Bergisch Gladbacher angeklagtStaatsanwaltschaft sieht keine Notwehr bei Kopfschuss

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Justizbeamter im Gericht

Ein Justizbeamter in einem Gericht (Symbolbild)

Köln/Bergisch Gladbach – Das Urteil steht noch aus. Dennoch kam das Plädoyer der Staatsanwaltschaft einem Scherbengericht über das bisherige Leben eines erfolgreichen Immobilienkaufmanns (43) aus Bergisch Gladbach gleich. Von einem „beeindruckenden Lebensweg“ des Angeklagten, sprach Oberstaatsanwalt Bastian Blaut. Als Sohn italienischer Einwanderer habe er sich „durchgebissen“, Schulabschlüsse erfolgreich abgelegt, ein BWL-Studium absolviert, immer gearbeitet und eine eigene Immobilienfirma aufgebaut. Privat sei es auch gut gelaufen mit Frau und zwei Töchtern.

Doch dann sei der 43-Jährige Alkohol und Drogen verfallen. Anfang 2020 habe er mit dem späteren Opfer groß in die Cannabis-Zucht einsteigen wollen. Doch dann habe der Angeklagte hinter dem Rücken des 23-jährigen Albaners Drogengeschäfte geplant. Es kam zum Zerwürfnis, das in der Auseinandersetzung in Frankenforst mit den Schüssen auf den 23-jährigen „Geschäftspartner“ gipfelte.

Zeugen beschreiben keine Notwehrlage

Für Blaut gab es am Donnerstag vor dem Kölner Landgericht keine Zweifel, dass der 43-Jährige mit bedingtem Tötungsvorsatz am 9. Mai 2020 in Frankenforst in den Kopf des 23-Jährigen geschossen habe. „Nur durch Zufall – ich würde hier nicht von Glück sprechen wollen, das wäre makaber – überlebte der Geschädigte und ist für den Rest seines Lebens blind“, sagte Blaut.

Und weiter: „Wer jemandem in den Kopf schießt, nimmt den Tod des anderen billigend in Kauf.“ Laut dem einzigen unabhängigen Zeugen habe der Angeklagte auch nicht in Notwehr gehandelt. Zwar hatte der Geschädigte dem Angeklagten bei dem zunächst verbalen Streit mit einem Messer vorm Gesicht herumgefuchtelt. Aber nicht so, dass eine Notwehrlage bestanden hätte, so der Oberstaatsanwalt.

Nie in Lebensgefahr

Dennoch fiel die Strafforderung Blauts mit acht Jahren Haft wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung vergleichsweise moderat aus. Der Ankläger hielt dem Beschuldigten zugute, dass der Geschädigte zu keinem Zeitpunkt in Lebensgefahr geschwebt habe, wie das rechtsmedizinische Gutachten ergeben hatte.

Für Nebenklagevertreter Ingmar Rosentreter war die Milderung der Strafe nicht nachvollziehbar. Er forderte eine Strafe von zehn Jahren. Verteidiger Günter Teworte forderte kein konkretes Strafmaß, ging aber von einer Notwehrlage des 43-Jährigen aus. Das liefe auf Freispruch hinaus.

Ein Urteil soll kommende Woche fallen.

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