Geklautes PortemonnaieAngeklagte vor Bensberger Gericht gab geplante Erpressung auf

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Gerichtsfoto dpa Polizist mit Aufschrift Justiz

Ein Gerichtsprozess (Symbolbild)

Bergisch Gladbach – Dass deutsche Staatsanwälte nicht auf Biegen und Brechen eine Verurteilung anstreben, hat eine mehrfach vorbestrafte und aktuell erstmals inhaftierte 39-jährige Bergisch Gladbacherin in ihrem Strafprozess vor dem Bensberger Amtsgericht erfahren. Dort stand Katja P. (Name geändert) wegen Erpressung und Urkundenunterdrückung vor Gericht: Im März vergangenen Jahres soll sie an einer Overather Tankstelle das Portemonnaie eines Autofahrers mit diversen Ausweisen an sich genommen haben. Danach habe sie den Mann kontaktiert und ihm die Rückgabe der Dokumente gegen 200 Euro angeboten. Ihre Begründung: In Corona-Zeiten sei es doch ganz schön umständlich, sich Personalausweis, Krankenversicherungskarte und Führerschein neu beschaffen zu müssen.

Der Autofahrer ging aber zur Polizei, und die schickte einen Kripo-Mann als angeblichen Bruder des Geschädigten. Bei der Übergabe ließ Katja P. die Idee mit dem erzwungenen „Finderlohn“ fallen und übergab die Dokumente mit den Worten „Beim nächsten Mal besser aufpassen“ kostenlos. Anschließend rückte sie auch das Portemonnaie wieder raus.

Bensberger Amtsgericht: „Strafbefreiender Rücktritt“

Für den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft war mit der freiwilligen Dokumentenrückgabe die juristische Bewertung klar: „Das ist für mich ein freiwilliger und damit strafbefreiender Rücktritt.“ Deshalb müsse Katja P. vom Vorwurf der Erpressung freigesprochen werden.

Ähnlich verhielt es sich bei einem weiteren Tatvorwurf gegen die Angeklagte: Sie soll nämlich nicht nur eine Dose Gin Tonic für 2,99 Euro in einem Bensberger Lebensmittelmarkt gestohlen haben – was sie in der Verhandlung auch zugab – sondern darüber hinaus in einer nahegelegenen Drogerie Körperpflege-Artikel im Wert von 23,15 Euro, die die Polizei bei ihr gefunden hatte. Den Diebstahl von Nagellack, Deo und Co. bestritt Katja P. aber entschieden und gab an, die Sachen vorher in einer anderen Drogerie-Filiale in Gladbach gekauft zu haben. Der Staatsanwalt fragte die Filialleiterin: „Besteht die Möglichkeit, dass jemand anders die Waren gestohlen hat?“ Die Drogistin: „Ja, natürlich. Ich habe die Angeklagte ja erst gesehen, als sie mit der Polizei zum Geschäft kam.“ Da niemand die Angeklagte beim Stehlen in der Drogerie gesehen hatte und sich der Verdacht lediglich darauf gründete, dass Katja P. keinen Kassenbon hatte und das Warenverwaltungssystem laut Filialleiterin darauf hindeutete, dass tatsächlich Hygieneartikel fehlten, ließ der Staatsanwalt auch diesen Vorwurf fallen.

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Am Ende forderte der Ankläger für die „Urkundenunterdrückung“, also das Einbehalten der Ausweise für eine Woche, zwei Monate Haft und für den Getränkedosendiebstahl drei Monate, was er zu vier Monaten zusammenfasste. Mit Blick auf die Vorstrafen der aus der Strafhaft vorgeführten Angeklagten stellte er fest: „Eine Bewährungsmöglichkeit sehe ich nicht.“

Richterin Lisa Halm sah das anders und verhängte zwar die geforderten vier Monate, setzte sie aber zur Bewährung aus: „Die Angeklagte soll die Chance bekommen, unter dem Eindruck ihrer ersten Strafhaft künftig ein straffreies Leben zu führen.“ Vorher hatte Katja P. für beide Taten um Entschuldigung gebeten und bekundet: „Ich möchte nicht so weiterleben.“

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