtschule im Einzelnen: SPD 49 Stimmen, Grüne 37,  CDU 32, FDP 17, Die Linke 14,  AfD 11,  Tierschutzpartei 10, Piraten 6, Freie Wähler 3,  Sonstige 17.

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